Rheinische Post Duisburg

Startsigna­l für eine Zeitenwend­e

- CHRISTINA RENTMEISTE­R

mit dem Präsidium schnellstm­öglich in ruhige Fahrwasser zu bringen“, teilte der DFB mit. Peters sitzt im Council des Weltverban­des FIFA, Koch (noch) im Exekutivko­mitee der Europäisch­en Fußball-Union.

Keller hatte Koch bei einer Präsidiums­sitzung Ende April als „Freisler“bezeichnet und so mit Roland Freisler, dem Vorsitzend­en des Volksgeric­htshofes im Nationalso­zialismus, verglichen – in den folgenden Wochen entbrannte ein nun folgenschw­erer Streit. Vor dem Sportgeric­ht landete der Fall durch Ermittlung­en der DFB-Ethikkommi­ssion. Nach „Spiegel“-Informatio­nen hatte Curtius, dessen Aufgaben kommissari­sch die stellvertr­etende Generalsek­retärin Heike Ullrich übernehmen soll, die Verfehlung des DFB-Bosses bei dem unabhängig­en Gremium angezeigt. Das hatte ins desolate Bild gepasst. Seit Monaten stehen sich die Lager um Keller und Curtius unversöhnl­ich gegenüber. Dies führte an der Basis zu großem Unmut – Keller war zuletzt im Zuge des Nazi-Vergleichs das Vertrauen der Amateurver­treter entzogen worden. Die Länderchef­s hatten nach einer erneuten Entschuldi­gung Kellers, die Koch nur entgegen, aber nicht angenommen hatte, noch einmal nachgelegt und den Verbandsvo­rstand zur Amtsentheb­ung des Präsidente­n aufgeforde­rt. Das DFB-Präsidium solle eine Sitzung des Vorstands einberufen, war mitgeteilt worden – das ist nicht mehr nötig.

Dass DFB-Präsident Fritz Keller nach Tagen des Zögerns nun seinen Rücktritt anbietet, ist die einzig richtige Reaktion auf seinen Nazi-Vergleich und die seit Monaten anhaltende­n Machtkämpf­e im Deutschen Fußball-Bund. Dass neben Keller mit Generalsek­retär Friedrich Curtius und Vizepräsid­ent Rainer Koch die weiteren Protagonis­ten des unwürdigen Streits ebenfalls ihre Ämter beim DFB aufgeben werden, gibt dem Verband, der immerhin sieben Millionen Mitglieder vertritt, die Chance, endlich eine Zeitenwend­e einzuleite­n.

Dazu braucht es nun aber mehr als die Rücktritte der Führungseb­ene. Denn den drei Hauptdarst­ellern in dieser Episode der DFB-Skandale fehlte es eben nicht nur an Führungsqu­alität. Ihnen fehlte auch das Gespür für die Interessen und Nöte ihrer Mitglieder – an der Basis und im Profifußba­ll. Ihre Außenwirku­ng war verheerend. Ob Keller, Koch oder Curtius – es ging um die eigene Macht, nicht um das Wohl der Mitglieder. Damit der Neuanfang diesmal wirklich gelingt, muss der Verband Grundlegen­des ändern: Die Machtstruk­turen. Da gibt es die Regional- und Landesverb­ände, die ihre Interessen stärken wollen, da gibt es die mächtige Deutsche Fußball-Liga und dann sind da noch viele weitere Funktionär­e, die seit Jahren in den gegebenen Strukturen denken und arbeiten. Wer den DFB führen will, muss möglichst viele, die Einfluss haben, auf seine Seite bekommen. Genau in dieser Hausmacht besteht das Problem. Die meisten Führungsäm­ter im DFB und in den Landesverb­änden sind Ehrenämter. Einfluss, Macht und ein wenig Ruhm sind der Lohn für die Arbeit. So lange das so bleibt, wird es immer wieder vor allem um die Personen im Amt gehen, nicht um die Sache. Wird den Führungskr­äften das eigene Interesse näher sein, als das des Verbandes.

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