Raus aus dem Düsseldorfer Schatten
Weil die Immobilienpreise in der Landeshauptstadt immer weiter steigen, schlägt die Stunde des Umlandes – auch in Duisburg.
SÜDEN (ma) Sobald attraktiver Baugrund auf den Markt kommt, stehen die Interessenten in Duisburg Schlange. Hohe Nachfrage und für viele unerschwingliche Preise in der Nachbarstadt Düsseldorf zählen zu den Gründen. Und: Duisburg zählt zu den Wohnlagen, in denen Familien ihre Immobilien noch in der eigenen Lebenszeit abbezahlen können. Als 1b-Lage, in der Investoren noch auf Renditen hoffen dürfen, will sich die Stadt in den nächsten Jahren positionieren.
Ratingen, Krefeld, Meerbusch, Neuss und Erkrath sind die Mitbewerber im Düsseldorfer „Speckgürtel“, auf die das Auge jener Interessenten fällt, die einen größeren Suchkreis um die Landeshauptstadt ziehen. Attraktiv sind vor allem Standorte mit nahem Bahnanschluss.
Geht’s nach Kaufpreisen, Mieten und Renditen, dann liegt Duisburg vor den Mitbewerbern. Das haben die auf Immobilien spezialisierten Marktforscher des IIB Institut Dr. Hettenbach für den Capital-Immobilenkompass ermittelt. Demnach liegen die Mittelwerte beim Quadratmeterpreis für neue Einfamilienhäuser bei 2900 Euro, für Eigentumswohnungen
bei 3400 Euro. Ähnlich günstig ist es nur in Krefeld (3200/4000 Euro), teurer wird’s in Erkrath (3600/4100 Euro), Neuss (4000/4000), Ratingen (4200/4500) und Meerbusch (4600/5400). Will heißen: Während ein neues 120 Quadratmeter-Reihenhaus in Duisburg 348.000 Euro kostet, sind es in Meerbusch 552.000 Euro. Ein Unterschied von 204.000 Euro. Für Wirtschaftsförderer Rasmus C. Beck heißt das: „Wir haben ein gutes Momentum, Duisburg besitzt erhebliches Potenzial. Moderate Einstiegspreise
treffen auf gute Renditechancen.“
Die IIB-Zahlen bestätigen Beck. Bei Mietimmobilien prognostizieren die Investoren Rendite-Chancen von 3,8 Prozent im Neubau (7,40 bis 14,70 Euro/m) und 5,8 Prozent bei Bestandsimmobilien (4,30 bis 11 Euro/m) – ein Spitzenwert unter den Düsseldorfer Anrainer-Gemeinden, dem nur Krefeld (3,4/5,1 Prozent) nahe kommt. „Sehr attraktives Investment“lautet nur für diese beiden Städte die Bewertung.
Neue Untersuchungen zeigen, dass die Pandemie den Wunsch nach einer eigenen Immobilie eher noch beflügelt hat, 72 Prozent der Deutschen wünschen sich laut Institut der Deutschen Wirtschaft (IW ) mehr Wohnraum. Die Stunde der 1b-Lagen schlage deshalb, weil die Realisierung dieses Wunsches in den Metropolen für viele längst finanziell unrealistisch ist.
Auch im Duisburger Süden sind die Preise längst nicht mehr für Jedermann bezahlbar. „Es ist auch gut für die Duisburger, attraktiven Wohnraum anzubieten und Zuzug von finanzkräftigen Neubürgen zu bekommen“, sagt Stadtdirektor Martin Murrack.
Es gelte, mit positiven Bildern und attraktiven Wohnbauprojekten das Image Duisburgs zu ändern, sagen Stadtdirektor Murrack und Wirtschaftsförderer Beck. „Schwerindustrie und Schimanski-Tatorte waren markenbildend. Unser Image ist grottenschlecht. Es zu drehen, wird Jahre dauern, aber wir müssen dafür jetzt die Akzente setzen. Das Potenzial ist gigantisch.“
Gleichzeitig gelte es aber, sich um die Problemstadtteile zu kümmern, betonen beide. „Man kann nicht das eine tun, ohne das andere zu lassen.“ Die sozioökonomische Spaltung „ist eine gesellschaftliche Herausforderung, aber sie gibt es auch in Hamburg und Berlin.“
So soll etwa die Internationale Garten-Ausstellung (IGA) entsprechende Signale in Hochfeld setzen. Diese seien wichtig, weil sie sich gegenseitig verstärken können, sagt Rasmus C. Beck. „Das gilt aber auch umgekehrt. Es gibt auch ein ,Race to the bottom‘. Wir haben jetzt die Chance zur Trendumkehr.“
Alle Mittel in die Problemstadtteile zu tragen, sei nicht der richtige Weg, glaubt Murrack: „Wir brauchen die richtige Mischung, dazu gehören auch kaufkräftige Leute. Wir wären blöd, wenn wir die Nähe zu Düsseldorf nicht nutzen würden, um neue Bürger zu gewinnen.“So wird Duisburg Steuern einnehmen für Quartiere, die abzudriften drohen. Murrack: „Jede deutsche Großstadt beneidet uns um Möglichkeiten, die wir mit 6-Seen-Wedau und den Duisburger Dünen haben.“Damit die Erneuerung sichtbar werde, brauche die Stadt aber weiterhin Hilfe von außen. Nicht zuletzt eine Entlastung von ihren Altschulden, um mehr Beinfreiheit zu gewinnen für Investitionen.