Geburtstagsgruß mit Folgen
Der Brief an die Nichte kam nie an. Stattdessen sollte Gisela Janßen 51 Euro „Nachentgelt“zahlen. „Das ist doch eine Lachnummer“, schimpft die Rheinhauserin. Eine Sprecherin der Post entschuldigt sich nun.
RHEINHAUSEN Eigentlich sollte es ein ganz lieber Geburtstagsgruß für die Nichte werden. Gisela Janßen (67) bastelte zu Hause etwas ganz Persönliches und brachte den großen Briefumschlag zur Postfiliale an der Friedrich-Alfred-Straße 69. „Dort wurde der Brief abgewogen, weil er schwer war. Ich zahlte 1,55 Euro für die Marke und der Brief blieb in der Filiale zum Verschicken. Das war am 22. April.“Doch der Brief kam nie an. Stattdessen flatterte der 67-Jährigen ein Schreiben der Post ins Haus mit der Androhung von 50 Euro Strafe wegen der fehlenden Briefmarke.
„Das ist doch echt eine Lachnummer“, sagt Gisela Janßen. „Der Umschlag, auf den ich noch zwei Kleeblätter aufgeklebt hatte, ist nachweislich in der Postfiliale vermessen und gewogen worden. Und die Briefmarke hat die Postangestellte selbst aufgeklebt.“Jetzt, nach über zwei Wochen, hält die überraschte Dame also einen DIN-A-4Umschlag der Post in den Händen mit einem fünfseitigen Schreiben.
Darin steht: „Guten Tag Gisela Janßen, in unserem Briefzentrum Duisburg wurde am 28.04.2021 die in der Anlage aufgeführte Sendung vorgefunden. Für diese Sendung sind Sie als Absender erkennbar. Diese Sendung wurde gemäß unseren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von der Postbeförderung ausgeschlossen. Sie soll an Sie als Absender zurückgegeben werden.“Für die Rückgabe erhebe man ein Nachentgelt. „Es setzt sich aus der fehlenden Freimachung und einem erhöhten Einziehungsentgelt in Höhe von 50 Euro je Sendung zusammen“, wurde ihr mitgeteilt. Also 51,55 Euro.
Die Rheinhauserin wird aufgefordert, auf einem beiliegenden Formular bis zum 23. Mai mitzuteilen, ob sie diesen Sachverhalt bestätigen kann oder bestreitet. „Bitte informieren Sie uns, wenn jemand anderes als Absender in Frage kommt oder die Frankierung für Sie vorgenommen hat.“
Auf das Schreiben reagierte die empörte Postkundin umgehend. Sie schickte ihr Antwortschreiben, „das nicht frankiert werden musste“umgehend zurück mit den Zeilen: „Erstaunlich, dass dieser Brief nicht frankiert werden muss. Da ich der Deutschen Post nichts schuldig bleiben möchte,und Sie offenbar auf jeden Cent angewiesen sind, lege ich diesem Schreiben eine entsprechende Wertmarke bei.“Ein Schadensersatz stehe allerdings eher ihr zu, erklärte sie der Post.
Britta Töllner, Pressesprecherin der Deutschen Post NRW, erklärt das Unerklärliche: „Es tut uns leid, dass wir Frau Janßen erschreckt haben. Der Brief liegt zurzeit in der Briefermittlungsstelle in Marburg.“
Wie sich herausgestellt habe, habe die Kundin nichts falsch gemacht, sie habe sich ja auch umgehend erklärt, der Fall sei damit erledigt.
Immer wieder komme es vor, dass Briefe nicht frankiert seien, dass der Stempel von bereits benutzten Briefmarken wegradiert werde und dass Sendungen unterfrankiert seien. Im Fall von Frau Janßen seien gleich zwei unglückliche Umstände zusammengekommen. Die Briefmarke sei nicht mehr auf dem Umschlag gewesen. „In dem Fall wird ein gelber Zettel aufgeklebt, der Brief zum Absender zurückgeschickt – mit der Bitte um eine Erklärung.“Aber auch der gelbe Zettel sei abgerissen gewesen, möglicherweise durch eine Maschine. So etwas komme ganz selten vor. Man habe den Umschlag jetzt untersucht und festgestellt, dass es tatsächlich Klebespuren und Reste des gelben Zettels gebe. „Das hat erst einmal große Rätsel aufgeworfen“, so die Pressesprecherin.
In diesem Fall habe es tatsächlich die Falsche getroffen. „Frau Janßen hat ja alles richtig gemacht, vor allem auch, weil sie sofort reagiert hat. Es tut uns wirklich leid“, sagt Pressesprecherin Britta Töllner. Aber solche Vorkommnisse seien für die Deutsche Post kein Einzelfall. Es seien nicht nur ehrliche Menschen am Werk, es gebe auch viele Betrügereien, was Portozahlungen anbetreffe. Häufig würden gebrauchte Briefmarken verwendet oder es würde bewusst zu wenig Porto auf die Briefe geklebt. Aus dem Grunde gehe die Deutsche Post gewissenhaft diesen Fällen nach.
Der Brief von Gisela Janßen, den sie am 22. April abgeschickt hat, um ihrer Nichte zum Geburtstag eine Freude zu machen, liegt immer noch in Marburg im Briefermittlungszentrum. Wenn alles seinen ordnungsgemäßen „Postgang“ginge, käme er in Kürze wieder in Rheinhausen an. Britta Töllner versucht das jetzt zu verhindern, so dass die Nichte den Geburtstagsbrief nach Wochen doch noch bekommt.