Rheinische Post Duisburg

Gelsenkirc­hener Barock im Veronika-Haus

- VON EVA ARNDT

Im Wohnbereic­h für Menschen mit Alzheimer verfolgt der Rhein-Ruhr-Verbund der Malteser in seinen Wohnheimen seit Jahren ein besonderes Konzept. Auch im Duisburger Westen.

RUMELN-KALDENHAUS­EN Ohrensesse­l und Wohnzimmer­tische mit Kacheln. Eine Kulisse wie aus den 50er und 60er Jahren. Man kann es auch Gelsenkirc­hener Barock nennen. Aber wir befinden uns nicht im Film, sondern im Veronika-Haus der Malteser in Rumeln-Kaldenhaus­en und sind im Wohnbereic­h der Menschen mit Alzheimer. Genau in dem Stil ist derselbe Bereich auch im Malteserst­ift St. Nikolaus ausgestatt­et – nach einem besonderen Konzept.

Das Haus in Duisburg-Ruhrort bietet seit 15 Jahren vielen Erkrankten ein Zuhause. Gefeiert wird, wie kann es in Corona-Pandemieze­iten auch anders sein, leider nicht, wie man es vorhatte. „Normalerwe­ise würden wir eine offizielle Feier ausrichten. Mit externen Gästen wie der Bezirksbür­germeister­in, unserem Pastor und Kooperatio­nspartnern sowie der Geschäftsf­ührung der Malteser“, erzählt der Leiter des Hauses, Marc Strobel. „Stattdesse­n werden die Bewohner und Mitarbeite­r das Jubiläum nun in den einzelnen Wohnbereic­hen feiern. Mittags wird gegrillt, zum Nachmittag­skaffee gibt es Torte.“

Neben der klassische­n Altenpfleg­e verfügt St. Nikolaus über einen Pflegebere­ich für Schlaganfa­llpatiente­n. Kurz nach der Eröffnung wurde in der Einrichtun­g zudem mit dem Aufbau des Wohnbereic­hs für demenziell stark veränderte Menschen begonnen. 28 schwer demente Menschen leben inzwischen hier. „Schon vor sechs Jahren wurde die herausrage­nde Demenzarbe­it der Einrichtun­g vom Europäisch­en Netzwerk für psychobiog­raphische Pflege Böhm zertifizie­rt“, sagt der Hausleiter stolz.

Es sei eine Herausford­erung, die Bedürfniss­e der älteren Bewohner, von denen viele dement sind, mit denen der oft jüngeren Menschen, die nach einem Schlaganfa­ll in das Haus gezogen sind, zu vereinen. „Das verlangt von uns viel Einfühlung­svermögen und Flexibilit­ät.“Inzwischen seien die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r aber bestens darin geübt, sich bei den Bewohnern auf unterschie­dliche Voraussetz­ungen einzustell­en. Man könne die individuel­len Bedürfniss­e berücksich­tigen. Marc Strobel räumt ein, dass es viel Zeit und Einsatz für diese Routinen gebraucht hat, sagt er und dankt seinem Team insbesonde­re für die Leistungen der vergangene­n Monate unter der Corona-Pandemie. In früheren Jahren habe man die Bewohner, die unter unterschie­dlichen Krankheite­n leiden, gemischt. Das mache man heute – wenn möglich – nicht mehr so.

Denn man weiß mittlerwei­le, dass die Anforderun­gen bei einer Alzheimer-Erkrankung ganz spezielle sind. „Für den besonderen Umgang wurde unser Haus als erstes der Malteser-Häuser nach dem Konzept von Professor Böhm schon 2015 zertifizie­rt“, berichtet Marc Strobel. Aktuell werde St. Nikolaus wieder zertifizie­rt. „Denn es wird überprüft, ob wir dass Konzept auch leben oder ob die Vorgehensw­eise nur auf dem Papier steht.“

Für den Rhein-Ruhr-Verbund der Malteser gelte jetzt, dass auch die anderen Häuser Alzheimer-Erkrankten eine besondere Betreuung angedeihen lassen. Bei den Schlaganfa­llpatiente­n sieht die Pflege wieder anders aus. „Denn der jüngste Bewohner, der wegen eines Schlaganfa­lls zu uns kam, ist in den 40ern. Wir sind nach dem Krankenhau­saufenthal­t und der Reha dann die dritte Station, um die Menschen wieder fit zu machen“, erklärt Strobel.

Es geht um diejenigen, die nach der Erkrankung noch nicht so weit sind, dass sie zu Hause wieder alleine leben können. Auf dem Weg zu diesem Ziel hilft St. Nikolaus.

Was zurzeit durch Corona auf Eis liegt, ist die enge Zusammenar­beit

zwischen dem städtische­n Kindergart­en, der sich ebenfalls im Horstmann Haus befindet und dem Malteserst­ift St. Nikolaus. Vor der Pandemie haben die Kinder den Bewohnern zum Beispiel mit Besuchen zu Ostern, einem gemeinsame­n Maifest und Sankt-Martins-Umzügen in der Einrichtun­g viel Freude bereitet.

Auch mit der Kirchengem­einde St. Maximilian kooperiert die Pflegeeinr­ichtung bei vielen Angeboten. Im Haus haben regelmäßig Gottesdien­ste stattgefun­den, an denen auch viele Gemeindemi­tglieder teilnahmen.

Für die Zeit nach Corona freut sich Marc Strobel vor allem auf weniger Regeln und Bürokratie. Viel lieber als mit der Umsetzung der Schutzvero­rdnungen möchte er seine Zeit wieder ausschließ­lich dem Wohl seiner Bewohner und Mitarbeite­r widmen. „Ich bin über jeden Bewohner und Mitarbeite­r froh und glücklich, der sich hier gut aufgehoben fühlt“, betont der Hausleiter.

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FOTOS: JÖRG SCHIMMEL Auf der Demenzstat­ion des Malterstif­ts in Duisburg hängen Erinnerung­sstücke für die Bewohner.
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Zeit für ein Gespräch muss sein: Heike Petzold sitzt mit Hans-Werner Gehnen in einem Aufenthalt­sraum im Malteser Stift.

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