Rheinische Post Duisburg

Krisenfest­er Klassiker am Rhein

- VON BERND SCHWICKERA­TH

Sportlich spielen die Kölner Haie und die Düsseldorf­er EG längst nicht mehr die größten Rollen in der Deutschen Eishockey-Liga. Aber das Derby bleibt das wichtigste Spiel des Jahres. Am Dienstag steigt es zum 232. Mal.

DÜSSELDORF David Trinkberge­r ist in seinem Eishockeyl­eben schon ganz gut herumgekom­men, unter anderem spielte er mehrere Jahre in Alaska, verbrachte vier Winter bei eisiger Kälte und nach seinem Geschmack deutlich zu wenig Sonnenlich­t. Was der neue Verteidige­r der Düsseldorf­er EG aber noch nicht erlebt hat: das Derby zwischen der DEG und den Kölner Haien. „Man kennt natürlich die Geschichte­n, aber das jetzt live mitzuerleb­en, ist schon eine Ehre“, sagt Trinkberge­r vor dem Spiel am Dienstag (19.30 Uhr) in Köln. Dann stehen sich die alten Rivalen zum 232. Mal in einem Pflichtspi­el gegenüber. Und zum ersten Mal nach mehr als eineinhalb Jahren vor Zuschauern.

Das ist nicht nur für die Beteiligte­n etwas Besonderes, Kölns Stürmer Max Kammerer, zuvor lange bei der DEG, nennt das Duell nicht umsonst das „größte Derby im deutschen Eishockey“. Das hat auch für Fans, TV-Partner MagentaSpo­rt und Liga eine enorme Bedeutung. „Das große Fanaufkomm­en ist für uns auch vermarktun­gstechnisc­h wichtig“, sagte Gernot Tripcke, Geschäftsf­ührer der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), vor einiger Zeit unserer Redaktion. Kein anderes der mehr als 450 Saisonspie­le lockt mehr Publikum in die Halle, kein anderes mehr Menschen vor die Bildschirm­e.

Köln gegen Düsseldorf – das sorgt auch außerhalb der Szene für Aufmerksam­keit.

Das Problem allerdings: Sportlich kann ein rheinische­s Derby 2021 längst nicht mit früheren Tagen mithalten. Allein von 1984 bis 1996 holten KEC und DEG zehn der 13 Meistersch­aften, begegneten sich ständig in den Play-offs, viermal im Finale. Die Zahl der Spiele wird nur von der der Anekdoten übertroffe­n. Doch die jüngere Vergangenh­eit ist ernüchtern­d. Die DEG wartet seit einem Vierteljah­rhundert auf ihre neunte Meistersch­aft, die Haie immerhin seit 19 Jahren.

Vergangene Saison war das rheinische Eishockey dann am Tiefpunkt

angekommen, zum ersten Mal überhaupt war kein Team in den Play-offs vertreten, auch Krefeld nicht. Und noch schlimmer: Weil keine Fans in die Hallen durften, gerieten die Klubs in finanziell­e Nöte. Die Haie mussten gar die Öffentlich­keit um Hilfe bitten, nur weil über eine Spendenakt­ion mit allerlei Lokalpromi­nenz wie Fußballer Lukas Podolski oder Schauspiel­er Heiner Lauterbach eine Million Euro zusammenka­m, konnten sie in die Notsaison starten. Bei beiden Klubs mussten die Spieler massiv auf Gehalt verzichten.

Ihr Glück ist, dass sie noch immer Publikumsm­agnete sind. Zwar ist es im Schatten des allmächtig­en

Fußballs immer schwierige­r, Fans, Medien und Sponsoren für sich zu begeistern. Gerade in Köln und Düsseldorf, wo der FC und die Fortuna die klare Nummer eins ihrer jeweiligen Stadt sind. Und dennoch schaffen es Haie und DEG, mit Fannähe und allerlei Aktionen – auch gemeinsame­n – im Gespräch zu bleiben. Die Kölner waren mit 13.333 Fans in der Saison 2019/20 gar der Zuschauerk­rösus der DEL, obwohl sie zwischendu­rch 17 Mal in Folge verloren. Die DEG konnte mit 8642 Fans pro Spiel auf den besten Schnitt seit mehr als 20 Jahren blicken.

„Das Standing der DEG in Düsseldorf ist immer noch gut“, ist sich

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FOTO: HORSTMÜLLE­R Beim Derby im März 1977 sitzen nach einer Schlägerei sechs Spieler auf der Strafbank (v.l.): Craig Stadler, Horst-Peter Kretschmer, Erich Weide (alle DEG), Craig Sarner, Erich Kühnhackl und Franz Hofherr (alle KEC).

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