Rheinische Post Duisburg

„Die Menschen wollen jetzt Eigentum“

Wann sich die Lage auf dem Wohnungsma­rkt entspannt – ein Gespräch mit dem Makler Axel Quester.

- DIE FRAGEN STELLTE ALEXANDER TRIESCH

Herr Quester, in Duisburg wird derzeit ja wirklich viel gebaut, besonders im Süden. Sechs-Seen-Wedau, der alte Angerbach, das Rahmbusche­rfeld – um nur einmal drei Projekte zu nennen. Wie viele Wohnungen entstehen da eigentlich insgesamt?

QUESTER Das kann ich tatsächlic­h gar nicht genau sagen. Viele Projekte, über die gerade gesprochen wird, sind ja noch nicht aktuell am Markt. Bei Sechs-Seen-Wedau wird es noch etwas dauern, bis ein Käufer konkret etwas erwerben kann. Und es gibt viele kleinere Projekte, wo ein Investor nur vier oder fünf Häuser baut. Von daher ist das nicht so übersichtl­ich. Insgesamt könnte man deshalb den Eindruck bekommen, der Markt werde gerade überschwem­mt. Das ist aber nicht so. Es sind nur wenig mehr Neubauproj­ekte am Markt als im vergangene­n Jahr. Wenn SechsSeen-Wedau anläuft, werden die Stückzahle­n allerdings steigen.

Allein dort sollen 3000 neue Wohneinhei­ten entstehen. Kann man sich die schon reserviere­n?

QUESTER Nicht wirklich, nein. Es kann sein, dass man bereits jetzt bei dem ein oder anderen Investor Interesse anmelden kann und dann kommt er darauf zurück. Aber konkret etwas Kaufen oder Anzahlen oder überhaupt Festmachen kann man nicht.

Wie schwer wird es in den nächsten Jahr werden, ein Haus in Duisburg zu bekommen?

QUESTER Viele Projekte sind noch lange im Bau, teilweise bis 2030. Die meisten Menschen suchen aber innerhalb eines Jahres und nicht innerhalb von zehn. Wer einen großen Zeithorizo­nt hat, der wird auch in Duisburg noch ein Objekt finden. Bei Neubauten geht es allerdings schon um ganz ordentlich­e Preise. Eine Doppelhaus­hälfte in diesem Segment bekommen Sie nicht mehr unter 500.000 Euro, oft liegen die sogar deutlich über 600.000 Euro. Das ist auch nicht für jeden was.

In Duisburg können sich das viele Menschen nicht leisten. Dann lieber ein älteres Haus?

QUESTER Die Neubauprei­se liegen fast überall im Ruhrgebiet auf diesem Niveau, manchmal noch deutlich darüber. Im Bestand ist die Lage wesentlich heterogene­r, es gibt da ganz unterschie­dliche Immobilien. Siedlungsh­äuser für 120.000 Euro oder die freistehen­de Villa im Süden für weit über eine Million Euro. Da findet man eher was, aber natürlich nicht in Neubauqual­ität. In Duisburg werden jedes Jahr etwa 1000 „gebrauchte“Einfamilie­nhäuser verkauft. Diese Zahlen sind relativ konstant, es gibt kleine prozentual­e Abweichung­en von Jahr zu Jahr, aber die Zahlen haben sich in den vergangene­n Jahren nicht halbiert und nicht verdoppelt. Das liegt daran, dass die Motivation für den Verkauf gebrauchte­r Einfamilie­nhäuser von der Marktsitua­tion weitgehend unabhängig ist. Verkaufsgr­und sind fast immer persönlich­e Gründe: Umzug, Vergrößeru­ng, Alter, Trennung, Tod. Und dann wird eben verkauft, egal wie gerade die Preise auf dem Markt sind. Das Angebot ist deshalb fast gleichblei­bend. Viele Interessen­ten sagen mir aber: Komisch, ist doch gerade viel weniger da. Das liegt aber daran, dass die Objekte heute viel schneller verkauft werden als früher.

Wie ungewöhnli­ch ist es eigentlich, dass eine Stadt so viele Bauprojekt­e gleichzeit­ig in Angriff nimmt? QUESTER Wenn man sich allein die großen Projekte anschaut, dann ragt Duisburg im Vergleich mit anderen Städten schon sehr heraus. Eine Stadt mit rund 500.000 Einwohnern, die so viele Baugrundst­ücke hat, die nun in Planung gehen, das gibt es selten.

Und das verträgt der Markt? Nicht, dass am Ende Käufer fehlen. QUESTER Ich glaube die Gefahr besteht nicht. Duisburg liegt im Einzugsber­eich des Rheinlands, der Markt wird beflügelt von Düsseldorf und Ratingen. Menschen, die eigentlich dort suchen, werden dann auch vielleicht letztendli­ch etwas in Duisburg kaufen. Ich mache mir da keine Sorgen, dass der Markt das Angebot nicht mehr aufsaugen könnte.

Nach Sechs-Seen-Wedau sollen mindestens 10.000 Menschen ziehen. Das würde Duisburg um zwei Prozent wachsen lassen.

QUESTER Da werden ja nicht nur Häuser gebaut, sondern auch Wohnungen, seniorenge­rechte Apartments und öffentlich geförderte­r Wohnungsba­u. Und Sie müssen bedenken: Die 10.000 Leute kommen ja nicht alle in einem Schwung, sondern über mehrere Jahre verteilt. So lange die Zinsen so niedrig bleiben, wie sie jetzt sind, wird das alles verkauft werden, da bin ich sicher.

Die Preise steigen immer weiter. Wann ist der Zenit erreicht? QUESTER Der Immobilien­markt hier bei uns ist kein spekulativ­er Markt, sondern diese Preise zahlt tatsächlic­h jemand, der auch da hinzieht. Es kaufen ja keine amerikanis­chen Investoren diese Objekte. Solange es jemanden gibt, der diese Preise bezahlt, bleiben sie auch so hoch. Der Markt ist gerade durch eine große Euphorie gekennzeic­hnet. Die Menschen wollen gerne kaufen und vielen geht es wirtschaft­lich sehr gut.

Macht es denn Sinn, jetzt zu kaufen? Oder lieber warten und zur Miete wohnen?

QUESTER Ich glaube nicht, dass Immobilien in Zukunft wesentlich günstiger werden. Wir sind zwar auf einem hohen Level angekommen und die ganz großen Preissprün­ge sind vorbei. Aber ein paar Prozent kann es schon noch steigen. Wer spekuliert, er mietet jetzt noch eine Wohnung, weil in ein paar Jahren die Kaufpreise sicher günstiger sind, der liegt falsch. So wird es nicht kommen.

Warum werden Immobilien denn gerade überhaupt so teuer? QUESTER Die Menschen wollen jetzt Eigentum, mehr als zu anderen Zeiten und vielleicht wurde das auch durch Corona beflügelt. Zwei oder drei Räume mehr, das wäre schon toll, denken viele. Und wir haben in Deutschlan­d einen Nachholbed­arf bei der Eigentumsq­uote. In Frankreich oder Großbritan­nien wohnen 65 Prozent der Bevölkerun­g im Eigentum, in Italien sogar 72 Prozent. Bei uns sind es gerade mal 50 Prozent.

Auf was muss ich besonders achten, wenn ich jetzt kaufen will? QUESTER Die gebrauchte­n Objekte sind sehr vielfältig, da gibt es von uralten Schätzchen mit Bauschäden bis zu relativ jungen Häusern alles. Wenn das Haus ein bestimmtes Alter überschrit­ten hat und da wirklich noch viel zu renovieren ist, sollte man einen Fachmann hinzuziehe­n, um die Modernisie­rungskoste­n abzuschätz­en. Manchmal gibt es da später ein böses Erwachen. Derzeit werden die bevorteilt, die viel Eigenkapit­al mitbringen, weil die Banken zu recht vorsichtig sind. Das ist also ein klarer Vorteil für Käufer mit hoher Kapitalaus­stattung. Bei gebrauchte­n Häusern kann die Sanierung höher sein als der Kaufpreis, hier ist sorgfältig­e Planung wichtig. Ich denke in dem sehr schnellleb­igen, dynamische­n Markt ist es wichtig schnell zu reagieren, verbunden mit der notwendige­n Vorsicht und Planung. Ich gebe zu, dass ist ein manchmal schwierige­r Spagat.

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FOTOS (3): ARCHIV Das Neubaugebi­et „Am Alten Angerbach“legt einen Fokus auch auf Familien (Montage).
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Am Hauptbahnh­of entstehen die Duisburger Dünen.
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In Wedau entsteht ein neuer Stadtteil.

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