Rheinische Post Duisburg

30 Jahre aktiv für die Bosnienhil­fe

- VON MIKE MICHEL

Insgesamt 208 Briefe aus dem Krieg schrieb der Vater von Heribert Hölz aus dem Krieg an seine Familie in Hochfeld. Das Leben seines Vaters war einer der Auslöser, warum Hölz seit 30 Jahren die Caritas-Bosnienhil­fe organisier­t.

BUCHHOLZ Aufzuhören ist für den Mann, der erst kürzlich 79 Jahre alt wurde, überhaupt keine Option: „Wie lange wir das noch können, weiß allein der liebe Gott“, schrieb er unlängst. Seine Frau Ursula (80) und er machen also weiter. Im Oktober 1991 gründete der in Neukirchen-Vluyn lebende Heribert Hölz die Bosnienhil­fe der Caritas Duisburg. Auch jetzt, drei Jahrzehnte später, ist der engagierte Unruhestän­dler weiter aktiv. Auch wenn sich die Vorzeichen geändert haben.

„Corona machte das Reisen unmöglich, und Afghanista­n, vor allem aber auch die Flutkatast­rophe im Ahrtal, traten in den Vordergrun­d – wer interessie­rt sich da noch für Bosnien, wenn Menschen in unserer unmittelba­ren Nähe auf einmal buchstäbli­ch alles verloren haben?, fragt er. So schrieb Hölz 187 Briefe an die regelmäßig­en Spender der Bosnienhil­fe, um sich zu bedanken. „Allein durch diese Unterstütz­ung kommen rund 10.000 Euro im Monat zusammen“, berichtet Hölz.

Das klingt viel, aber allein die Suppenküch­e im bosnischen Zenica kostet jährlich rund 30.000 Euro. „Die Stadt hat rund 130.000 Einwohner mit einer Arbeitslos­igkeit von 50 Prozent – was sind da schon 121 Mahlzeiten, die zwei Köchinnen dort täglich zur Verfügung stellen?“

Weitere 15.000 Euo jährlich gehen an die Suppenküch­e in Banja Luca. Der örtliche Caritas-Direktor hatte Hölz deshalb um Hilfe gebeten, nachdem die Schweizer Caritas dort ihr Engagement beendet hatte. Es sind Millionen, die in den drei Jahrzehnte­n über die Bosnienhil­fe der Caritas Duisburg in dem vom Bürgerkrie­g so hart mitgenomme­nen Land. gelandet sind – und dennoch, so weiß Hölz, ist auch seine Hilfe nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Seine regelmäßig­en Hilfstrans­porte, bei denen er auch immer Bargeld mit hat, tun ein übriges.

Auf Politik und Verwaltung in Bosnien-Herzegowin­a und ihre Teilrepubl­iken setzt Hölz nicht: „Da herrscht Korruption. Und eine Perspektiv­e zum Eintritt in die Europäisch­e Union sehe sich nicht“, sagt er. In vielen Gesprächen mit Politikern und Offizielle­n hat er am eigenen Leib erfahren müssen, dass sich die Verantwort­lichen nicht wirklich für die Ärmsten der Armen interessie­ren. Also müssen er und seine Frau Ursula weitermach­en. Es sind hauptsächl­ich die älteren Menschen, die betroffen sind. „Die müssen mit 50 Euro Rente im Monat klar kommen“, sagt Hölz. Die Jüngeren zöge es nach der Schule meist in weniger ärmere Landstrich­e in Europa.

In den Briefen seines Vaters, der am 29. Dezember 1944 in Lettland fiel, stecken viele Erinnerung­en. Der letzte Brief ist vom 27. Dezember 1944, zwei Tage vor seinem Tod. Darin schildert der Wehrmachts­soldat, wie er Frauen und Kinder in Lettland verteidigt. „Weil er nicht rauchte, bekam er zum Dank Süßigkeite­n – die hat er aber lieber selbst an Bedürftige

verteidigt. Und eigentlich mache ich heute ja nichts anderes.“

Heribert Hölz ist immer wieder überwältig­t vom Dank, der ihm aus Bosnien entgegenge­bracht wird. Erst jüngst bekam er einen Brief aus einer Ortschaft in Kroatien von einer Frau. Sie, ihrem Mann und den sechs Kindern hatte Hölz vor vielen Jahren geholfen, mit einem Nachen über den Grenzfluss Sava von Bosnien nach Kroatien zu gelangen – auch wenn die Familie dort zunächst in einer Hütte aus Lehm und Stroh wohnen musste. „Die Frau schrieb mir jetzt nach fast 30 Jahre: Sie haben uns unser Leben gerettet.“Denn inzwischen sind die Kinder erwachsen, haben selbst Kinder und Häuser gebaut, und der Krieg ist für sie Vergangenh­eit.

Am liebsten sind Hölz nachhaltig­e Hilfsproje­kte wie die Sache mit den Schafen. Fünf Muttertier­e und ein Bock sind die Basis, um in Bosnien selbst ein wenig Fuß fassen zu können, und so hat er schon so manche kleine Schafsherd­e an den Mann gebracht. Tausende von Marmeladen­gläsern, die seine Frau mit seiner Hilfe eingekocht hat, wurden schon für die Bosnienhil­fe verkauft.

Das soll auch erst einmal so weitergehe­n, denn einen Nachfolger gibt es nicht.

Spendenkon­to des Caritasver­bandes: IBAN DE14 3505 0000 0200 1043 5, Stichwort: Bosnienhil­fe.

 ?? ?? Heribert Hölz (l.) und seine Frau Ursula helfen den Familien in Bosnien auch durch den Kauf von Tieren, damit Familien ihre Selbstvers­orgung sichern können.
Heribert Hölz (l.) und seine Frau Ursula helfen den Familien in Bosnien auch durch den Kauf von Tieren, damit Familien ihre Selbstvers­orgung sichern können.
 ?? FOTO: LAND NRW ?? NRW-Ministerpr­äsdient Armin Laschet verlieh Ursula und Heribert Hölz den Landesverd­ienstorden.
FOTO: LAND NRW NRW-Ministerpr­äsdient Armin Laschet verlieh Ursula und Heribert Hölz den Landesverd­ienstorden.

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