Wie lernt man Glück?
Die Yogalehrerin und Künstlerin Ulrike Altegoer spricht über ihre ungewöhnliche Bildungsarbeit an der Waldschule in Baerl. Mithilfe von kreativen und meditativen Übungen will sie den Kindern ein gesundes Körpergefühl vermitteln.
BAERL Ihre Inspiration zur Kreativität holt sie sich aus der Natur, der Kunst und Kultur, von Menschen und der Familie, auf Reisen und aus Stimmungen jedweder Art. Aus all diesen Eindrücken wiederum entwirft und macht sie Mode und Kostüme, Schmuckstücke, Papierkunst und Collagen und unterrichtet freies meditatives Zeichnen und Yoga. Seit Januar 2020 ist Ulrike Altegoer als „kreative Yogalehrerin“fester Bestandteil des zwölfköpfigen Kollegiums der Offenen Ganztagsschule (OGS) an der Waldschule in Duisburg-Baerl.
Der offene Ganztag betreut insgesamt über hundert Kinder an der Waldschule und versteht sich mit seinen Mitarbeitern als vielschichtiges Wachstumsfeld für die Persönlichkeitsentfaltung der Kinder. Wegen Corona dürfen derzeit nur die Kinder eines Jahrgangs im Yoga unterrichtet werden. Doch auf dem Schulhof oder im schuleigenen Wald finden sich manchmal auch spontan Yoga- und Zeichengruppen zusammen.
Altegoer nennt die Disziplin, die sie gibt, „Kleine Schule des Glücks“. „Diese lässt sich sowohl mit Kindern, als auch mit Erwachsenen praktizieren“, sagt sie im Gespräch mit dieser Zeitung anlässlich des „Offenen Ateliers DU 2021“im Atelier Hafenkult am vergangenen Wochenende, wo sie als freischaffende Künstlerin tätig ist.
Eines der wichtigsten Zielsetzungen ihrer Arbeit ist die Angst- und Stressbewältigung. Diese versteht sie jedoch nicht als Therapie, sondern als Prävention und Möglichkeit des positiven Perspektivwechsels. Dafür bringt sie Mittel zum Einsatz, deren Herkunft Schöpfung und Kreativität sowie Achtsamkeit und Meditation sind. „Yoga und kreative Meditation harmonisieren und verbinden gleichermaßen Körper, Geist und Seele“, sagt Altegoer. “Ein freier, kreativer Geist in einem beweglichen, kraftvollen und entspannten Körper sind die beste Heimat für ein glückliches Gemüt. So entsteht Glück. Und das kann man erlernen, ob im Kindes- oder Erwachsenenalter.“
Altegoer kombiniert klassische Yoga- mit freien Zeichentechniken, mal linear, mal flächig, ob mit Filzstift, Aquarell-, Wasser- oder Acrylfarbe. Beides in Kombination fördere unter anderem ein gesundes Körpergefühl, Persönlichkeit und freies Denken ebenso wie Kraft, innere Ruhe und Gelassenheit, aber auch Frustrationstoleranz, Gelassenheit und Sozialkompetenz, sagt sie. Altegoer spricht in diesem Zusammenhang gerne von „Herzensbildung“. „Kinder sind kleine Energiebündel. Angst und Stress behindern sie in ihrer Entwicklung. Doch die Kombination aus Yoga und Kunst ermöglicht ihnen die Freiheit, einen offenen Blick auf sich und andere zu werfen, und zwar in einem Alter, in dem sich ihre Grundhaltungen zum Leben noch entwickeln.“
Schwerpunkt ihrer jüngsten OGSArbeit war das Erschaffen kolorierter Bilder aus gedruckten Zeitungsfotos. Altegoer: „Auch, wenn es nicht so aussieht: Es sind wirklich Bilder
„Kinder sind kleine Energiebündel. Angst und Stress behindern sie in ihrer Entwicklung“Ulrike Altegoer
Yogalehrerin
von Erst- bis Viertklässlern. Was die Werke so eindrucksvoll erscheinen lassen, ist der Tatsache geschuldet, dass die Fotos solange bearbeitet werden, bis sie endgültig ‚fertig‘ sind. Das heißt, der Impuls zu sagen ‚Ich habe keine Lust mehr‘ wird dadurch aufgehalten, dass die Kinder ihre Arbeiten immer wieder weglegen dürfen und später weiterbearbeiten können, etappenweise, ohne Druck und Urteil. Es wird solange daran gearbeitet, bis ein sattes, stimmiges Ergebnis zu erkennen ist. Auf diese Weise entsteht bei den Schülerinnen und Schülern große Freude und Stolz.“Beides wird noch verstärkt, indem Altegoer die Möglichkeit eingeräumt wird, die OGS-Ergebnisse in Baerl in den Fenstern der Hausarztpraxis im MTV Bethanien und des Gesundheitszentrums von Eric Nellen in Form kleiner Wechselausstellungen zu veröffentlichen.