Ford kündigt Radikalkur an
Nachdem der Gewinn des US-Autobauers im Schlussquartal 2022 um 90 Prozent eingebrochen ist, will der Konzern Kosten senken – in Köln bei der Entwicklung.
DETROIT (rtr) Ford hat seine Gewinnziele verfehlt und kündigt drastische Einschnitte an – auch in Europa. „Wir hätten letztes Jahr viel besser abschneiden sollen“, sagte Konzern-Chef Jim Farley am Donnerstag bei der Präsentation der Geschäftszahlen. Der Konzern habe „etwa zwei Milliarden Dollar an Profit auf dem Tisch liegen lassen“. Seine Kritik bezog Farley nicht nur auf das Schlussquartal, in dem der Nettogewinn um elf Milliarden auf 1,3 Milliarden Dollar einbrach, sondern auf das gesamte Jahr 2022. Der zweitgrößte US-Autobauer verfehlte beim bereinigten operativen Ergebnis mit 10,4 Milliarden Dollar das selbst gesteckte Ziel von 11,5 Milliarden Dollar deutlich. Als Konsequenz kündigte Finanzchef John Lawler „sehr aggressive“Maßnahmen an, um die Kosten in Produktion und in der Lieferkette zu senken. „Alles ist auf dem Tisch.“
Farley schilderte die Lage schonungslos: „Wir haben tief verwurzelte Probleme in unserem industriellen System“, sagte er und fügte hinzu: „Dies war sowohl für mich als auch für mein Team demütigend.“Die Probleme erstreckten sich auf eine Vielzahl an Bereichen: „Es gibt noch mehr zu tun in Europa. Es gibt mehr zu tun in China. Wir haben hier in den USA zu tun“, sagte Finanzchef Lawler. „Unsere Kostenstruktur ist nicht wettbewerbsfähig und unsere Qualität nicht dort, wo sie sein sollte.“Damit steht Ford schlechter da als der Rivale General Motors (GM). Die Nummer eins in den USA hatte mit einem operativen Gewinnplus im vierten Quartal geglänzt und Analysten mit einem optimistischen Ausblick überrascht.
Der Rivale aus Dearborn steckt wie GM mitten im Wechsel in die Elektromobilität und investiert Milliarden. Gleichzeitig tun sich Schwachstellen auf. In Europa, wo Ford bis zu 3200 Stellen in der Entwicklung streichen will, weitete sich der Vorsteuerverlust im vierten Quartal auf 400 Millionen Dollar aus, doppelt soviel wie im Vorjahr – bei unverändertem Umsatz. Das Werk in Köln wird gerade für den Bau von E-Autos umgerüstet, dort soll demnächst ein Wagen auf Basis der von Volkswagen entwickelten MEBPlattform vom Band rollen. Dadurch spart Ford Entwicklungskosten ein. In der eigenen Entwicklungsabteilung fällt damit weniger Arbeit an, was Arbeitsplätze kostet.