Tausendsassa Tee
Ob schwarz, grün oder aus Kräutern und Früchten – mit einem Aufguss zu kochen oder zu backen, eröffnet außergewöhnliche neue Geschmackswelten.
Nach Wasser ist Tee mit Abstand das beliebteste Getränk der Welt. Um die aromatischen Aufgüsse aber auch als Geschmackskomponenten für eine komplette Menüfolge mit unterschiedlichsten Lebensmitteln einzusetzen, braucht es ein bisschen mehr Fantasie. Der sind dann aber kaum Grenzen gesetzt, wie Kyra Schaper, PR-Referentin beim Deutschen Tee & Kräutertee-Verband, weiß: „Lebensmittel wie Fleisch, Fisch oder Gemüse, die man zum Kochen verwendet, erhalten durch die Zutat Tee intensive neue Geschmacksrichtungen, die viel Abwechslung auf den Teller bringen.“
Dabei könne man grob davon ausgehen, dass kräftigere Sorten wie zum Beispiel schwarze Tees aus Assam, Ceylon und Kenia oder auch ein Earl Grey mit seinem Bergamotte-Aroma gut mit kräftigeren Lebensmitteln wie Rindfleisch oder dunklem Geflügel wie Ente harmonieren. Blumig-frische Früchte- und Kräutertees oder auch Grüntee und Matcha setze man eher für helles Geflügel, Fisch oder Gemüsegerichte sowie für Desserts ein.
Zwei außergewöhnliche Tee-Sorten hebt Kyra Schaper besonders hervor: „Der südafrikanische Rooibos-Tee hat an sich schon eine gewisse natürliche Süße und ein vanilleähnliches, leicht blumiges Aroma“, sagt Schaper. Das mache ihn zu einer interessanten Komponente in Gebäck oder Süßspeisen, aber auch im Salatdressing oder einem exotischen Curry. „Ein krasses Gegenteil dazu ist der rauchige Lapsang Souchong, ein Schwarztee aus China, der traditionell in Bambuskörben über schwelendem Pinienholz geräuchert wird“, so die Expertin. Der intensive Rauchgeschmack des Aufgusses, der Assoziationen zu Lagerfeuer oder Schinken wecke, verleihe zum Beispiel als Marinade gegrillten Jakobsmuscheln ein spannendes Aroma. Außergewöhnlich seien auch selbst gemachte Chips aus Grünkohl, bei denen die Kohlblätter mit einer Marinade aus gemahlenem Lapsang Souchong, etwas Öl und weiteren Gewürzen verfeinert und im Backofen zu knusprigen Chips mit einer kräftig-rauchigen Note gebacken werden.
Zurück zur Menüfolge: Wie schon erwähnt, lässt sich ein Teeaufguss gut im Dressing für einen frischen Salat als Vorspeise verwenden. Mit kräftigem Kräutertee kann man aber auch eine Minestrone ganz neu interpretieren, weiß die Tee-Fachfrau: „Kräutertees haben ganz andere Rezepturen als Kräutermischungen aus dem Gewürzregal. Die verwendeten Sorten sind extra dafür ausgesucht, aus ihnen einen Aufguss mit 100 Grad heißem Wasser herzustellen, an den sie ihre Aromen optimal abgeben. Damit entsteht noch einmal eine andere Geschmacksrichtung, als wenn Gewürzkräuter direkt an die Speise gegeben werden.“Wer es auf die Spitze treiben will, probiert als Menü-Auftakt eine Tee-Consommé, also eine Kraftbrühe, der schwarzer Ceylon-Tee,
Zitronengras und
Sojasoße den geschmacklichen Kick geben.
„Um Fleisch direkt mit Tee zu aromatisieren, gibt es zwei Möglichkeiten“, erläutert Kyra Schaper in Bezug auf Hauptgerichte. „Zum einen kann man den Teeaufguss als Marinade verwenden. Geeignet dafür ist zum Beispiel ein Rinderfilet, das über Nacht in einem Sud aus kräftigem schwarzem Ceylon-Tee mariniert wird. Aus dieser Marinade wird dann außerdem noch die Soße für das Gericht zubereitet. Aber auch trocken als Rub verleihen zerstoßene Teeblätter zusammen mit anderen Gewürzen Fleisch oder Fisch ihre intensiven Aromen.“
Was für eine Suppe gelte, funktioniere im Übrigen natürlich auch für eine Soße zu einem Fleischoder Fischgericht, die man mit einem Teeaufguss geschmacklich immer wieder anders gestalten könne – entweder werde die Soße separat zubereitet oder man gare direkt
Fleisch oder Fisch in dem Sud. Perfekte Partner seien zum Beispiel zarter Lachs oder helles Hähnchenbrustfilet in Verbindung mit floralem Grüntee. Interessant sei auch die Variante, ein Risotto oder Couscous statt mit Gemüse- oder Fleischbrühe mit einem aromatischen Tee zuzubereiten.
Für das passende Dessert zum Menü-Abschluss punkten oft Früchtetees mit ihren süß-säuerlich-fruchtigen Zutaten. Sie aromatisieren zarte Süßspeisen zum Beispiel mit einem natürlichen beerigen Aroma, ohne dass man „echte“Beeren hinzugeben müsste, die in glatten Cremes manchmal unerwünschte Konsistenzen aufgrund ihrer Kerne erzeugen. Eine sahnige Crème Brûlée erhält durch das zitrusartige Aroma von schwarzem Earl Grey eine neue geschmackliche Richtung, und eine Schoko-Mousse aromatisiert mit Minztee ist ebenfalls eine spannende Alternative.
Wenn es ums Backen geht, gerät Kyra Schaper erneut ins Schwärmen: „Man kann zerstoßene Teeblätter direkt zum Aromatisieren in den Teig geben oder auch hier mit Aufgüssen arbeiten, zum Beispiel, um Kuchenböden damit zu tränken oder eine Glasur zu verfeinern. Ich empfehle dafür unter anderem Jasmintee mit seinem sehr feinen blumigen Aroma oder auch exotische Gewürztees mit Ingwer, Zimt und Kardamom, die zum Beispiel für Cookies sehr gut geeignet sind. Der grüne Matcha erzeugt beim Gebäck tolle Möglichkeiten, mit der Farbe zu spielen. Etwas Besonderes ist der Darjeeling-Schwarztee – ein einfacher Tortenguss wird mit Darjeeling angerührt zu einem hocharomatischen Topping, zum Beispiel für einen Apfelkuchen.“
Das Gute an Tee, seien es lose Blätter oder Teebeutel, ist, dass er sehr lange haltbar ist und deshalb immer zu Hause vorrätig sein kann. Wenn trotzdem einmal das Mindesthaltbarkeitsdatum kurz bevorsteht oder man im Sommer einfach keine Lust mehr auf den Weihnachtstee hat, hat Kyra Schaper noch ein paar Tipps für die Resteverwertung: „Tee aromatisiert auch hervorragend Selbstgemachtes wie fruchtige Chutneys oder Marmeladen. Einfach die vom Aroma her passenden Teebeutel bei der Zubereitung direkt in den Topf geben und mitkochen, so geben sie ihren Geschmack gut ab. Eine gute Grundlage ist ein Teeaufguss ebenso für Smoothies jeglicher Geschmacksrichtung oder auch ein frisch angerührtes Porridge zum Frühstück.“
Wer nach dem vielen Essen noch ein außergewöhnliches Getränk zu sich nehmen möchte, kann – um im Thema zu bleiben – noch einmal auf Tee zurückgreifen. Der funktioniert nämlich auch in Cocktails bestens, zum Beispiel Ceylon-Tee in Kombination mit Rum oder Gin oder ein roter Früchtetee mit einem Likör – ein passender Abschluss für ein nicht alltägliches Menü.