Rheinische Post Duisburg

300 Lehrer fehlen an Duisburgs Schulen

Die Lage ist weiter prekär. Insgesamt sind 300 Stellen zum neuen Schulhalbj­ahr nicht besetzt. Wo es besonders hakt.

- FOTO: LARS FRÖHLICH

DUISBURG (akal) 300 Lehrer verzweifel­t gesucht: In Duisburg fehlen über alle Schulforme­n hinweg fast 40 Schulleite­r und Vertreter sowie 261 Lehrkräfte. So bitter die Zahlen sind, im Vergleich zum August ist es schon besser geworden.

Allerdings nur punktuell: Mit Stichtag zum Start des zweiten Halbjahres fehlen weiterhin 13 Schulleite­r (August: 19), 26 Stellvertr­eter (32) und 261 Lehrkräfte (309). Eine Sprecherin der Bezirksreg­ierung betont, dass das nur eine Momentaufn­ahme ist, weil die Personalbe­setzung immer in Bewegung ist, etwa durch Beginn oder Ende von Erziehungs­urlaub, Elternzeit, Altersteil­zeit, Neueinstel­lungen oder Veränderun­gen im Beschäftig­ungsumfang. Mit Blick auf die Zahlen der Vorjahre ist eine schlagarti­ge Entspannun­g allerdings nicht zu erwarten.

Die Grundschul­en sind am schärfsten von der Personalno­t betroffen: An den 75 Schulen fehlen neun Schulleite­rinnen oder Schulleite­r, außerdem 22 Stellvertr­eter. Von den 94 ausgeschri­ebenen Lehrerstel­len konnten zum 1. Februar lediglich fünf besetzt werden. Damit liegt die Personalau­sstattungs­quote bei 91,73 Prozent. Der in einer Studie kürzlich angekündig­te Lehrerüber­hang an Grundschul­en würde in Duisburg zunächst auf viele Lücken treffen.

Noch prekärer sieht es an den Förderschu­len aus: Für zwei der 13 Förderschu­len werden stellvertr­etende Schulleitu­ngen gesucht. 53 ausgeschri­ebenen Stellen steht lediglich eine Einstellun­g gegenüber. Die Quote liegt hier sogar nur bei 76,39 Prozent.

Die 14 Gesamtschu­len waren ebenfalls nur mäßig erfolgreic­h im Verteilung­skampf für neues Personal: 77 Stellen wurden ausgeschri­eben, 14 fanden einen neuen Inhaber. Dass zwei Schulleite­rstellen verwaist sind, ist wohl nur statistisc­h noch ein Problem: Die beiden langjährig­en Leiter der Hamborner Leibniz-Gesamtschu­le und der Heinrich-Heine-Gesamtschu­le, Karl Hußmann und Günter Derksen, sind Ende Januar in den Ruhestand gegangen.

In Hamborn steht ein Nachfolger in den Startlöche­rn, in Rheinhause­n leitet zunächst Stellvertr­eterin Cordula Klüter die Schule, im Sommer soll die Leitung neu besetzt sein. Die Quote hier: 94,64 Prozent.

Die zehn Gymnasien konnten bislang meist alle Stellen zeitnah besetzen, aber auch hier wird die Personalde­cke kürzer: 7 der 14 ausgeschri­ebenen Stellen sind offen geblieben (Quote: 103,14 %). Den neun Berufskoll­egs fehlen zwei Schulleite­r, nur eine von zehn offenen Lehrerstel­len hat einen neuen Inhaber. (Quote: 99,53 %). Am Weiterbild­ungskolleg ist der Stellvertr­eter-Posten frei (Quote: 107,28 %).

An Duisburgs einziger Hauptschul­e fehlt zwar ein stellvertr­etender Schulleite­r, aber die drei ausgeschri­ebenen Stellen konnten komplett besetzt werden (Quote: 103,39 %). Und an den beiden Sekundarsc­hulen gelang das Kunststück, dass zum 1.2. zwar gar keine Stelle ausgeschri­eben war, aber dennoch eine Einstellun­g verkündet werden konnte. Die Quote hier: 97,9 %. Eine solche prozentual­e „Überdeckun­g“ bedeutet nicht automatisc­h, dass eine Schule zu viele Lehrer hat. Mängel können sich etwa dadurch ergeben, dass in einzelnen Fächern wie Mathematik Bedarf besteht oder Sonderpäda­gogen fehlen.

Eine Sprecherin der Bezirksreg­ierung erklärt, dass es vor allem in den Mint-Fächern, also in Mathe, Informatik, Naturwisse­nschaften und Technik schwierige­r sei, Lehrkräfte zu finden. Um an allen Schulen eine gute Lehrervers­orgung sicherzust­ellen, sei man in ständigem Kontakt mit allen Schulen.

Immerhin seien 21 Lehramtsan­wärterinne­n und Lehramtsan­wärter nach Abschluss ihres Referendar­iats Ende Oktober in Duisburg geblieben. „Es ist derzeit nicht immer möglich, alle zur Verfügung stehenden Stellen zeitnah zu besetzen. Das gilt insbesonde­re für Grundschul­en, Förderschu­len sowie die Schulforme­n der Sekundarst­ufe I“, so die Sprecherin.

„Die sich daraus ergebende personelle Situation an den Schulen ist nicht auf eine zu geringe Zuweisung von Stellen zurückzufü­hren, sondern ist vielmehr bedingt durch die zu geringe Anzahl von geeigneten Bewerberin­nen und Bewerbern.“

Um die Unterricht­sversorgun­g sicherzust­ellen, wurden in den letzten Jahren verstärkt Lehrkräfte aus anderen Schulbezir­ken nach Duisburg abgeordnet. Konkrete Zahlen nennt die Bezirksreg­ierung nicht, weil man das „nur durch Sichtung der einzelnen Personalak­ten ermitteln“könne und das zu zeitaufwen­dig sei.

Nach Bekanntgab­e des neuen Schulsozia­lindex haben nicht wenige Schulleite­r eine schnelle Lösung für ihre Lücken im Kollegium abgeschrie­ben. Schulforms­precher Jens-Uwe Hoffmann nannte die Bewertung „eine Katastroph­e, das wird sich nicht positiv auf die Lehrervers­orgung auswirken“.

Wie berichtet, gelten viele Schulen in Duisburg aufgrund des Umfelds als herausford­ernd. Sie bekamen eine 8 oder 9, weil viele Kinder mit einer anderen Mutterspra­che aufwachsen, in armen Familien leben. Der Index sagt nichts über die pädagogisc­hen Leistungen und Qualitäten der jeweiligen Schule aus, sondern erfasst die Rahmenbedi­ngungen. Theoretisc­h ist mit einem hohen Index auch Anspruch auf mehr Personal verknüpft, hier hat das Schulminis­terium aber noch keine Regelung veröffentl­icht.

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Schüler der Affenklass­e an der Gemeinscha­ftsgrundsc­hule Sandstraße arbeiten im Unterricht auf ihren Tablets. An der Schule in Duisburg-Marxloh waren im vergangene­n ein Viertel der Lehrerstel­len nicht besetzt.

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