Rheinische Post Duisburg

Gegenstöße sind das aktuelle Erfolgsrez­ept der Zebras

ANALYSE Christoph Gebhard, Jugendtrai­ner bei Viktoria Buchholz und Taktikanal­yse-Kolumnist, hat erneut das Spiel des MSV Duisburg unter die Lupe genommen. Sein Fazit: Das brandgefäh­rliche Konterspie­l war der Schlüssel zum verdienten 1:0-Erfolg gegen Vikto

- VON CHRISTOPH GEBHARDT

Boris Schommers zeigte sich ehrlich: „Wir haben mit allem gerechnet, aber nicht mit dieser taktischen Systematik.“So äußerte sich der Trainer des MSV Duisburg nach dem 1:0-Sieg über Viktoria Köln. Damit meinte er die Umstellung von 4-4-2 auf 5-3-2 bei der Viktoria. Trainerkol­lege Olaf Jansen wollte damit entweder mit seinen auf die letzte Linie gezogenen Schienensp­ielern die MSV-Akteure Niklas Kölle und Rolf Feltscher hinten binden – oder er wollte selbst die Flügelräum­e aktiver bespielen.

Der MSV agierte wie schon gegen Verl mit der flügelspie­lerlosen und zentrumsfo­kussierten 5-2-1-2-Formation. Im Detail gab es zwar Anpassunge­n – Thomas Pledl spielte etwas höher und zentraler, Jonas Michelbrin­k im rechten statt im linken Halbraum und Marvin Knoll und Joshua Bitter tauschten die Positionen–, aber der Kern der Spielidee blieb bestehen.

Das bot sich an, weil die Viktoria ähnlich wie Verl ungern flankt und lieber mit vielen Pässen und einem sehr flexiblen Positionss­piel den Gegner aus der Ordnung bringen möchte. Also war der Plan des MSV, genau wie vergangene Woche den Ballbesitz der Gäste dorthin zu lenken, wo wenig Gefahr droht. Vincent Müller musste in 90 Minuten lediglich einen Schuss auf sein Tor parieren.

Das war zudem eine Folge der defensiven Grundmuste­r, die vom MSV im Moment ziemlich harmonisch umgesetzt werden. Aus einem ballorient­iert verschiebe­nden dichten Block wird immer wieder flexibel zugriff- und mannorient­iert herausgerü­ckt, ohne dabei die Tiefensich­erung komplett aufzugeben. So gestattete man zwar viel Ballkontro­lle, aber versperrte die Wege zum Tor effektiv. Umgekehrt ist der MSV im eigenen Ballbesitz nicht so leicht zu kontrollie­ren. Obwohl man in den ruhigen Zirkulatio­nsphasen mittlerwei­le gute Ansätze zeigt und vor allem die Halbräume viel besser einbezieht als in der Hinrunde, ist der wichtigste Punkt im Moment das brandgefäh­rliche Konterspie­l.

Daniel Ginczek profitiert dabei von Alexander Essweins ausweichen­der Dynamik in Richtung der freien Flügelzone­n. Thomas Pledl positionie­rt sich in den Umschaltmo­menten so geschickt, dass er anspielbar ist und sich sofort attraktive Optionen für die Anschlussa­ktionen eröffnen. Jonas Michelbrin­k zeigt weiter sein Talent als kreativer Drucklöser und Verlagerun­gsspieler. Erik Zenga beschränkt­e sich auf die einfachen Dinge. Zudem nutzt der MSV die enge Staffelung in der offensiven Zentrale beim Kampf um die zweiten Bälle nach langen Abschlägen und beim Gegenpress­ing nach eigenen Ballverlus­ten.

Also, alles tutti beim MSV? Spannend wird es zu beobachten sein, inwiefern sich die Zebras auf Gegner einstellen, die einen anderen Spielansat­z als Verl und Köln verfolgen. Und was geht, wenn sich die nächsten Gegner stärker an den MSV anpassen?

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