Rheinische Post Duisburg

MSV-Coach Gerstner holt verbal aus

Der Trainer der Frauenmann­schaft äußert nach dem ernüchtern­den 0:0-Unentschie­den im Bundesliga-Spiel gegen den 1. FC Köln heftige Kritik an einer „Person aus dem internen Umfeld“. Capelli-Mann Dario Mlodoch steht nun im Fokus.

- VON DIRK RETZLAFF

DUISBURG Schiedsric­hterin Karoline Wacker verweigert­e dem Frauenfußb­all-Bundesligi­sten 1. FC Köln beim 0:0-Unentschie­den beim MSV Duisburg am Sonntagabe­nd ein klares Tor. Der Ball war hinter der Linie. Da waren sich MSV-Trainer Thomas Gerstner und sein Kölner Kollege Daniel Weber bei der Pressekonf­erenz einig. Der Aufreger des Tages sollte aber noch folgen. Denn Gerstner holte öffentlich zu einem verbalen Schlag aus.

Der Trainer der MSV-Frauen fand auf dem Podium im VIP-Raum der Schauinsla­ndreisen-Arena deutliche Worte, da blieb so manchem Gast der Bissen vom Buffet im Hals stecken. Gerstner sagte: „Wir haben seit 14 Tagen intern das Riesenprob­lem, dass eine Person seit zwei Wochen nicht mehr daran glaubt,

„Es ist einfach nur traurig, dass intern so negative Wellen ausgestrah­lt werden“

Thomas Gerstner

Trainer der Frauen des MSV Duisburg

dass wir die Klasse halten können in dieser Konstellat­ion.“Im anschließe­nden Gespräch sagte der Trainer des Tabellenle­tzten weiter: „Das ist harter Tobak. Es ist einfach nur traurig, dass intern so negative Wellen ausgestrah­lt werden.“Den Namen der betreffend­en Person nannte Thomas Gerstner nicht. Auf die Frage, ob es sich dabei um einen Entscheidu­ngsträger handelt, sagte der 57-Jährige: „Nein. Ich glaube, die Person hat gar nichts zu entscheide­n. Das hat er vielleicht gedacht.“

Nach ersten Informatio­nen handelt es sich bei der Person um Dario Mlodoch, der beim MSV Duisburg offiziell als Leiter der Lizenzabte­ilung Frauen firmiert. Mlodoch kommt aus dem Hause Capelli. Das Unternehme­n, das 40,1 Prozent der Anteile am MSV hält, ist bei den Zebras nach offizielle­r Lesart für den Frauenfußb­all im Profiberei­ch zuständig. Am Sonntag mied Mlodoch weitgehend die Öffentlich­keit. Er verfolgte das Spiel gegen den 1. FC Köln aus der Stadionlog­e seines Unternehme­ns. Bei der Pressekonf­erenz war er nicht zugegen.

Zwischen den Zeilen der Gerstner-Aussagen („in dieser Konstellat­ion“) ist zu lesen, dass Mlodoch womöglich vor zwei Wochen einen Trainerwec­hsel erwogen hat, um das Ruder im Abstiegska­mpf in der Bundesliga auf diese Weise noch herumzurei­ßen. Der Duisburger Coach betont, „dass uns das noch enger hat zusammenrü­cken lassen.“Unter diesen Umständen habe sein Team schon beim 1:1 in Freiburg am vorletzten Sonntag ein gutes Spiel gemacht. Gerstner: „Gott sei Dank können wir das weitgehend von der Mannschaft fernhalten.“Nach dem 0:0 gegen Köln, das für den MSV, der acht Spieltage vor dem Saisonende sieben Punkte Rückstand zum rettenden Ufer aufweist, unterm Strich zu wenig war, würdigte Gerstner sein Team: „Unter diesen Widerständ­en und Umständen gilt der Mannschaft, die wieder einmal bis zum Umfallen gekämpft hat, ein großes Lob.“Gerstner sagte aber auch: „Wir brauchen Siege.“

Gerstner sah am Sonntagabe­nd die Vorteile beim 1. FC Köln. Angesichts der Fehlentsch­eidung von Schiedsric­hterin Karoline Wacker, die den Ball in der 30. Minute nicht hinter der Linie sah, wusste der Duisburger Coach, dass der Punktgewin­n des MSV auch mit einer Portion Glück verbunden war. Trotzdem trauerte er auch verpassten Gelegenhei­ten nach.

Denn die Duisburger­innen, die in einer 4-3-3-Ausrichtun­g in die Partie geschickt worden waren, präsentier­ten sich zunächst variabel. Zwar erspielten sich die Kölnerinne­n zu Beginn leichte Vorteile, die erste Chance ging jedoch auf das Konto des MSV. Miray Cin schlug einen Freistoß vom Strafraume­ck ins Zentrum. Haley Thomas verpasste den Ball aus kurzer Distanz mit der Schuhspitz­e nur knapp. In der 16. Minute vergab der MSV unter den Augen von Ex-Trainer Nico Schneck eine Überzahl-Situation kläglich: Lisa Josten schlug den Pass aus halblinker Position viel zu lang, sodass Miray Cin nicht in die Schussposi­tion geriet.

Der 1. FC Köln kam erst in der 29. Minute zum ersten Abschluss. MSVTorhüte­rin Ena Mahmutovic konnte den Schuss aufs kurze Eck von Marleen Schimmer zur Ecke abwehren. Zwei Minuten später kam es dann zu besagter Szene, in der Mahmutovic einen Ball eigentlich erst hinter der Linie klären konnte, dem Treffer die Anerkennun­g aber verwehrt blieb. Glück für die Zebras.

Im zweiten Durchgang gab es für den MSV zunächst einen Schreckmom­ent. Erst blieb Ena Mahmutovic nach einem Zusammenpr­all benommen liegen, konnte aber weiterspie­len. Und das war wichtig: Die Torhüterin war in der 54. und in der 56. Minute mit Glanzparad­en zur Stelle. Mittlerwei­le dominierte Köln die Partie. Die Gäste hatten Glück, dass Schimmer in der 66. Minute mit der gelben Karte davonkam: Sie hatte zuvor Sarah Freutel mit Anlauf umgestoßen. Der MSV hatte durchweg Probleme, Köln in Gefahr zu bringen. Erst in der 80. Minute konnten die Gastgeberi­nnen vor dem Kölner Tor für Gefahr sorgen. Sarah Freutel flankte von der rechten Seite, doch Samantha Jerabek bekam per Kopf nicht genügend Druck hinter den Ball. Den Duisburger­innen lief am Ende die Zeit davon – auch wenn die Nachspielz­eit mit insgesamt sieben Minuten recht üppig ausgefalle­n war.

In der Länderspie­lpause soll das Team nun Kräfte tanken. Abseits des Trainingsp­latzes dürften die Ereignisse vom Sonntagabe­nd die Verantwort­lichen weiter beschäftig­en. MSV-Präsident Ingo Wald war am Sonntag aus der Eifel angereist, um dem Team die Daumen zu drücken. Bei der Pressekonf­erenz war der 66-Jährige allerdings nicht mehr zugegen. Der aktuelle Disput könnte nun auf den gesamten Verein ausstrahle­n. Auch im Männerfußb­all ist Capelli im Profiberei­ch ein wichtiger Partner. Somit steht das Verhältnis zwischen Klub und Investor nun auf dem Prüfstand.

Ein Trainerwec­hsel bei den Frauen scheint aktuell kein Thema (mehr) zu sein. Thomas Gerstner packte am Sonntag nach der Pressekonf­erenz seine Sachen inklusive Regenschir­m und sagte: „Ich bin immer noch hier.“

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FOTOS: NICO HERBERTZ/MSV DUISBURG Thomas Gerstner, Trainer des MSV Duisburg, sprach nach der Partie gegen den 1. FC Köln Klartext.
 ?? ?? Ena Mahmutovic klatscht den Ball weg – jedoch war der Kopfball von Laura Vogt (links) wohl schon hinter der Linie gelandet.
Ena Mahmutovic klatscht den Ball weg – jedoch war der Kopfball von Laura Vogt (links) wohl schon hinter der Linie gelandet.

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