Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Selbsttests für Lehrer und Erzieher
Das Personal in Kitas und Schulen soll sich nach dem Willen des Bundesgesundheitsministers ohne medizinisches Personal testen können. Die Kommunen in NRW sind skeptisch.
DÜSSELDORF Lehrer und Erzieher können sich per Schnelltest künftig ohne medizinisches Personal auf das Coronavirus testen. „Kitas und Schulen beziehungsweise ihre Träger können von Freitag an eigenständig Schnelltests beziehen und nutzen“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstag. Das sei eine weitere alltagstaugliche Option, um Kindern auch in Pandemiezeiten den Kitaoder Schulbesuch zu ermöglichen.
In NRW berieten daraufhin Gesundheitsminister Karl-josef Laumann (CDU), Familienminister Joachim Stamp und Schulministerin Yvonne Gebauer (beide FDP) über das weitere Vorgehen. „Klar ist: Der Anwendungsbereich von Schnelltests wird auf Schulen und Kitas ausgedehnt, wobei der Einsatz der Schnelltests in nordrhein-westfälischen Schulen und Kitas und die entsprechenden Rahmenbedingungen dazu noch geprüft werden“, hieß es dazu am Nachmittag aus dem Gesundheitsministerium. Die Gespräche dauerten bis Redaktionsschluss noch an.
Bisher stehen Lehrern und Erziehern zwischen Herbst- und Weihnachtsferien nur drei Tests pro Person zu. Schnelltests sind für Pädagogen kaum verfügbar und können nur mit medizinischen Fachkräften durchgeführt werden. Diese werden allerdings zunehmend für die bevorstehenden Impfungen gebraucht.
Stamp begrüßte Spahns Ankündigung: „Ich freue mich, dass es offenbar einen Durchbruch bei den Antigen-schnelltests gibt.“Es müssten aber auch die notwendigen Kapazitäten zur Verfügung stehen: „Wenn dies gewährleistet ist, kann das zu erheblichen Erleichterungen des Kita- und Schulalltags in Pandemiezeiten beitragen.“
Offen ist unter anderem noch, wie die Schulungen ablaufen sollen und wer die Tests in den Einrichtungen dann vornehmen kann. Der Präsident des Robert-koch-instituts (RKI), Lothar Wieler, schlug am Donnerstag vor, dafür Hygienebeauftragte an Schulen und Kitas zu benennen. Für die Testungen bedürfe es einer gewissen Kenntnis, sie seien aber machbar.
Wie bei den Pcr-tests muss auch beim Schnelltest ein Wattestäbchen tief in die Nase eingeführt werden. Die Flüssigkeit wird dann auf ein Test-set getropft. Ein Ergebnis liegt je nach Hersteller nach 15 bis 30 Minuten vor. Die Schnelltests sind nach Angaben des RKI weniger genau als Pcr-tests. Ein positiver Schnelltest muss stets durch einen PCR-TEST bestätigt werden.
„Selbsttests wiegen die Menschen möglicherweise in falscher Sicherheit“, sagte Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetags NRW, unserer Redaktion. Nicht achtsam durchgeführte Tests ohne Anleitung und Schulung könnten Ergebnisse verfälschen. Diese Schulungen bräuchten aber einige Zeit. Deshalb sei nicht damit zu rechnen, dass schon ab Freitag zahlreiche Selbsttests in Kitas und Schulen stattfänden, so Dedy, der die Interessen der Kommunen als Träger von Schulen und Kitas vertritt.
Auch das Diakonische Werk Rheinland-westfalen-lippe (RWL) äußerte sich zunächst verhalten: „Grundsätzlich können Selbsttests ein Baustein zum Schutz der Erzieherinnen sein. Es ist aber noch einiges unklar, etwa wie man an die Schulungen kommt und wer die Tests bezahlt“, sagte Sabine Prott, Geschäftsfeldleiterin bei der Diakonie RWL, einem Dachverband von Kita-trägern, unserer Redaktion.
DÜSSELDORFDIE Nrw-landesregierung hat die Kommunen danach befragt, wie sie die Lage in ihren Innenstädten einschätzen. In der „Kommunalumfrage 2020“des Ministeriums von Ina Scharrenbach (CDU) erklärten die Entscheider in den Rathäusern den wegbrechenden Einzelhandel zum Hauptproblem. Drei Viertel aller Kommunen nannten die rückläufigen Umsätze im Zuge des Onlinehandels als größte Schwierigkeit. Auf Platz zwei folgte ein Generationenproblem: Immer mehr inhabergeführte Geschäfte fänden keinen Nachfolger. Zwei Drittel der Städte gaben an, dass es an Kundenmagneten, den sogenannten Ankergeschäften, fehle.
Die Leerstandsquoten erreichen teilweise schwindelerregende Höhen: „Einzelne Nennungen im Bereich zwischen 50 und 75 Prozent sprechen für dauerhafte Verwerfungen in Zentren“, heißt es in dem Bericht. Gefragt danach, welche Alternativnutzung sich die Städte für die leerstehenden Geschäfte in Erdgeschosslage vorstellen könnten, nannten 89 Prozent als gute oder sehr gute Alternative die Gastronomie. Für eine Umwidmung in Arztpraxen oder Apotheken sprachen sich 79 Prozent aus, 78 befürworten Dienstleistungsbetriebe. 70 Prozent konnten sich Gemeinschafts- oder Kulturräume vorstellen. Wohnräume kommen weniger infrage. Diese wurden von 41 Prozent der befragten Kommunen für geeignet eingestuft. Für Handwerksbetriebe in der Innenstadt konnten sich gerade einmal 32 Prozent begeistern. Am wenigsten Zustimmung gab es für Logistikflächen mit elf Prozent.
Befragt wurden die Verwaltungen auch zu den Folgen der Corona-krise. Diese werde eine zusätzliche Verlagerung von Umsatz zulasten des Einzelhandels bedeuten (80 Prozent). Eine erschreckend hohe Zahl von 44 Prozent erwartet eine nachhaltige Schädigung des Zentrums durch Geschäftsaufgaben. „Corona hat den Wandel im Handel noch einmal beschleunigt. Hinzu kommen schließungsbedingte Auswirkungen für die Gastronomie“, sagte Ministerin Scharrenbach unserer Redaktion.
Ein weiterer fundamentaler Umbruch zeichnet sich bei der Mobilität ab: 94 Prozent gaben an, aktuell sei den Innenstadtbesuchern eine reibungslose An- und Abfahrt mit dem Auto wichtig. Dessen Bedeutung sinke in den kommenden zehn Jahren jedoch auf 72 Prozent. Dagegen werde der öffentliche Nahverkehr überdeutlich gestärkt – von heute 37 auf 78 Prozent.
Scharrenbach bezeichnete es als wichtigste Erkenntnis, dass zum einen „Sauberkeit und Sicherheit“als wichtigster Zukunftsfaktor eingestuft würden und damit die Erreichbarkeit der Innenstadt mit dem Auto abgelöst hätten. Der zweite sei, dass Gastronomie, Freizeit, Kultur, Tourismus, Dienstleistungen und medizinische Angebote gegenüber der Handelsfunktion an Bedeutung gewinnen. „Die Marktplätze des 21. Jahrhunderts werden mehr als Einzelhandel sein, also Zentren der Begegnung, der Gastronomie und der Naherholung“, so die Ministerin.
Man werde aus den Ergebnissen gemeinsam mit den Kommunen passgenau weitere Unterstützungsangebote entwickeln, kündigte sie an. Ein Ansatzpunkt wäre die Finanzierung. So wurde vielfach der Wunsch geäußert, dass der kommunale Eigenanteil bei Förderprogrammen über das Jahr 2020 hinaus vom Land NRW übernommen, reduziert oder gleich ganz gestrichen werde. „Die Innenstädte stehen vor einem tiefgreifenden Wandel, weg von der reinen Einkaufszone hin zu durchmischten Zentren mit mehr Grün, Begegnung, Kultur, aber auch Büros und Wohnungen“, sagte Bernd Jürgen Schneider, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds NRW. Diesen Wandel könnten die Städte und Gemeinden nur hinbekommen mit mehr Mitteln für die Städtebauförderung, besseren Instrumenten im Planungsrecht, etwa zum Erwerb von Schlüsselimmobilien – und wenn alle mitzögen: Kommune, Einzelhandel, Kulturszene und Immobilieneigentümer.
Scharrenbach erklärte, dass 129 Nrw-kommunen in diesem Jahr rund 40 Millionen Euro aus dem Sofortprogramm erhielten. „Die Frist für die Vorlage der Förderanträge für das Sofortprogramm wurde bis zum 30. April 2021 verlängert. Damit können Städte und Gemeinden auf Entwicklungen reagieren, die sich aktuell ergeben“, sagte sie. Zeitnah würden weitere Initiativen zur Stärkung der Innenstädte ergriffen.
Wünsche konnten die Kommunen auch zu Gesetzesreformen äußern. Verkaufsoffene Sonntage sollten demnach erleichtert und dann Rechtssicherheit bei den Sonntagsöffnungen geschaffen werden.