Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Ein besseres Image für Hassels-nord
Die LEG kämpft gegen Vermüllung und Kriminalität. Die Lage hat sich bereits gebessert – es gibt jedoch noch viel zu tun.
In dem Sozialraum gibt es immer wieder Ärger zwischen Vermietern und Mietern. Die LEG ist bemüht, Ruhe in die Siedlung zu bringen.
HASSELS Seit rund drei Jahren gehört dem Immobilienkonzern LEG die Siedlung Hassels-nord. Als die Geschäftsführung 2017 den Entschluss fasste, in das Hochhausviertel zu investieren, wusste sie, dass ihr eine große Aufgabe bevorstand. Denn der Sozialraum gehört nach Angaben der Stadt zu denjenigen in Düsseldorf, in denen der größte soziale Handlungsbedarf besteht. Als Eigentümer ist die LEG in der Verantwortung, für Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit zu sorgen. „Das hier wird keine Nobelsiedlung“, sagt Volker Wiegel, operativer Vorstand der LEG, „aber wir arbeiten daran, das schlechte Image dieser Gegend sukzessive aufzuwerten.“
Mehr als 3000 Menschen leben in rund 1400 Wohneinheiten im Sozialraum Hassels-nord. Die Kennzahlen für den Bereich sind deutlich: Fast 30 Prozent der Erwachsenen sind ohne Arbeit, die Übergangsquote zur Hauptschule liegt mehr als doppelt so hoch wie im Stadtdurchschnitt, die Quote zum Gymnasium bei rund der Hälfte. Die Stadt ist um die Verbesserung dieser Umstände bemüht.
Die LEG will vor allem das schlechte Image der Siedlung bekämpfen. Sie hat den Namen Haselnuss-siedlung für den Sozialraum eingeführt. „Wenn jemand sagt: ,Ich komme aus der Haselnuss-siedlung’, und sein Gegenüber sagt ,Ah, nett’, dann haben wir unser Ziel erreicht“, gibt Vorstand Wiegel die Zielsetzung vor.
Direkt vor Ort arbeitet Thomas Klaus an diesem Ziel. Er ist Objektbetreuer und hat täglich mit den Problemen des Sozialraums zu tun. Die ersten 18 Monate hat er mit dem von der LEG beauftragten 24-Stunden-sicherheitsdienst zusammengearbeitet, inzwischen ist nur noch tagsüber ein externer Anbieter, die Firma Musterknaben, am Ort: Dieser Service achtet darauf, dass sowohl die Bewohner der Siedlung als auch Auswärtige keinen Abfall im öffentlichen Raum entsorgen.
„Müll ist hier ein großes Problem“, sagt Thomas Klaus. Immer wieder fallen wilde Müllkippen auf. Die Ursprünge, das hat die LEG herausgefunden, liegen häufig gar nicht in der Siedlung selbst. „Über Jahre hinweg haben Unternehmen von außerhalb – Handwerker oder auch ein Reifenhändler – nach Feierabend ihren Abfall hier abgeladen. Die Anwohner haben irgendwann ihren Müll dazugestellt“, berichtet Klaus. Dieser
Teufelskreis konnte durchbrochen werden, weil nach einem Tipp der Bewohner der Sicherheitsdienst die Verantwortlichen abfangen konnte. „Seither hat sich die Situation mit dem Müll merklich verbessert“, sagt Klaus. Er ist froh, dass die Bewohner ihrem Vermieter geholfen haben, die Situation in den Griff zu bekommen. Gelöst ist das Müllproblem in der Siedlung allerdings noch nicht. „Es ist fast immer dreckig hier“, sagt ein Anwohner, der seinen Namen nicht nennen will. Er beklagt, dass es nicht gelänge, die Vermüllung im Viertel dauerhaft zu unterbinden. Neben den großen, offenen Müllkippen stören ihn vor allem die kleinen Ablagerungen überall in der Siedlung.
Diesen Eindruck gewinnt auch Uwe Warnecke, Grünen-ratsherr, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Familienverbandes sowie aktiv im Mieterverein Düsseldorf. „Wir sehen hier eine positive Entwicklung, die allerdings noch nicht abgeschlossen ist“, sagt Warnecke. Er lobt vor allem den Einsatz der Musterknaben im Kampf gegen Müll. „Die LEG hat 2017 ein kaputtes Quartier mit viel Dreck und Kriminalität übernommen. Man merkt, dass sie bemüht ist, die Situation in den Griff zu bekommen“, sagt Warnecke. Auch Dirk Angerhausen, Ratsherr und Vorsitzender der CDU Reisholz/hassels, beobachtet eine positive Entwicklung. Er setzt auf den Runden Tisch. Vor allem in der Hochzeit der Probleme in Hassels-nord vor einigen Jahren trafen sich dort regelmäßig alle Beteiligten: Mietervertreter und soziale Einrichtungen, Politik, Polizei und Feuerwehr, um gemeinsam an den Schwierigkeiten zu arbeiten. Dieser Usus ist in den vergangenen Jahren eingeschlafen, im städtischen Integrationsausschuss wurde jedoch im
September beschlossen, ihn wieder aufzunehmen. Anfang 2021 könnte das erste Treffen stattfinden. „Ich hoffe, dass sich auch die LEG daran beteiligt und mit den anderen Aktiven vor Ort nach Lösungen für die noch vorhandenen Probleme sucht“, sagt Angerhausen.
Doch nicht nur von oben muss Veränderung kommen, auch die Bewohner müssen mitziehen. „Wir müssen auch dafür sorgen, dass die Spielregeln des Zusammenlebens für alle Menschen in der Siedlung klar sind“, sagt Anne-marie Fuhrer. Als Leiterin der Niederlassung ist sie für die strategische Planung in Hassels zuständig. Ein wichtiger Faktor dabei: Das Verantwortungsgefühl fördern. Und das, so Fuhrer, erreiche man am besten mit einem guten Beispiel: So hat die LEG drei Spielplätze renoviert und durch radikalen Grünschnitt die Treffpunkte für zwielichtige oder illegale Aktivitäten zerstört. In den vergangenen drei Jahren hat die LEG mit einem Falkner die Tauben in der Siedlung bekämpft und mit Netzen davon abgehalten, in die offenen Treppenhäuser der Hochhäuser zu fliegen. Diese Netze wurden teils von den Bewohnern zerstört und dann an der Außenseite neu angebracht. „Wir lernen hier immer wieder dazu“, sagt Thomas Klaus. Bei den oft nicht ganz einfachen Bemühungen, eine Kooperation mit den Mietern zu erreichen, setzt die LEG auf Familien. Die Jugendeinrichtung Jumpers dient als Anlaufpunkt und ein dunkler Durchgang soll in den kommenden Monaten von ansässigen Jugendlichen künstlerisch gestaltet werden.
Ein weiteres Problem: Feuer. Früher hat es in einzelnen Hochhäusern überdurchschnittlich oft gebrannt. Anfang Dezember musste die Feuerwehr an die Potsdamer Straße zu einem Kellerbrand ausrücken. Die Kriminalpolizei ermittelt wegen der Brandursache.
Grund für die sozialen Unruhen ist auch, dass der Vorbesitzer der Siedlung, ein Investor, für viel Ärger mit den Mietern gesorgt hat: Er hat die Wohnungen renoviert – dies aber teils handwerklich schlecht – und die Preise erhöht. Das führte zu Wegzug, Lehrstand und einer generellen Unzufriedenheit der Bewohner. Auch deshalb war der Start für die LEG in Hassels sehr schwierig. Hinweise auf Fehlverhalten einiger Mieter gehen immer wieder bei der LEG ein. „Denen müssen wir natürlich nachgehen, wenn wir sie ignorieren, würde das das Verhältnis der Menschen zu uns trüben“, so Thomas Klaus.
Gerade da liegt jedoch ein Problem, dass Mieter sowohl im Gespräch mit Uwe Warnecke als auch bei Dirk Angerhausen angesprochen haben: Die Erreichbarkeit der LEG, vor allem für Menschen, die nicht über Zugang zu digitalen Kanälen verfügen. „Viele Menschen würden sich einen regelmäßige Ansprechzeiten für Probleme in den Wohnungen und der Siedlung wünschen“, sagt Uwe Warnecke. Die LEG nennt als wichtigste Kanäle ihre Servicenummer und Mailadresse, außerdem gibt es ein Mieterportal und eine App. Thomas Klaus ist in der Siedlung unterwegs und ansprechbar, eine feste Sprechstunde gibt es jedoch bisher nicht.
Warnecke merkt auch an, dass die LEG in Zukunft wohl noch weiter wird in die Siedlung investieren müssen. „Es gibt beispielsweise öfter Probleme mit der teils nicht sauber durchgeführten Renovierung der Wohnungen durch den Vorbesitzer“, sagt der Grünen-politiker und Mietervertreter. Auch die alten Aufzüge seien öfter defekt. Dort bestehe in den kommenden Jahren Handlungsbedarf.
165 Maßnahmen hat die LEG nach eigenen Angaben seit 2017 bereits umgesetzt, vom Setzen von Pollern gegen Falschparker bis zu Kameraüberwachung in den Treppenhäusern. Leg-vorstand Wiegel gibt sich optimistisch. „Wir sehen hier große Fortschritte, auch wenn das in der Außenwahrnehmung bisher nicht so angekommen ist“, sagt er. Man müsse den Ist-zustand jedoch immer mit der Ausgangslage von 2017 vergleichen. „Abgeschlossen ist das Projekt Haselnuss-siedlung aber noch lange nicht – und wird es vermutlich auch nie vollständig sein.“