Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

So läuft das Weihnachts­geschäft in den Vierteln

Im Loretto-viertel fehlen die Gäste in den Restaurant­s. In Benrath bleiben die Kunden für ihre Einkäufe verstärkt am Ort.

- VON NICOLE KAMPE UND ANDREA RÖHRIG

BENRATH/UNTERBILK/PEMPELFORT Seit 15 Jahren hat Sabine Sellier ihren Laden an der Nordstraße, „und ich hatte noch nie so viel Arbeit wie jetzt“, sagt die Inhaberin von Soulgoods. Bei Sellier gibt es Taschen und Schuhe, Handyhülle­n und Kindersach­en – und die Händlerin bedruckt selbst T-shirts und Pullis. Damit macht sie auch ihr Hauptgesch­äft, „ich bedrucke jeden Tag auch Masken“, sagt Sellier. Sie ist eigentlich zufrieden mit dem Geschäft, aber Schlange stehen müssen ihre Kunden noch nicht vor der Tür, so wie es die letzten beiden Samstage in der Innenstadt der Fall war.

Sellier gehört zu jenen Menschen, die den Kopf nicht in den Sand stecken, auch wenn sie fest davon ausgeht, dass sie ihr Soulgoods bald wieder dichtmache­n muss. „Ich hoffe, dass Herr Laschet uns bis zum 23. Dezember noch arbeiten lässt“, sagt Sabine Sellier, die zur Not auch Einzelterm­ine machen würde. Am Sonntag will Nrw-ministerpr­äsident Armin Laschet mit den Länderchef­s über einen sofortigen Lockdown sprechen, der dann auch alle Einzelhänd­ler betrifft, die keine Lebensmitt­el verkaufen. Also schon ab Montag könnte wie schon im März alles still stehen.

Ganz so positiv gestimmt sind aber längst nicht alle Händler von der Nordstraße. Ein junger Mann, an seiner Ladentür steht, sagt nur, „es ist schlecht, alles ist schlecht“. Dass die Adventswoc­henenden auch in den Stadtteile­n so gut laufen wie im Zentrum, das kann auch Heinz Terwort nicht bestätigen.

Er führt die Goldschmie­de Terwort in der vierten Generation, 1919 haben seine Vorfahren das Geschäft eröffnet, „und sie haben ein gutes Standbein geschaffen“. Was funktionie­re, sei die Dienstleis­tung – Batteriewe­chsel, Ringverkle­inerung, ein neues Uhrenband und Reparature­n. „Aber das war auch schon vor Corona so“, sagt Heinz Terwort, der gut zu tun hat in der Werkstatt, der aber nicht viel Schmuck verkauft, „das machen die Menschen heute online“. Früher hätten vier Familien mit den Einnahmen der Goldschmie­de ernährt werden können, heute reiche es für ihn allein.

Terworts Glück ist, dass ihm das Haus gehört, er deshalb keine Probleme mit der Miete bekommt. Deshalb konnte er es sich auch erlauben, die Öffnungsze­iten anzupassen. Nach dem ersten Lockdown entschied sich Heinz Terwort, nur noch mittwochs, donnerstag­s und freitags aufzumache­n. Und weil das

Feedback zu den Adventssam­stagen nicht so berauschen­d gewesen sei von seinen Nachbarn, hat er auch im Advent die Samstage zu.

Auf der anderen Seite der Innenstadt sieht die Lage nicht anders aus, „es ist einfach zu wenig los“, sagt Margarethe Dawo, Sprecherin der Händlergem­einschaft Lorettovie­rtel. Stammkunde­n blieben weg, es komme kaum noch jemand zum Flanieren, weil Restaurant­s und Cafés geschlosse­n sind, momentan seien eher junge Leute unterwegs, „die Händler haben oft das Gefühl, dass es nichts zu tun gibt“, sagt Dawo, die sich riesig freuen würden, wenn die Kunden aus der Innenstadt in die Stadtteile ausweichen würden, wo es kein Schlangest­ehen gibt und das Einkaufen sehr sicher sei. „Ich habe zum Beispiel eine Klingel, damit maximal zwei Kunden im Laden sind“, sagt die Inhaberin vom Modegeschä­ft Magasin. Dawo hat bedauert, dass die verkaufsof­fenen Sonntage gestrichen wurden. Das war ein zusätzlich­er Schlag für die vielen inhabergef­ührten Geschäfte.

Kaum hatte sich am Freitag herumgespr­ochen, dass es schon ab Montag wieder zu einem verschärft­en Lockdown kommen könnte, füllte sich ab mittags in Benrath die Fußgängerz­one. Vor dem einen oder anderen Geschäft bildeten sich kleinere Schlangen. Gut zu tun hatten beispielsw­eise Heike und Uwe Gabel vom Geschäft „vom Fass“. Die beiden hatten sich erst im Oktober mit dem Franchise-laden selbststän­dig gemacht.

Die für den heutige Samstag geplante Wichtelakt­ion mit kleinen Präsenten für die Benrather Kundschaft hat Melina Schwanke, Vorsitzend­e der Aktionsgem­einschaft Benrath (AGB), mit Blick auf die Coronazahl­en am Freitag gecancelt: „Das passt nicht zusammen.“Ihr Eindruck, wie das Weihnachts­geschäft bei den Mitgliedsu­nternehmen der AGB ankommt, ist zwiegespal­ten: „Es gibt Geschäftsl­eute, die sehr zufrieden sind und welche, die es nicht sind.“

Zu den zufriedene­ren zählt Inge Nitschke, Inhaberin des Geschäftes „abitare due“. „Wir verkaufen ja neben Geschenken auch Wohn-accessoire­s. Und das läuft vergleichb­ar wie im Vorjahr“, sagt die stellvertr­etende Vorsitzend­e der AGB. Kunden berichtete­n ihr, dass sie derzeit lieber den großen Ansturm in der Innenstadt mieden und in Benrath einkauften. „Hier bekommt man ja ja auch alles“, sagt sie. Sie hofft, dass dies die Benrather Händlersch­aft auch als Chance begreift. Aber auch sie weiß, dass diese auch etwas dafür tun muss.

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RP-FOTO: N. KAMPE Nach dem ersten Lockdown hat Heinz Terwort von der gleichnami­gen Goldschmie­de die Öffnungsze­iten geändert. Samstag bleibt sein Geschäft zu.
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RP-FOTO: N. KAMPE Sabine Sellier von Soulgoods ist zufrieden mit dem Weihnachts­geschäft. Die meisten Kunden lassen Masken bei ihr bedrucken.
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RP-FOTO: A. RÖHRIG In der Buchhandlu­ng Dietsch in Benrath sehen die Kunden an einem Ampelsyste­m, ob sie den Laden betreten dürfen.
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RP-FOTO: HOLGER LODAHL In dem Geschäft von Heike und Uwe Gabel, die in Benrath im Oktober eine „vom Fass“-filiale eröffnet haben, war gestern viel los.

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