Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Was wir unserer Stadt schuldig sind
Was sind Christen unserer Stadt schuldig? Düsseldorfer – so vermute ich aus der Erfahrung vieler Gespräche – würden Diakonie und Caritas, Seelsorge, Werteorientierung, auch Gemeinschaft nennen. Martin Luthers Antwort, Predigt und Gebet, vermute ich, kämen eher selten vor.
Dabei ist es die biblische Botschaft und die Praxis des Gebetes, die zu den anderen genannten Ausdrucksweisen unseres Gottvertrauens führen. Wir freuen uns auf das Fest der Geburt Jesu. Die
Weihnachtsgeschichten zu Beginn des Lukasevangeliums und des Matthäusevangeliums sind uns im Gedächtnis. Mit ihnen beginnt das Staunen über die Menschenfreundlichkeit Gottes.
Er vertraut seinen Sohn einer unvollkommenen Welt an, kommt in zerbrechlicher, menschlicher Gestalt zur Welt. Gott vertraut uns das Kind an und stiftet eine vertrauensvolle Beziehung zu seinen Menschenkindern. An vielen Stellen der Bibel wird es in unterschiedlicher Färbung deutlich: Gott sucht die Beziehung, er geht in die Verantwortung.
Eine lebendige Beziehung lebt von Gespräch und Auseinandersetzung. Die Beziehung zu Gott pflegen wir auch im Gebet. Bete ich, erkenne ich an, dass ich ein Mensch bin. Im Gebet bringen wir Klage und Dank zum Ausdruck und üben uns in der Gegenwart Gottes in der Kunst des Wünschens. Was ich von Gott im Gebet erbitte, das sollte im Rahmen des Gebotenen sein.
Der Theologe und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer hat den Zusammenhang von Gebet und christlicher Lebensführung so gefasst: „Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Schicksal ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.“
Aus Bibel und Gebet erwächst christliche Humanität: erhobenen Hauptes menschlich leben – hilfsbedürftig und hilfsbereit, zerbrechlich und kraftvoll, schwach und segensreich, vertrauensvoll und mutig. So der Wochenspruch für diese Adventswoche: „Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“(Lukas 21,28b)
Das sind wir als Christinnen und Christen unserer Stadt schuldig. Superintendent Heinrich Fucks