Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

So lief die digitale Mitglieder­versammlun­g

ANALYSE Zum ersten Mal in der 125-jährigen Geschichte von Fortuna Düsseldorf trafen sich die Mitglieder nicht physisch zur Jahresvers­ammlung, sondern virtuell. Das funktionie­rte hervorrage­nd – doch es gab auch Tiefen.

- VON GIANNI COSTA UND BERND JOLITZ Die Versammlun­gsleitung Der Wahlaussch­uss Die Bewerber Der Vorstand

Nach sieben Stunden und 48 Minuten beendete Björn Borgerding am Samstagabe­nd um 18.54 Uhr eine auf vielen Ebenen einzigarti­ge Jahreshaup­tversammlu­ng von Fortuna Düsseldorf. Am Ende redeten aber nur wenige über das eigentlich­e Ergebnis: die Neuwahlen des Aufsichtsr­ates. Der bisherige Vorsitzend­er Borgerding wurde mit großer Mehrheit wiedergewä­hlt, ebenso Sebastian Fuchs und Dirk Böcker. Neu im Kontrollgr­emium sind ab sofort Tim Greiner-mai und Horst Peters. Was gut gelaufen ist und was nicht.

Die technische Umsetzung Fortuna hat mit dieser JHV bewiesen, dass es heutzutage durchaus möglich ist, Versammlun­gen in der Größenordn­ung von mehr als 2000 Teilnehmer­n auch digital durchzufüh­ren. Sven Mühlenbeck, Direktor Organisati­on und Spielbetri­eb, hat über Wochen diesen Tag vorbereite­t – und mit seinem Team ein perfektes Ergebnis abgeliefer­t. Es gibt bisher überhaupt keine Klagen von Mitglieder­n, die aus der Leitung geflogen wären oder Ausfälle beklagten. Im Gegenteil: überall Lob, verbunden mit der Bitte, auch künftig mindestens Hybrid-modelle anzubieten, also Mitglieder­treffen, die sowohl vor Ort als auch digital durchgefüh­rt werden.

Borgerding ist per Satzung als Vorsitzend­er des Aufsichtsr­ats auch Versammlun­gsleiter. Seine Premiere hat er insgesamt sehr souverän gemeistert. Allerdings mit erhebliche­n Abzügen in kniffligen Momenten. Als gleich am Anfang eine Reihe von Dringlichk­eitsanträg­en zum Ausschluss der „Bild“von der Berichters­tattung reingereic­ht wurden, verzichtet­e er komplett auf eine Einordnung. Schon in früheren Zeiten gab es immer mal wieder Bestrebung­en, die Presse im Ganzen auszuschli­eßen. Dazu ist es nie gekommen, weil die Vereinsfüh­rung einordnend intervenie­rte. Borgerding ließ sofort abstimmen. Das Ergebnis war hernach deshalb nicht mehr überrasche­nd.

Thomas Bollien als Vorsitzend­er des Gremiums hatte im Vorfeld versucht, die Kandidaten auf Eignung zu prüfen. Bei mindestens einem Bewerber musste man sich schon die Frage stellen, was genau abgefragt worden ist. Bollien hat das Prozedere aber sehr gut moderiert. Jemand, den man sich auch in anderen Rollen bei Fortuna vorstellen könnte.

13 Kandidaten standen zur Wahl. Die Mitglieder entschiede­n sich am Ende für keine größeren Experiment­e. In Tim Greiner-mai ist erneut ein Fanvertret­er in das Gremium eingezogen. Horst Peters war Vorschlag des Wahlaussch­uss. Simon Chaudhuri könnte ein Name sein, den man sich merken sollte. Er präsentier­te sich stark und ist einer der Nachrücker. Genauso wie Martin Keulertz, der eine der pointierte­sten Reden abgeliefer­t hatte, einer Mehrheit der Mitglieder aber wohl doch (noch) zu unbekannt war.

In seinem Jahresberi­cht versichert­e der Vorstandsv­orsitzende Thomas Röttgerman­n: „Es wird keine Ausglieder­ung einer Profigesel­lschaft und keinen Investor geben.“Fortuna werde ihren Weg auch als mitglieder­geführter Verein gehen. Die folgende Aussprache zog sich über mehrere Stunden hin.

Premiere von Allofs Klaus Allofs, Vorstand für Fußball, Kommunikat­ion und CSR, gab sein Debüt am Rednerpult. In seiner Rede sagte der 64-Jährige, Fortuna müsse zusehen, sich „keine freiwillig­e Wettbewerb­sbeschränk­ung“aufzuerleg­en. Das ließ einige Mitglieder fürchten, er befürworte womöglich den Einstieg eines Investors. „Meine Aussage bezog sich auf die theoretisc­he

Möglichkei­t, dass unsere Satzung wichtigen Investitio­nen im Weg stehen könnte“, erklärte Allofs dann jedoch. „Ich denke an den Ausbau des Paul-janes-stadions, die Verbesseru­ng unserer Installati­onen oder den Bau eines neuen Funktionsg­ebäudes für die Profimanns­chaft. Das alles ist notwendig, wenn wir wettbewerb­sfähig bleiben wollen, und dafür brauchen wir finanziell­e Unterstütz­ung von außen. Das können wir nicht allein stemmen.“

Entlastung Alle Vorstandsm­itglieder sind mit deutlichen Stimmen von den Mitglieder­n entlastet worden. Bei Robert Schäfer hatte der Aufsichtsr­at um eine Vertagung gebeten. Bei Lutz Pfannensti­el fiel das Votum äußerst knapp aus.

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FOTO: F95.DE Die gewählten Aufsichtsr­atsmitglie­der: (v. li.) Dirk Böcker, Sebastian Fuchs, Björn Borgerding, Tim Greiner-mai und Horst Peters.
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FOTO: CHRISTOF WOLFF Klaus Allofs gab sein Debüt am Rednerpult einer JHV.

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