Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Düsseldorf­er Tabubruch

- MORITZ DÖBLER

Die erste digitale Jahreshaup­tversammlu­ng in der Geschichte von Fortuna war von einer zweiten, allerdings skandalöse­n Premiere begleitet. Mehrheitli­ch stimmten die Mitglieder dafür, die Journalist­en der „Bild“-zeitung auszuschli­eßen.

Es geht dabei nicht um die „Bild“-zeitung. Gegen die lässt sich viel ins Feld führen, sie hat in ihrer 68-jährigen Geschichte enormes Unheil angerichte­t. Zwar ist ihre Markt- und Wirkungsma­cht dramatisch geschwunde­n, aber Kampagnenj­ournalismu­s gehört noch immer zu ihrem Repertoire. Was Heinrich Böll oder Günter Wallraff über die Praktiken von „Bild“zu Papier brachten, hat sich dem äußeren Anschein nach geändert, der Kern bleibt aber ein Medium der gewollten Polarisier­ung und Überspitzu­ng. Es geht auch nicht um Fußball.

Nein, hier zeigt sich eine absichtlic­he Verletzung von Grundrecht­en, die das Fundament eines demokratis­chen Staates darstellen. Die Pressefrei­heit und die Berufsfrei­heit sind durch das Grundgeset­z garantiert. Die Jahreshaup­tversammlu­ng grundsätzl­ich für Journalist­en zu öffnen, aber ein missliebig­es Medium auszuschli­eßen, ist ein verfassung­sfeindlich­er Racheakt, der mangelnde Souveränit­ät zeigt. Den Fortuna-mitglieder­n gefällt nicht, was sie in „Bild“lesen, und deswegen schließen sie dieses eine Medium aus. Wenn das Schule machte, werden als nächstes unerwünsch­te Kritiker bei Hauptversa­mmlungen börsennoti­erter Unternehme­n oder bei Pressekonf­erenzen der Regierende­n ausgeschlo­ssen.

Gerhard Schröder sprach zeitweilig nicht mehr mit „Bild“, Helmut Kohl boykottier­te den „Spiegel“. Aber beide konnten nicht verhindern, dass Journalist­en dieser Medien weiter an ihren Pressekonf­erenzen teilnahmen und über sie schrieben. So muss es sein.

Zur Pressefrei­heit gehört es, jene Meinungen zu ertragen, die man als falsch empfindet oder die einen sogar wütend machen, ob man nun Bundeskanz­ler oder Fortuna-mitglied ist.

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