Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

„Das Vertrauen in die Bistumslei­tung ist weg“

Pfarrer Oliver Boss sprach mit Gläubigen über den mutmaßlich­en Kindesmiss­brauch durch Pfarrer O.

- VON RALPH KOHKEMPER

VENNHAUSEN Der entsetzlic­he Stachel sitzt tief, die Gemeinde rund um St. Katharina im Düsseldorf­er Osten ist schockiert, denn dem ehemaligen Pfarrer O. wird schwerer Kindesmiss­brauch vorgeworfe­n. Hinzu kommt: Der heutige Kardinal Rainer Maria Woelki soll 2015 den Fall aus den 1970er Jahren nicht nach Rom weiter gemeldet haben, obwohl dies seinerzeit bereits vorgeschri­eben war. Pfarrer O. war damals schon schwer, unter anderem an dementiell­en Symptomen erkrankt, er starb 2017. Die Gläubigen in Vennhausen, wo Pfarrer O. über viele Jahre tätig war, sind an Aufklärung interessie­rt und bekunden Mitgefühl mit dem Opfer. Als Pfarrer Oliver Boss, der die Gemeinde heute leitet, vor Beginn der Heiligen Messe am Sonntag nach vorne tritt, um eine Stellungna­hme vorzulesen, ist die Pfarrkirch­e St. Katharina so voll wie sie es unter den Corona-auflagen überhaupt sein darf, sogar die Kapelle im Seitenschi­ff ist nahezu komplett besetzt. Boss spricht von einem „besonderen Sonntag“. Es sei über ihn regelrecht hereingebr­ochen. Er fühle mit dem Opfer und empfinde tiefe Scham. Anderersei­ts gelte auch für Pfarrer O. die Unschuldsv­ermutung. Und in eigener Sache fügte Boss hinzu, mit ihm sei über derartige Vorwürfe grundsätzl­ich nicht gesprochen worden, als er als Sekretär unter Woelkis Vorgänger Kardinal Joachim Meisner tätig gewesen war.

Boss erklärt, er hätte an dieser Stelle gerne eine Mitteilung des Bistums an die Gemeinde verlesen. Er habe darum im VorPfarrer feld gebeten, Oliver aber diesem Boss Ansinnen sei nicht entsproche­n worden. Das bedauere er und es enttäusche ihn. Rund ein Dutzend Christen sprechen nach der Messe mit Boss. Eine Gläubige erklärt, sie habe mit O. nur gute Erfahrunge­n gemacht, als Lehrer im Religionsu­nterricht bis hin zu ihrer Trauung. Auch eine andere Kirchgänge­rin spricht von einem „vertrauens­vollen Umgang“. „Frust“empfinde sie aber darüber, dass die Vorwürfe so lange nicht bekannt waren. „Wo waren die Verantwort­lichen?“, sagt eine Gläubige. Eine andere erklärt: „Das Vertrauen ist weg.“Zumindest das in die Bistumslei­tung. Ausdrückli­ch gelobt wird indes das Ansinnen von Pfarrer Boss, mit der Gemeinde ins Gespräch zu kommen.

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F.: A. BRETZ

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