Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Ein Spiel elektrisie­rt die Massen

Das Computersp­iel „Cyberpunk 2077“ist gerade auf den Markt gekommen. In sozialen Netzwerken und auf Videoplatt­formen ist es seitdem das einzige Thema. Die Erklärung eines Phänomens.

- VON LUDWIG JOVANOVIC

DÜSSELDORF Es hat keine zwei Tage gedauert, da war das polnische Studio CD Projekt Red nach der Veröffentl­ichung seines Spiels „Cyberpunk 2077“bereits in den schwarzen Zahlen. Mit mehr als acht Millionen Vorbestell­ungen habe man mehr Geld eingenomme­n, als für Entwicklun­g und Marketing ausgegeben worden sei. Und da sind die Verkäufe in den vergangene­n Tagen noch nicht mitgezählt. Wie kann ein Spiel so viele Menschen weltweit fasziniere­n?

Neues Thema

Das Thema ist anders als beispielsw­eise Fantasy-welten mit Magiern und Drachen unverbrauc­ht. Der namensgebe­nde Begriff „Cyberpunk“entstand Anfang der 1980er, um ein neues Genre der Science-fiction-literatur mit Autoren wie William Gibson zu beschreibe­n. Dabei geht es um pessimisti­sche Zukunftsvi­sionen: Globale Umweltkata­strophen und der Klimawande­l haben Regierunge­n zusammenbr­echen lassen. Großkonzer­ne haben die Macht übernommen. Gentechnis­che Veränderun­gen oder Hightech-implantate erweitern die Möglichkei­ten des Menschen, aber sie haben ihren Preis und verändern Gesellscha­ft oder Kultur.

Einflüsse des Genres finden sich in vielen Spielen oder Filmen wie der Matrix-reihe. Als Hauptthema taucht „Cyberpunk“aufgrund seiner Komplexitä­t aber nicht so häufig auf und ist unverbrauc­ht. Da setzt der Titel von CD Projekt Red an: Der Spieler stößt in der fiktiven Millionen-stadt „Night City“auf ein gefährlich­es Geheimnis.

Der Entwickler

CD Projekt Red entstand um 1994: Marcin Iwinski und Michal Kicinski importiert­en Spiele nach Polen und verkauften sie auf CDS. So entstand der Name und bald auch der Wunsch, selbst Titel zu produziere­n. Als Fans der Fantasy-geschichte­n von Andrzej Sapkowski um den Monsterjäg­er Geralt wollten sie vor allem etwas dazu machen: 2007 erschien dann das Rollenspie­l „The Witcher“(Der Hexer), in dem man in die Rolle Geralts schlüpfen konnte. Es verkaufte sich im ersten Jahr eine Million Mal. Und der anfänglich­e Geheimtipp scharte mit seiner tiefgründi­gen Geschichte eine wachsende Fangemeind­e um sich. Als es dann Kritik an der schlechten deutschen Version gab, ließ CD Projekt Red das Spiel neu synchronis­ieren und bot das Sprachpake­t kostenfrei an. Unter anderem das begründete den Ruf des Studios, Spieler mit Respekt zu behandeln.

Das zahlte sich aus: Der dritte Teil der Reihe, der 2015 herauskam, hat sich bislang 30 Millionen Mal verkauft. Die mittelalte­rliche Welt, die tiefgründi­gen Geschichte­n, die komplexen Charaktere haben den Titel zum Erfolg geführt. Trotz vieler Grafikfehl­er, die aber wie versproche­n mit der Zeit ausgebügel­t worden sind. Und: Gegen den Trend in der Industrie lehnt das polnische Studio es ab, für kleinere kosmetisch­e Anpassunge­n zusätzlich­es Geld zu verlangen. Solche sogenannte­n „Mikro-transaktio­nen“sind bei Spielern unbeliebt. Aber bei vielen anderen Anbietern gehören sie zum Standard. Das polnische Studio indes verkündete immer wieder: Wer den vollen Preis bezahle, solle auch ein vollständi­ges Spiel erhalten – und nicht nachträgli­ch für Kleinigkei­ten zur Kasse gebeten werden. Gerade dadurch hat man sich den Respekt der Spieler weltweit verdient. Voller großer Erwartung und Vertrauen haben darum viele das jüngste Spiel vorbestell­t.

Das Marketing

Nachdem „Cyberpunk 2077“im Jahr Mai 2012 zum ersten Mal angekündig­t worden war, hielt sich CD Projekt Red sehr bedeckt. Damit wuchs die Neugier. Vor allem nach dem Erscheinen des gefeierten dritten Witcher-teils. Der begeistert­e Spieler weltweit dermaßen, dass man kaum den nächsten Titel des

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