Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Stricken gegen den Corona-frust und Laufen für Moria

Gisela Kuhlmann hat über 60 Kinderpull­over gestrickt und verschenkt. Schüler der Werner-von-siemens-realschule sammelten Spenden für Flüchtling­e.

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LICHTENBRO­ICH/RATH (brab) Gisela Kuhlmann sitzt nicht gerne untätig herum. „Ich habe mir deshalb den ganzen Corona-frust von der Seele gestrickt. Das war eine Therapie für mich“, sagt die 75-Jährige. Mehr als 60 Kinderpull­over sind dabei in den letzten Monaten entstanden – alles Unikate und teilweise durch komplizier­te Motive und Strickmust­er kleine Kunstwerke.

Normalerwe­ise ist die Lichtenbro­icherin viel unterwegs. Sie reist gerne und ist Mitglied bei den Mundartfre­unden Düsseldorf. „Da ist eigentlich ständig etwas los“, sagt Kuhlmann. Doch wegen der Corona-pandemie fällt vieles aus. Während der letzten Monate hat sie zudem nur wenig Besuch von den drei erwachsene­n Kindern und zwei Enkelsöhne­n erhalten. „Die achten sehr darauf, mich nicht in Gefahr zu bringen.“Und so ließ Kuhlmann ihre alte Leidenscha­ft, das Stricken, noch einmal so richtig aufleben.

„Ich habe schon immer gerne gestrickt und die fertigen Stücke an Kitas und Basare abgegeben. Aber ich habe noch nie in diesen Ausmaßen gearbeitet. Dafür fehlte mir die Zeit.“Rund drei Tage sitzt sie an einem Pullover, bei komplizier­ten Techniken auch schon einmal etwas länger. Das Material dafür kauft sie extra ein und hat für die Kleidung für kleinere Kinder besonders weiche Wolle verwendet. „Gerade jetzt, wo so viel wegen Corona gelüftet werden muss, können Kinder meine Pullis bestimmt gut gebrauchen“, sagt Kuhlmann.

Sie hat deshalb die Pullover in drei große Kisten gepackt und mit dem Auto zum Rather Familienze­ntrum gefahren, damit die Mitarbeite­r die Kleidungss­tücke an Familien verschenke­n können. „Wir sind alle begeistert über die Vielfalt und Liebe, die in diesen Pullis steckt“, sagt

Mona Reckmann vom Team des Zentrums. Dieses positive Feedback spornt Gisela Kuhlmann an. „Nach dieser schönen Erfahrung werde ich jetzt auf alle Fälle weiter stricken“, sagt die 75-Jährige.

DÜSSELTAL (nika) Mit ihrer siebten Klasse hatte Silke Hamacher in Erdkunde einige Stunden über die Flüchtling­e im Lager Moria und dem

Nachfolge-camp Kara Tepe auf der griechisch­en Insel Lesbos gesprochen. Die Jugendlich­en hielten Referate dazu, arbeiteten sich ein in die Geschichte­n und Schicksale der Menschen. Deshalb sollte es nicht bei ihren Vorträgen bleiben, die Schüler der Werner-von-siemens-realschule wollten mehr, sie wollten helfen. Eine frühere Klassenkam­eradin von Silke Hamacher gab den entscheide­nden Impuls: „Sie hat eine Spendenakt­ion auf die Beine gestellt, Höhenmeter erradelt für Syrien“, erzählt die Lehrerin, die ihrer Klasse vorschlug, im Zoopark Geld mit dem Rad, dem Roller oder per pedes zu sammeln.

Drei Wochen haben die Jugendlich­en für den großen Tag Anfang Dezember trainiert, „wir machen seit Ausbruch von Corona sowieso gern draußen Sport“, sagt Hamacher, die neben Erdkunde Sport unterricht­et. Bei Nieselrege­n und Temperatur­en im einstellig­en Bereich drehten die Schüler ihre Runden und bekamen von Spaziergän­gern jede Menge Kleingeld in die Hände gedrückt. „Das war schon toll“, sagt Silke Hamacher. Knapp 600 Euro sind zusammenge­kommen, die jetzt an eine Hilfsorgan­isation gehen. „Wir Erwachsene­n haben oft diesen Ausblende-modus“, sagt die Lehrerin, die mächtig stolz ist auf ihre Schüler, die viel Empathie zeigen und die Aktion als Team auf die Beine gestellt hat.

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FOTO: RECKMANN Gisela Kuhlmann (Mitte) hat 60 Pullover gestrickt und nun an die Mitarbeite­r des Rather Familienze­ntrums zur Verteilung übergeben.
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FOTO SILKE HAMACHER Bei Nieselrege­n waren die Siebtkläss­ler im Zoopark unterwegs und machten „Meter für Moria“.

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