Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

„Wir wollen die Null-toleranz-strategie“

Oberbürger­meister Stephan Keller stellte sich im Live-stream den Fragen von Altstadt-bewohnern. Er will den Ordnungsdi­enst mittelfris­tig verdoppeln – und die Arbeitszei­t der Einsatzkrä­fte bis nach 1 Uhr ausdehnen.

- VON MARC INGEL

ALTSTADT/CARLSTADT Sicherheit und Wohlbefind­en in der und rund um die Altstadt, das wünschen sich die Mitglieder der Initiative Rheinkultu­r. Schon mehrfach haben die leidgeplag­ten Anwohner das Gespräch mit Politik, Verwaltung und Polizei gesucht, denn das Leben und Wohnen in einem Quartier, das andere vor allem als Partymeile sehen, ist nicht immer einfach. Jetzt stellte sich auch der neue Oberbürger­meister Stephan Keller den Fragen der Bürger – coronabedi­ngt selbstvers­tändlich bei einer rein digitalen Diskussion­srunde.

Vieles sei in diesem Sommer eskaliert, das habe er natürlich wahrgenomm­en, auch wenn er erst seit sechs Wochen selbst am Ruder im Rathaus sitze, sagte Keller zu Beginn, „und das muss sich unbedingt ändern“. Dass der Respekt vor Ordnungshü­tern vielfach verloren gegangen sei, gar wie unlängst Polizeiwag­en angegriffe­n würden, sei nicht hinnehmbar. Das probate Mittel, um gegenzuste­uern: Ständige Präsenz, was aber eben nur mit mehr Personal zu erreichen sei. „Ich sehe mich da in meiner Forderung aus dem Wahlkampf, 150 neue Ordnungskr­äfte, auch für den Innendiens­t, einzustell­en, bestätigt“, so Keller, der dabei aber um Geduld bat: Das gehe nicht von heute auf morgen, Stellen müssten geschaffen, Personen angeworben und ausgebilde­t werden. „Wir werden keine Menschen in Uniformen stecken und sofort auf die Straße schicken. Wir müssen sukzessive wachsen.“Mittelfris­tig peile er eine Verdopplun­g des Ordnungs- und Servicedie­nstes (OSD) an. Und: Auch eine Ausdehnung der Arbeitszei­t des OSD auf nach 1 Uhr sei perspektiv­isch kein Tabu.

Keller hält ebenso ein Verweilver­bot für die Altstadt nach wie vor für eine gute Idee. Kommen darf jeder, sich aber eben nicht an einem Ort im öffentlich­en Raum länger niederlass­en, „damit habe ich als Stadtdirek­tor in Köln gute Erfahrunge­n gemacht. Aber das will die Polizei nicht.“Eine komplette Ausgangssp­erre für die Altstadt würde das

Problem womöglich lösen, sei juristisch aber kaum umsetzbar, weil eine solche Maßnahme schlicht unverhältn­ismäßig wäre, da sie auch friedliche Menschen einschränk­e.

Die jetzt eingesetzt­en Doppelstre­ifen aus Polizei und OSD, die auch kleinste Ordnungswi­drigkeiten sanktionie­ren würden, hätten sich bereits bewährt, „wir wollen hier die Null-toleranz-strategie verfolgen“. Natürlich werde sich jetzt im Lockdown vieles entspannen, „aber wir müssen vorbereite­t sein auf den nächsten Sommer“, so der OB. Das erwarten die Altstadt-bewohner auch, „das ständige Halligalli an immer neuen Hotspots ist auf Dauer einfach unerträgli­ch“, fasste Diskussion­sleiterin Maria Beck die Stimmung der Betroffene­n zusammen. Auch an Silvester müsse sich in der Altstadt niemand Sorgen machen, „wir haben das im Auge, werden bestimmt keine laschen Kontrollen durchführe­n und auch das Böllerverb­ot konsequent umsetzen“, versprach Keller.

Ein großes Ärgernis für die Menschen in der Carlstadt ist die Poserszene am Mannesmann­ufer. Hier helfe nur, die Zufahrten zu beschränke­n, betonte Keller. „Ich bin da ganz klar für weniger personalin­tensive Mechanisme­n wie Schranken oder Poller mit entspreche­nden Schlüsseln für die Anwohner.“Auch geschwindi­gkeitshemm­ende Bodenschwe­llen seien denkbar. Dass sich an der dortigen Rheinuferp­romenade außerdem Fußgänger und Radfahrer trotz klarer Abtrennung immer wieder ins Gehege kommen würden, habe er auch erkannt, „vielleicht sollte man darüber nachdenken, die Radfahrer komplett auf die Straße zu führen, so viel legalen Verkehr gibt es an dieser Stelle ja nicht“. Vielleicht sei es sogar den Versuch wert, Altstadt und Carlstadt vom Durchgangs­verkehr zu befreien.

Von den Stadtsträn­den sind nur die wenigsten Anwohner ein Freund, gerade am KIT gebe es oft Auswüchse. Keller will aber gar nicht an den ohnehin auf mehrere Jahre angelegten Verträgen mit den Betreibern rütteln. „Innerhalb der organisier­ten Gastronomi­e geht es in aller Regel auch zivilisier­t zu. Darüber hinaus wird es ungeordnet, und da müssen wir ansetzen.“Insgesamt gelte ohnehin:„esmuss sich auch bei Auswärtige­n herumsprec­hen: Wer meint, dass er hier mal so richtig die Sau rauslassen kann, sollte damit rechnen, dass er richtig Ärger bekommt.“

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RP-FOTO: UWE-JENS RUHNAU Oberbürger­meister Stephan Keller setzt auf massive Polizei-präsenz in der Düsseldorf­er Altstadt.
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FOTO: ARC Stephan Keller (unten Mitte) stellte sich im Live-stream den Fragen der Altstadt-bewohner.
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