Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Warum Borgerding sprechen sollte
KOMMENTAR Nach der Wahl zum neuen Aufsichtsrat hat sich Björn Borgerding ein Schweigegelübde auferlegt. Anfragen beantwortet er zur Zeit nicht. So weiß man nicht einmal, wann der neue Vorsitzende des Kontrollgremiums bestimmt werden soll.
So ganz spurlos ist die erste digitale Mitgliederversammlung des Vereins offenbar an dem einen und anderen nicht vorbeigegangen. Björn Borgerding macht den Jogi. Der amtierende Aufsichtsratsvorsitzende ist nach der JHV abgetaucht. Also zumindest, was seine mediale Erscheinung angeht. Fragen will er derzeit nicht beantworten. Wie es Bundestrainer Joachim Löw beim DFB in steter Regelmäßigkeit vormacht. Es sei alles gesagt worden. Wirklich?
Es gehörte bisher immer zum guten Ton, dass sich die jeweiligen Vorsitzenden des Kontrollgremiums nach derartigen Versammlungen gestellt haben. Obwohl die unterschiedlichen Würdenträger in der 125-jährigen Geschichte des Vereins die Medienarbeit ganz verschieden ausgelegt.
Reinhold Ernst zum Beispiel interpretierte seine Rolle als Wächter eher extrovertierter. Joachim Erwin hielt sich ebenfalls nur selten im Hintergrund. Man kann es als wohltuend empfinden, dass Björn Borgerding sich weitestgehend aus der Öffentlichkeit raushält – und dafür umso sicherer die Fäden in der Hand hält.
Nun geht es hier aber nicht um persönliche Eitelkeiten, sondern um die Frage, ob nicht der Aufsichtsratsvorsitzende des sportlichen Aushängeschilds der Landeshauptstadt nicht Presseanfragen doch in einem angemessenen Umfang beantworten sollte. Am Dienstagmittag hat unsere Redaktion einen Fragenkatalog an die Presseabteilung von Fortuna verschickt mit Adressat Borgerding. Vorausgegangen war die Absprache, er werde für ein offizielles Gespräch bereit sein.
Wie gesagt, dieses Ansinnen war nicht besonders revolutionär und ganz bestimmt nicht nur der Tatsache geschuldet, dass die JHV wegen des Ausschlusses der „Bild“durch die Vereinsmitglieder bundesweit im Blickpunkt stand. „Zu welchem Zeitpunkt hatten Sie erstmals Kenntnis davon, dass ein solcher Antrag eingehen würde?“, war eine Frage. Zwei andere: „Wann wird es die nächste Ar-sitzung geben? Werden Sie sich zur Wiederwahl stellen und Sebastian Fuchs erneut als Stellvertreter kandidieren?“
Björn Borgerding ließ ausrichten, er wolle sich derzeit nicht äußern. Es sei alles gesagt worden. Er wolle erst nach der konstituierenden Sitzung des Aufsichtsrats ein Interview geben. Das Problem: Niemand weiß, wann es diese Sitzung geben wird. Man kann nun schnell dem Reflex verfallen und sagen, richtig so, einer, der es den Medien mal zeigt. Dabei unterschlägt man aber großzügig, dass es um Dinge geht, die im Vereinssinne vom allgemeinen Interesse sind.
Tatsächlich steckt natürlich eine Portion Taktik dahinter. Borgerding will möglichst kein neues Öl ins Feuer gießen. Das ist auf der einen Seite verständlich. Dafür opfert er aber auch die Chance, das Gute in den Vordergrund zu schieben. Zum Beispiel die herausragende Leistung von Sven Mühlenbeck als verantwortlicher Organisator der digitalen JHV. Viele andere Fußballklubs und selbst Parteien haben bei Fortuna angeklopft und sich darüber informiert, wie es gelaufen ist – und wie man selbst Elemente davon für sich umsetzen kann.
Fortuna ist mehr, als sich auf einen einzigen Beschluss reduzieren zu lassen. Welche Fragen man allerdings gestellt bekommt, darauf hat man eben keinen Einfluss – in guten wie in schlechten Zeiten. Das Gesprächsangebot besteht jedenfalls weiterhin.