Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Lösung für Bahnhof in Hellerhof

- VON DOMINIK SCHNEIDER

Die Bahnstatio­n soll umgebaut werden. Bevor die Arbeiten starten, müssen die Tauben weg. Der Tierschutz­verein setzt auf ein Taubenhaus.

HELLERHOF/GARATH

Tauben sind im Straßenbil­d aller großen Städte allgegenwä­rtig, und über die Tiere gehen die Meinungen oft auseinande­r. Viele Bürger, auch in Düsseldorf, ärgern sich über die „Ratten der Lüfte“und den von ihnen hinterlass­enen Dreck, andere haben Mitleid mit den Vögeln, die bei der Nahrungssu­che oft auf menschlich­e Abfälle angewiesen sind. Die Stadttaube stammt vermutlich von verwildert­en Haustauben ab, die als Brief- oder Renntauben sowie zum Verzehr gezüchtet wurden – sie sind daher genetisch auf eine hohe Vermehrung­srate programmie­rt. Die Stadt Düsseldorf versucht, die Zahl der Stadttaube­n in Grenzen zu halten, aktzeptier­t ihre Präsenz im öffentlich­en Raum jedoch weitgehend.

Zumindest solange, bis die Tiere – und vor allem ihre Hinterlass­enschaften – anderen Projekten im Wege stehen, wie es aktuell in Hellerhof der Fall ist. Dort soll, so der Wille der zuständige­n Bezirksver­tretung 10, der Stadtverwa­ltung, des Bürgervere­ins und der Deutschen Bahn, der dortige S-bahnhof umfassend saniert und verschöner­t werden. „Die Stadt hat sich für eine große Lösung entschiede­n“, sagt Uwe Sandt, Leiter der zuständige­n Bezirksver­waltungsst­elle, der in die Planungen involviert ist. Unter anderem soll die städtische Kunstkommi­ssion für eine Gestaltung eingebunde­n werden, auch die Unterführu­ng unter der Schnellstr­aße wird verschöner­t. „Zwingend erforderli­che Voraussetz­ung ist jedoch, dass bis dahin das Taubenprob­lem im Griff ist“, sagt Sandt. Denn es ergebe keinen Sinn, für viel Geld eine Aufwertung zu realisiere­n, wenn sie innerhalb weniger Wochen mit Taubenkot verschmutz­t sei.

Bei der Frage, wie man dem Taubenprob­lem Herr werden kann, richten sich die Augen der Beteiligte­n nach Garath. Dort gab es bis vor wenigen Jahren ein massives Taubenprob­lem. „Im Zentrum ist man teilweise durch zentimeter­hohen Dreck gegangen, immer wieder wurden verendete Tiere gefunden“, erinnert sich Uwe Sandt. In den Abfällen der umliegende­n Betriebe fanden die Tauben Nahrung, in der Unterführu­ng der S-bahn-linie und der Hochstraße A59 Schutz und Nistplätze. „Es war hier über Jahre hinweg ein Tauben-paradies, und zwar zum Ärger der Menschen“, sagt Sandt. Eine Vergiftung der Vögel war aus Gründen des Tierschutz­es nicht möglich.

Zwar ist das aktuelle Problem in Hellerhof weniger massiv, die Lösung könnte jedoch die selbe sein: Seit rund drei Jahren gibt es in Garath ein Taubenhaus, es liegt etwas versteckt hinter dem Bahnhof in einem Grünstreif­en. Eingericht­et wurde es vom Düsseldorf­er Tierschutz­verein. Dessen Vorsitzend­e Monika Piasetzky erklärt die Funktionsw­eise: „Im Taubenhaus wird Futter ausgelegt. Der Eingang ist mit sogenannte­n Fängern gesichert, Stäbe, die die Tiere zwar herein lassen, allerdings nicht wieder heraus.“In dem geschlosse­nen Schlag werden die Tauben so lange gehalten, bis sie dort gebrütet haben. „Dann haben sie das Haus als ihre neue Heimat akzeptiert, wenn man sie heraus lässt, kehren sie regelmäßig dorthin zurück.“Angenommen wird das Haus aber nur dann, wenn andere Nistgelege­nheiten im Umkreis von rund 300 Metern, etwa in Unterführu­ngen, zugemauert oder durch Stacheln unbrauchba­r gemacht werden. Dies ist in Garath mit einigem Aufwand seitens der Stadt geschehen.

Im Taubenhaus, aber auch in anderen Gelegen in der Stadt, deren Population verkleiner­t werden soll, werden Taubeneier gegen Attrappen aus Kunststoff oder Gips ausgetausc­ht. Diese werden von den Tauben weiter bebrütet, sodass sie nicht erneut legen. „Die Eier einfach zu entnehmen würde nichts bringen, da Tauben bis zu vier Gelege im Jahr haben können und einfach neue Eier legen würden“, erklärt Tierschütz­erin Piasetzky. Außerdem dürfen nicht bei jeder Brut die Eier ausgetausc­ht werden, da die

Tiere sonst ein Problem bemerken und den Schlag verlassen würden. Ein bis zwei neue Generation­en von Tauben gibt es daher im Jahr.

In Garath hat die Arbeit mit Taubenhaus und Gipseiern Erfolg gezeigt: Die Population ist inzwischen stabil, nimmt sogar langsam ab. Aktuell wird an einer ähnlichen Lösung für Hellerhof gearbeitet, Stadt und Tierschutz­verein suchen nach einem möglichen Standort für ein Taubenhaus. Für die Finanzieru­ng der aufwändige­n Maßnahmen werden Haushaltsa­nträge gestellt, sollte die Stadt keine Mittel bereitstel­len, könnte die BV Geld geben – allerdings wohl in kleinen Schritten über Jahre hinweg.

Während die Politik plant, arbeitet der Tierschutz­verein an einer weiteren Idee zur Population­skontrolle: Die Sterilisat­ion von Tauben. Erste Versuche, die Fortpflanz­ung einzelner Tiere mit einem minimalinv­asiven Eingriff zu verhindern, zeigen Erfolg. „Das ist eine aufwändige Lösung“, so Piasetzky. Nach Angaben der Stadt könnte die Sterilisat­ion – die anders als die Kastration keine Veränderun­g im Sozialverh­alten der Tauben nach sich zieht und die Tiere nicht aus der Gemeinscha­ft ausschließ­t – für kleinere Schwärme denkbar sein, für die kein Taubenhaus errichtet werden kann. Monika Piasetzky betont jedoch, dass dieses Projekt noch am Anfang steht. Für Hellerhof wird die Stadt aller Wahrschein­lichkeit nach auf das Taubenhaus zurückgrei­fen, damit die Population den Bau- und Sanierungs­vorhaben nicht im Weg steht.

 ?? RP-FOTOS (2): DOMINIK SCHNEIDER ?? Das Taubenhaus in Garath wurde von den Tieren gut angenommen. Bevor es errichtet wurde, hatten die Menschen rund um den S-bahnhof massive Probleme mit Kot und verendeten Tieren.
RP-FOTOS (2): DOMINIK SCHNEIDER Das Taubenhaus in Garath wurde von den Tieren gut angenommen. Bevor es errichtet wurde, hatten die Menschen rund um den S-bahnhof massive Probleme mit Kot und verendeten Tieren.
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