Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Lösung für Bahnhof in Hellerhof
Die Bahnstation soll umgebaut werden. Bevor die Arbeiten starten, müssen die Tauben weg. Der Tierschutzverein setzt auf ein Taubenhaus.
HELLERHOF/GARATH
Tauben sind im Straßenbild aller großen Städte allgegenwärtig, und über die Tiere gehen die Meinungen oft auseinander. Viele Bürger, auch in Düsseldorf, ärgern sich über die „Ratten der Lüfte“und den von ihnen hinterlassenen Dreck, andere haben Mitleid mit den Vögeln, die bei der Nahrungssuche oft auf menschliche Abfälle angewiesen sind. Die Stadttaube stammt vermutlich von verwilderten Haustauben ab, die als Brief- oder Renntauben sowie zum Verzehr gezüchtet wurden – sie sind daher genetisch auf eine hohe Vermehrungsrate programmiert. Die Stadt Düsseldorf versucht, die Zahl der Stadttauben in Grenzen zu halten, aktzeptiert ihre Präsenz im öffentlichen Raum jedoch weitgehend.
Zumindest solange, bis die Tiere – und vor allem ihre Hinterlassenschaften – anderen Projekten im Wege stehen, wie es aktuell in Hellerhof der Fall ist. Dort soll, so der Wille der zuständigen Bezirksvertretung 10, der Stadtverwaltung, des Bürgervereins und der Deutschen Bahn, der dortige S-bahnhof umfassend saniert und verschönert werden. „Die Stadt hat sich für eine große Lösung entschieden“, sagt Uwe Sandt, Leiter der zuständigen Bezirksverwaltungsstelle, der in die Planungen involviert ist. Unter anderem soll die städtische Kunstkommission für eine Gestaltung eingebunden werden, auch die Unterführung unter der Schnellstraße wird verschönert. „Zwingend erforderliche Voraussetzung ist jedoch, dass bis dahin das Taubenproblem im Griff ist“, sagt Sandt. Denn es ergebe keinen Sinn, für viel Geld eine Aufwertung zu realisieren, wenn sie innerhalb weniger Wochen mit Taubenkot verschmutzt sei.
Bei der Frage, wie man dem Taubenproblem Herr werden kann, richten sich die Augen der Beteiligten nach Garath. Dort gab es bis vor wenigen Jahren ein massives Taubenproblem. „Im Zentrum ist man teilweise durch zentimeterhohen Dreck gegangen, immer wieder wurden verendete Tiere gefunden“, erinnert sich Uwe Sandt. In den Abfällen der umliegenden Betriebe fanden die Tauben Nahrung, in der Unterführung der S-bahn-linie und der Hochstraße A59 Schutz und Nistplätze. „Es war hier über Jahre hinweg ein Tauben-paradies, und zwar zum Ärger der Menschen“, sagt Sandt. Eine Vergiftung der Vögel war aus Gründen des Tierschutzes nicht möglich.
Zwar ist das aktuelle Problem in Hellerhof weniger massiv, die Lösung könnte jedoch die selbe sein: Seit rund drei Jahren gibt es in Garath ein Taubenhaus, es liegt etwas versteckt hinter dem Bahnhof in einem Grünstreifen. Eingerichtet wurde es vom Düsseldorfer Tierschutzverein. Dessen Vorsitzende Monika Piasetzky erklärt die Funktionsweise: „Im Taubenhaus wird Futter ausgelegt. Der Eingang ist mit sogenannten Fängern gesichert, Stäbe, die die Tiere zwar herein lassen, allerdings nicht wieder heraus.“In dem geschlossenen Schlag werden die Tauben so lange gehalten, bis sie dort gebrütet haben. „Dann haben sie das Haus als ihre neue Heimat akzeptiert, wenn man sie heraus lässt, kehren sie regelmäßig dorthin zurück.“Angenommen wird das Haus aber nur dann, wenn andere Nistgelegenheiten im Umkreis von rund 300 Metern, etwa in Unterführungen, zugemauert oder durch Stacheln unbrauchbar gemacht werden. Dies ist in Garath mit einigem Aufwand seitens der Stadt geschehen.
Im Taubenhaus, aber auch in anderen Gelegen in der Stadt, deren Population verkleinert werden soll, werden Taubeneier gegen Attrappen aus Kunststoff oder Gips ausgetauscht. Diese werden von den Tauben weiter bebrütet, sodass sie nicht erneut legen. „Die Eier einfach zu entnehmen würde nichts bringen, da Tauben bis zu vier Gelege im Jahr haben können und einfach neue Eier legen würden“, erklärt Tierschützerin Piasetzky. Außerdem dürfen nicht bei jeder Brut die Eier ausgetauscht werden, da die
Tiere sonst ein Problem bemerken und den Schlag verlassen würden. Ein bis zwei neue Generationen von Tauben gibt es daher im Jahr.
In Garath hat die Arbeit mit Taubenhaus und Gipseiern Erfolg gezeigt: Die Population ist inzwischen stabil, nimmt sogar langsam ab. Aktuell wird an einer ähnlichen Lösung für Hellerhof gearbeitet, Stadt und Tierschutzverein suchen nach einem möglichen Standort für ein Taubenhaus. Für die Finanzierung der aufwändigen Maßnahmen werden Haushaltsanträge gestellt, sollte die Stadt keine Mittel bereitstellen, könnte die BV Geld geben – allerdings wohl in kleinen Schritten über Jahre hinweg.
Während die Politik plant, arbeitet der Tierschutzverein an einer weiteren Idee zur Populationskontrolle: Die Sterilisation von Tauben. Erste Versuche, die Fortpflanzung einzelner Tiere mit einem minimalinvasiven Eingriff zu verhindern, zeigen Erfolg. „Das ist eine aufwändige Lösung“, so Piasetzky. Nach Angaben der Stadt könnte die Sterilisation – die anders als die Kastration keine Veränderung im Sozialverhalten der Tauben nach sich zieht und die Tiere nicht aus der Gemeinschaft ausschließt – für kleinere Schwärme denkbar sein, für die kein Taubenhaus errichtet werden kann. Monika Piasetzky betont jedoch, dass dieses Projekt noch am Anfang steht. Für Hellerhof wird die Stadt aller Wahrscheinlichkeit nach auf das Taubenhaus zurückgreifen, damit die Population den Bau- und Sanierungsvorhaben nicht im Weg steht.