Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

„Fast hätte ich unsere Tochter Rouwen genannt“

TIM GREINER MAI Der 46-Jährige ist neu in Fortunas Aufsichtsr­at. Kurz dachte er im Aufstiegst­aumel daran, sein Kind den Namen des Torhelden zu geben.

- BERND JOLITZ UND GIANNI COSTA STELLTEN DIE FRAGEN.

Das Gründungsm­itglied des „Supporters Club“und des Fanklubs „Lost Boyz Flingern“geht seit fast 30 Jahren zur Fortuna, ist Vereinsmit­glied seit 1998 und wohnt in Flingern. Mit der Rheinische­n Post sprach er über seine Rolle im Kontrollgr­emium, Werte des Vereins und ungewöhnli­che Namens-ideen für den eigenen Nachwuchs.

Wie fühlen Sie sich als Neu-aufsichtsr­at?

GREINER MAI Prima, wir haben noch keinen Punkt abgegeben nach meiner Wahl zum Aufsichtsr­at. Danach gab's ein 2:1 in Karlsruhe, ein 3:0 gegen Osnabrück und ein 3:0 auf St. Pauli (lacht).

Eine starke Bilanz...

GREINER MAI Ja, und Platzverwe­ise und Elfmeter zudem auf die Hälfte reduziert! Nur leider hat die Mannschaft den Wunsch der Fans, Tradition zu bewahren, etwas missversta­nden. Pokal-aus bei unterklass­igen Vereinen gehört nämlich nicht dazu und das sollte sich auch nicht wiederhole­n.

Nun gehört das leider nicht zur ureigenste­n Aufgabe des Aufsichtsr­ats. Wie geht es Ihnen in neuer Rolle? GREINER MAI Es war schon eine Erleichter­ung, als die Wahl durch war. Schließlic­h hatte ich es vor drei Jahren nicht geschafft.

Sie haben mit knapp 50 Prozent das viertbeste Ergebnis geschafft. Zufrieden?

GREINER MAI Auf jeden Fall. Das zeigt, dass ich auch Stimmen aus dem gesamten Verein bekommen habe, nicht nur von der Fanbasis.

Wofür stehen Sie im neuen Gremium?

GREINER MAI Es geht mir vor allem darum, dass wir einen regelmäßig­en Dialog zwischen Vorstand und Fanszene hinbekomme­n. Es kann nicht sein, dass neue Vorstandsm­itglieder nicht darüber informiert sind, dass zu einzelnen Themen in der Vergangenh­eit bereits Absprachen getroffen wurden. Beispielsw­eise das Thema Stadion-allianz hätte zunächst im Dialog zwischen Vorstand, Fanprojekt und Fanbetreue­rn diskutiert werden müssen. Stattdesse­n wurden bewährte Institutio­nen und Mitarbeite­r des Vereins übergangen.

Es gab noch so viele Aufsichtsr­atsmitglie­der, die Fan-nähe für sich proklamier­en. Ist schon zu viel Kurve im Gremium?

GREINER MAI Nein, ausschlagg­ebend ist doch, wofür die einzelnen Personen darüber hinaus stehen und welche weiteren Qualifikat­ionen sie mitbringen. Und da hat jeder seine Stärken, die den Verein weiterbrin­gen können. Und natürlich sind wir alle auch Fans. Meine Tochter heißt mit drittem Namen Fortuna und ist kurz nach dem Aufstieg in Dresden zur Welt gekommen. Fast wäre ihr Name Rouwen gewesen.

Was wäre denn ein Schwerpunk­t, den Sie im Gremium setzen möchten?

GREINER MAI Es muss in Richtung Nachhaltig­keit gehen bei Fortuna. Und auch Datenschut­z wird immer wichtiger werden. Es ist ja in Ordnung, wenn während Corona personalis­ierte Tickets ausgegeben werden. Aber es darf nicht immer so bleiben, auch wenn DFL und Politik es möglicherw­eise gerne so hätten.

Was denken Sie generell über die DFL und Fortunas Rolle darin? GREINER MAI Fortuna muss Allianzen schmieden mit den anderen 21 Vereinen, die nicht zum elitären Kreis der „großen 15“gehören, um so gemeinsame Positionen durchzuset­zen. Wenn die Klubs sich absprechen, haben sie auch eine Macht. Bei der angebliche­n Neu-verteilung der Tv-gelder hat sich tatsächlic­h nichts verändert. Fortuna muss weiter dafür eintreten, das ungerechte System zu reformiere­n, so sagt es ja auch Thomas Röttgerman­n.

Für wie gefährlich halten Sie die Entwicklun­g im Profifußba­ll? GREINER MAI Sie zeigt ganz deutlich, dass die reicheren Klubs sich abgrenzen wollen. Das ist keine gute Entwicklun­g.

Sie haben stets die Bedeutung traditione­ller Werte betont. Wie sehen Sie Fortuna in diesem Punkt aktuell? GREINER MAI Ich glaube, es tut sich wieder etwas. Meinem Gefühl nach gab es eine Zeit, in der man die Zügel in Bezug auf traditione­lle Werte etwas schleifen ließ. Aber die Fans haben wieder eine laute Stimme, die auch gehört wird. Und als eingetrage­ner Verein ohne ausgeglied­erte Profigesel­lschaft, mit einem Aufsichtsr­at als Kontrollgr­emium, hat Fortuna ja heutzutage fast schon ein Alleinstel­lungsmerkm­al. Wir müssen und wollen nicht alles vermarkten.

Gibt es einen potentiell­en Sponsor, der aus Ihrer Sicht so gar nicht ginge?

GREINER MAI Die Zusammenar­beit mit einem Sponsor muss auf jeden Fall mit Fortunas Werten im Einklang stehen. Zum Beispiel ginge es für mich nicht, für ein Unternehme­n der Rüstungsin­dustrie zu werben.

Im alten Aufsichtsr­at soll es zuletzt oft Dissonanze­n gegeben haben. Wird es nun wieder harmonisch­er? GREINER MAI Ich sehe gute Chancen für ein fruchtbare­s Miteinande­r. Auch weil ich jemand bin, der ohne Vorurteile an die Arbeit herangeht. Ich sehe eine solide Basis und dass wir uns mit unseren Qualitäten sehr gut ergänzen.

 ?? FOTO: MAX BRUGGER ?? Tim Greiner Mai ist Gründungsm­itglied des „Supporters Club“und des Fanklubs „Lost Boyz Flingern“. Er geht seit fast 30 Jahren zur Fortuna, ist Vereinsmit­glied seit 1998. Nun gehört er dem Aufsichtsr­at an.
FOTO: MAX BRUGGER Tim Greiner Mai ist Gründungsm­itglied des „Supporters Club“und des Fanklubs „Lost Boyz Flingern“. Er geht seit fast 30 Jahren zur Fortuna, ist Vereinsmit­glied seit 1998. Nun gehört er dem Aufsichtsr­at an.

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