Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Warum Jean Zimmer so abgestürzt ist
Es gibt immer Positionen in einem Kader, über die man sich nicht allzu viele Gedanken machen muss. Sie werden von Typen besetzt, die einen wertvollen Beitrag liefern können für das Große und Ganze – ohne größere Schäden anzurichten. Etwas unromantisch ist in der Kaderplanung gerne die Rede von Ergänzungsspielern.
Vielleicht hatte Jean Zimmer einmal größere Träume, in seiner aktuellen Verfassung muss schon einiges zusammenkommen, dass er überhaupt noch einen Platz im Kader hat. Zwei Mal war das bereits in dieser Spielzeit (gegen Osnabrück und gegen den FC St. Pauli) schon nicht der Fall, drei Mal wurde er nicht eingesetzt. Gegen Rot-weiss Essen im Pokal bekam er mal wieder eine Chance von Cheftrainer Uwe Rösler. Diesmal eher mit einer defensiven Ausrichtung auf der rechten Seite. In einer schlechten Mannschaft zählte Zimmer zu den Schwächsten auf dem Feld. Er war anfänglich noch bemüht, mit zunehmender Spieldauer schmolz aber sein Selbstvertrauen komplett zusammen. Man merkt einfach, dass er im System Rösler einen schweren Stand hat und für sich selbst noch keinen Zugang gefunden hat.
Fußballer sind mitunter sensible Wesen. Es reicht wenig, um große Auswirkungen zu erzeugen. Zimmer gehörte in der Vorbereitung noch zu den Hoffnungsträgern. Als die Mannschaft noch über nicht ausreichend Alternativen verfügte, hinterlegte er durchaus ein paar vielversprechende Auftritte. Doch mit Beginn der Spielzeit ging seine Leistungskurve steil nach unten. Ein großes Problem: Zimmer bekommt von Außen viel zu wenig Flanken passgenau in die Mitte. Dazu haben diverse Systemumstellungen ihm immer mehr Konkurrenz beschert. Im offensiven Bereich ist er dadurch mitunter manchmal nur noch dritte Wahl. Hinten ist sein Weggefährte Matthias Zimmermann gesetzt. Und so gehen Zimmer langsam die Optionen aus.
Jean Zimmer ist ein fröhlicher, lebensbejahender Mensch. Erst recht seit dem 5. März, als Töchterchen Charlotte auf die Welt kam. Doch als nach einer ohnehin von etlichen Verletzungen und wenig Einsatzminuten geprägten Saison auch noch der Abstieg aus der Bundesliga stand, hatte Fortunas sonst so positiver Außenspieler die Nase gestrichen voll. Zimmer wollte nur noch abschalten, sich eine Weile voll ins Privatleben zurückziehen.
„Mir hat persönlich sehr gut getan, drei, vier Wochen nicht über Fußball reden zu müssen“, erzählte der 27-Jährige vor einigen Monaten. „Da bin ich meiner Familie und meinen Freunden sehr dankbar, und deshalb hatte ich auch mit dem Trainer vereinbart, in dieser Zeit möglichst nicht zu telefonieren. Ich habe diese Zeit für mich einfach gebraucht.“
Trotz der Vielseitigkeit von Zimmer ließ Rösler ihn schon in der vergangenen Saison meist draußen. „Ich habe im Training immer alles rausgehauen, aber der Trainer hat anders entschieden“, sagte er lapidar. „Im ersten Bundesligajahr habe ich die Hinrunde nahezu komplett gespielt“, sagt er kämpferisch – denn genau da will er wieder hin.
Er wird einfach wieder die Ärmel aufkrempeln und alles geben, laufen bis es nicht mehr geht. Oder, wie er selbst es ausdrückt: „Jeder weiß, was er von mir kriegt.“Ob er bei Fortuna noch einmal eine echte Chance bekommt? Die Saison ist noch lang. Gleichwohl ist nun er selbst gefragt, endlich mal wieder Werbung in eigener Sache zu betreiben.