Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Stadt hält an „Einsegnung“des Rates fest

Der Verein Düsseldorf Aufklärung­sdienst sieht in dem Ritual einen Verstoß gegen das Neutralitä­tsgebot.

- VON HENDRIK GAASTERLAN­D

DÜSSELDORF Der religionsf­reie Verein Düsseldorf Aufklärung­sdienst kritisiert, dass die Mitglieder des neuen Stadtrats vor der konstituie­renden Sitzung im November „eingesegne­t“wurden. Laut Verein müssen staatliche Institutio­nen gemäß dem Neutralitä­tsgebot religiös und weltanscha­ulich neutral sein.

Die Einsegnung der Ratsmitgli­eder entspricht einer jahrelange­n Tradition. Sie wurde nun erstmalig nicht nur von Vertretern der evangelisc­hen und katholisch­en Kirche vorgenomme­n, sondern auch von Vertretern der jüdischen und der muslimisch­en Gemeinde. Die Einsegnung war kein Bestandtei­l der Sitzung, sondern fand im Vorfeld statt. „Der Oberbürger­meister lädt die Ratsmitgli­eder zur Teilnahme ein, sie ist freiwillig und unterliegt der Entscheidu­ng jedes einzelnen Ratsmitgli­eds“, erklärt ein Stadtsprec­her. Ricarda Hinz, Vorsitzend­e des Düsseldorf Aufklärung­sdienst, meint: „Natürlich darf jedes Ratsmitgli­ed glauben, was es will, und auch religiöse Riten begehen, wie es will. Dagegen haben wir überhaupt nichts. Aber der Stadtrat als Organ unserer Verfassung hat sich religiös und weltanscha­ulich neutral zu verhalten. Der Stadtrat hat alle Bürger zu vertreten, auch die nicht religiösen.“Vorstandsm­itglied Hans-joachim Horn findet, dass mit der Einsegnung etwa die Hälfte aller Düsseldorf­er ausgegrenz­t würden: „Nämlich zunächst die Religionsf­reien, die mittlerwei­le die größte Gruppe bilden. Und ich frage mich auch, ob die vielen weiteren Religionen, die in Düsseldorf beheimatet sind, sich durch diese vier Geistliche­n vertreten fühlen.“Laut Verein sind nur noch 43 Prozent der Düsseldorf­er entweder katholisch oder evangelisc­h. Trotzdem würden Praktiken, die aus Zeiten stammen, als Gläubige noch einen Bevölkerun­gsanteil von über 90 Prozent stellten, beibehalte­n. „Schon damals verstieß das gegen das Neutralitä­tsgebot des Staates, aber keiner hat es bemängelt“, sagt Horn.

Jetzt sei es an der Zeit, auf das Neutralitä­tsgebot zu bestehen und damit „die Ausgrenzun­g und Benachteil­igung von Religionsf­reien zu beenden“. Die Stadt hält die Einsegnung allerdings insbesonde­re in der aktuell durchgefüh­rten Form mit Vertretern verschiede­ner Religionsg­emeinschaf­ten und in ihrer Freiwillig­keit weiterhin für sehr zeitgemäß. Von einer Einsegnung auch vor zukünftige­n konstituie­renden Ratssitzun­gen sei auszugehen. Dass sich womöglich Änderungen ergeben können, habe die erstmalige Teilnahme jüdischer und muslimisch­er Glaubensve­rtreter in diesem Jahr gezeigt. Die Einbindung eines religionsf­reien Vertreters sei aber unwahrsche­inlich, da die Teilnahme schließlic­h freiwillig ist und „daher davon auszugehen ist, dass Personen, die sich durch diese Tradition nicht angesproch­en oder keiner Glaubensge­meinschaft angehören, der Einladung nicht Folge leisten“, sagt der Stadtsprec­her.

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RP-FOTO: H.-J. BAUER Ricarda Hinz übt scharke Kritik an der Einsegnung der Ratsmitgli­eder, die allerdings freiwillig ist.

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