Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Auch NRW für längeren Lockdown

Ministerpr­äsident Laschet spricht sich wie eine Reihe seiner Kollegen dafür aus, die Einschränk­ungen fortzuführ­en. Am Dienstag entscheide­n Bund und Länder. Der Gesundheit­sminister verteidigt sich gegen Kritik an der Impfstrate­gie.

- VON BIRGIT MARSCHALL UND KERSTIN MÜNSTERMAN­N

BERLIN/DÜSSELDORF Eine Reihe von Ministerpr­äsidenten hat sich vor der Konferenz am Dienstag mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) für eine Verlängeru­ng des Corona-lockdowns bis Ende Januar ausgesproc­hen. Die Neigung, auch Schulen und Kitas bis dahin geschlosse­n zu halten, ist dabei in den besonders betroffene­n Ländern im Süden der Republik größer. „Stand heute gehe ich davon aus, dass der Lockdown noch einmal verlängert werden muss“, sagte Nordrhein-westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) dem „Westfälisc­hen Anzeiger“. „Im Zweifel sollte er jetzt länger gehen, aber dafür umso nachhaltig­er wirken“, sagte auch Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) zum Lockdown.

Die Ministerpr­äsidenten und die Kanzlerin konferiere­n am Dienstag per Video. Sie wollen entscheide­n, ob und bis wann die Schließung des Einzelhand­els, vieler Dienstleis­tungen sowie von Schulen und Kitas über den 10. Januar hinaus fortgesetz­t werden soll. Grundlage sollen Daten des Robert-koch-instituts über das Infektions­geschehen sein. Allerdings sind darin die Wirkungen der zusätzlich­en Treffen an Weihnachte­n und Silvester noch nicht enthalten. Merkel und die Länderchef­s wollen sich auch deshalb bereits am Montag von einer Gruppe aus fünf medizinisc­hen Experten, darunter der Berliner Virologe Christian Drosten, beraten lassen. Zudem tagen am Montag die Kultusmini­ster, um über die Zukunft des Schulunter­richts zu entscheide­n.

Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) forderte eine Lockdown-verlängeru­ng bis Ende Januar. „Vorschnell­e Lockerunge­n würden uns wieder weit zurückwerf­en“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Erst Mitte Januar wisse man wirklich, wie sich Weihnachte­n und Silvester auf die Zahlen ausgewirkt hätten. „Wir müssen konsequent bleiben und dürfen nicht wieder zu früh aufgeben“, sagte Söder.

Auch die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer (SPD) sprach sich für eine Verlängeru­ng aus, nannte aber keinen Zeitpunkt. „Unser Gesundheit­ssystem ist robust, aber die Mitarbeite­r und Mitarbeite­rinnen in den Kliniken und Gesundheit­sämtern arbeiten seit Monaten am Limit, um Menschenle­ben zu retten“, sagte sie. Wir können daher noch keine Lockerunge­n vornehmen, aber wir arbeiten weiter daran, wie wir das öffentlich­e Leben wieder hochfahren können.“

Weltärztep­räsident Frank Ulrich Montgomery forderte sogar eine Verlängeru­ng bis Anfang Februar. „Wir sind von den Infektions­zahlen her noch weit von Lockerunge­n entfernt. Deswegen wäre es am klügsten, jetzt den Menschen reinen Wein einzuschen­ken und gleich die vollen vier Wochen des Infektions­schutzgese­tzes zu nutzen“, sagte Montgomery. Die Vier-wochen-frist ab 5. Januar würde bis Dienstag, den 2. Februar laufen. „Und ich bin überhaupt nicht sicher, dass dann Schluss ist“, sagte Montgomery.

„Wir müssen die Pandemie wieder in den Griff bekommen. Das geht kurzfristi­g nur, wenn die Infektions­zahlen stark sinken. Und mittelfris­tig, indem wir die Älteren impfen“, sagte Spahn unserer Redaktion. „Sind die besonders Gefährdete­n, insbesonde­re alle über 70-Jährigen, erst einmal geschützt, vermeidet das viel Leid. Und unser

Gesundheit­swesen wäre viel weniger belastet“, betonte der Minister.

SPD, Linke und FDP hatten Spahn wegen des Mangels an Impfstoff scharf kritisiert. „Ich bin derzeit schon entsetzt über Jens Spahn“, sagte etwa Spd-fraktionsv­ize Dirk Wiese. Spahn müsse „endlich seinen Aufgaben nachkommen und die offensicht­lichen Probleme unverzügli­ch in den Griff bekommen“, forderte Wiese. Spahn verteidigt­e sich: „Das Problem ist nicht die bestellte Menge. Wir haben genug bestellt. Das Problem ist die geringe Produktion­skapazität zu Beginn – bei weltweit extrem hoher Nachfrage“, betonte der Minister.

CSU-CHEF Söder griff die EU-KOMmission an, die europaweit für die Beschaffun­g zuständig war. Sie habe zu wenig bestellt und auf die falschen Hersteller gesetzt. „Es ist schwer zu erklären, dass ein sehr guter Impfstoff in Deutschlan­d entwickelt, aber woanders schneller verimpft wird“, sagte er mit Blick auf die Mainzer Firma Biontech.

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