Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Randale im Rheinbad und ein Hund als Serientäter
Vor Gericht gab es im Corona-jahr 2020 viele aufsehenerregende Prozesse – ein Überblick der Verfahren, die für die meisten Schlagzeilen sorgten.
DÜSSELDORF Oft dramatisch und perfide, manchmal dreist, gelegentlich auch mal skurril: Breit gestreut waren auch im Jahr 2020 die Themen der Düsseldorfer Gerichtsverhandlungen. Trotz Beschränkungen durch die Corona-krise hat die Justiz ein Pensum absolviert, das vielfach für Schlagzeilen sorgte und bei den Bürgern zu Diskussionen führte – über die Höhe von verhängten Strafen bis hin zu sicherheitspolitischen Aspekten.
Randale im Rheinbad So hat das Amtsgericht im Oktober einen 17-Jährigen mit einer eher symbolischen Sanktion belegt. Er war laut Urteil einer von mehreren hundert Badegästen, die sich Mitte 2019 im Rheinbad mit Schwimmbad-personal und Polizei angelegt hatten. Drei Mal innerhalb weniger Wochen musste das Badgelände damals von der Polizei geräumt werden. Nur zwei Strafverfahren gegen Beteiligte sind später bekannt geworden. Ein 27-Jähriger wurde mit 600 Euro Strafe belegt, weil er eine Polizistin „dreckiges Stück Scheiße“genannt hatte. Der 17-Jährige, der einer Bademeisterin gedroht hatte, sie zu töten, muss laut Jugendgerichtsurteil an einem Leseprojekt teilnehmen und in einem Aufsatz die Position des bedrohten Opfers besonders berücksichtigen.
Kündigung zurückgewiesen Langjährige Wohnungsmieter können nicht einfach vor die Tür gesetzt werden, weil Wohnungseigentümer einen „Eigenbedarf“geltend machen. Mit diesem Urteil hatte ein Amtsrichter im September nicht nur die Klage einer Vermieter-familie gegen ein langjähriges Mieterpaar abgewiesen, sondern zugleich eine Vermutung von Mitgliedern im „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“genährt, das von formell bloß vorgetäuschtem „Eigenbedarf“ausging – zumal mehrere Mieter mit fast wortgleichen Schreiben Platz machen sollten für dasselbe Fami
lienmitglied.
Wiederholungstäter Angeblich mehrfach ohne Leine angetroffen wurde Zwergspitz-rüde „Nanti“in Friedrichstadt und Bilk – was sein Frauchen (69) letztlich 103 Euro Bußgeld kosten sollte.
Die Hundehalterin legte aber Einspruch ein – und im Februar erließ eine Amtsrichterin ihr die Strafe unter der Auflage, dass „Nanti“künftig nur noch angeleint vor die Wohnungstür dürfe. Nur einen Tag später soll „Nanti“wieder frei laufend ertappt worden sein. Nach Version seines Frauchens habe er sich plötzlich von ihr losgerissen.
Ohne Versuch einer Verteidigung hat ein verurteilter Dreifach-mörder Ende Oktober im Landgericht eine weitere Haftstrafe kassiert. 2014 war er nach einem mörderischen Amoklauf durch Anwaltskanzleien in Düsseldorfer und Erkrath zu lebenslanger Haft mit besonderer Schwere der Schuld verurteilt worden. 2018 bekam er weitere acht Jahre wegen versuchten Totschlags an einem Mitgefangenen. Dass er nun seine Zelle zweimal anzündete und einen Justizmitarbeiter bedrohte, brachte ihm noch einmal fünf Jahre ein.
Gruppenvergewaltigungen Mitte 2019 war eine 51-jährige Altstadtbesucherin aus Wuppertal von drei Teenagern vergewaltigt und ausgeraubt worden. Ein 15-jähriges Mädchen hatte die angetrunkene Frau zu ihren Komplizen (15, 16 und 18) in den Hofgarten gelotst. Von einer Jugendstrafkammer erhielt das Trio im April 2020 Haftstrafen zwischen 24 und 30 Monaten. Deutlich härter bestraft wurde eine Gruppe von Fußballern (19 bis 34 Jahre), die nach dem Training im November 2019 im Volksgarten über eine 22-Jährige herfielen. Die Männer kamen für dreieinhalb bis acht Jahre ins Gefängnis.
Kiosk-chef als Brandstifter Nur knapp entging ein 46-jähriger Kioskbetreiber im Juli einer Verurteilung wegen zehnfachen Mordversuchs. Nach Überzeugung des Landgerichts hatte er nachts in seinem Büdchen an der Münsterstraße Feuer gelegt, um aus dem Mietvertrag herauszukommen. Der Staatsanwalt wertete das auch als Anschlag auf das Leben von zehn Nachbarn, die in den Etagen über dem Kiosk schliefen. Die Richter kamen aber nur zu einem Schuldspruch wegen besonders schwerer Brandstiftung – und verhängten siebeneinhalb Jahre Haft.
Kunsthändler bietet falsche Kunst an In mehreren Prozessen hielt ein 49-jähriger Kunsthändler die Justiz auf Trab. Es ging unter anderem darum, ob ein „Sandbild“aus seinem Fundus von Nagelkünstler Günther Uecker stammt. Der international renommierte Bildhauer entlarvte das Werk im Zeugenstand mit einer Taschenlupe als Fälschung. Das aber will der Kunsthändler nicht hinnehmen und geht gegen seine Verurteilung auf Rücknahme und Rückzahlung des Kaufpreises vor. Also wird sich die Justiz auch in diesem Jahr mit ihm befassen müssen.