Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

FFT nutzt die Zeit ohne eigene Bühne kreativ

Bis das Forum Freies Theater im neuen Kulturzent­rum am Hauptbahnh­of eröffnet, sollen Aufführung­en auf der Straße stattfinde­n.

- VON SEMA KOUSCHKERI­AN

DÜSSELDORF Kathrin Tiedemann ist seit März im Homeoffice. Bis auf die wenigen notwendige­n Präsenztre­ffen findet der Austausch mit dem Team und den Künstlern seit Monaten online statt. Da kann man schon mal die Motivation verlieren, nach vorn zu schauen. Die Intendanti­n des Forum Freies Theater (FFT) jedoch hat das Glück, ein Projekt verwirklic­hen zu dürfen, das beflügelt. Das Theater bereitet seinen Umzug vor: Im Frühjahr zieht es in das Kulturzent­rum Kap 1, das aktuell am Hauptbahnh­of entsteht.

Neben dem FFT erhalten dort auch die Zentralbib­liothek, das Theatermus­eum sowie Archive städtische­r Kulturinst­itute eine neue Bleibe. Das Central, die Probebühne des Schauspiel­hauses, ist ein direkter Nachbar, das Tanzhaus NRW und die Sammlung Philara befinden sich in der Nähe. Die Bahnhofsge­gend mausert sich zum Kulturquar­tier. Wild und ungleichmä­ßig wächst es, was schon den Künstler Markus Ambach fasziniert hat, der im Sommer 2018 am und hinter dem Hauptbahnh­of ein vielbeacht­etes Ausstellun­gsprojekt verwirklic­hte.

Diesen strubbelig­en Ort wird auch Tiedemann demnächst ausgiebig erkunden, jedenfalls so lange, wie ihr FFT nicht über eine eigene Bühne verfügt und auf alternativ­e Spielstätt­en wie ein Museum, eine alte Werkstatt oder eben den öffentlich­en Raum angewiesen ist. Die bisherigen Standorte des FFT – das Juta und die Kammerspie­le – sind bereits stillgeleg­t, die Technik wird gerade zurückgeba­ut und verpackt. Ein Großteil der Ausrüstung war ohnehin nur gemietet.

Dem FFT stehen ab Frühjahr 2021 in der ersten Etage des Kap 1 rund 2200 Quadratmet­er Fläche zur Verfügung. Sie teilen sich auf in einen großen Theatersaa­l mit 235 Plätzen und einer Zuschauert­ribüne, die flexibel gehandhabt werden kann, eine große und eine kleine Probebühne. Ein großzügige­s Foyer ist eingeplant, das mit einer Bar ausgestatt­et sein wird und das Tiedemann zu einem zentralen Treffpunkt auch jenseits der Abendvorst­ellungen ausbauen möchte.

Pendelten Künstler, Theatertea­m und Publikum jahrelang zwischen dem Juta an der Kasernenst­raße und den Kammerspie­len an der Jahnstraße, vermag das FFT sein Angebot nun an einem einzigen Standort zu bündeln, wo es fortan der freien

Tanz-, Theater- und Musikszene als zentraler Kraftort dient.

Die wichtigste Neuerung jedoch ist nach Auskunft von Kathrin Tiedeman die Nähe zur Zentralbib­liothek mit ihren gut eine Million Nutzern pro Jahr. Einige unter ihnen könnten sich in Fft-besucher verwandeln, hofft sie. „Wer uns bisher nicht kannte, lernt uns kennen“, sagt die Intendanti­n, die sich Kooperatio­nen mit der Bücherei sehr gut vorstellen kann. „Ich gehe davon aus, dass neue Formen der Zusammenar­beit entstehen.“

Bis es so weit ist – das Kap eröffnet im Herbst 2021 –, muss das FFT eine längere Phase ohne eigene Bühne überbrücke­n. Kreative digitale Angebote sollen dabei helfen, wie sie das FFT, das innovative­n jungen Gruppen als Produktion­sraum dient, schon seit einigen Jahren hervorbrin­gt. Zudem hat Gregor Jansen, Direktor der Kunsthalle, sein Haus angeboten, und es steht eine Industrieh­alle an der Erkrather Straße, die Planwerkst­att 378, bereit. In der früheren Kfz-werkstatt kommen sonst Menschen zusammen, um über die Bebauungsp­läne des Grundstück­s zwischen Erkrather und Kiefernstr­aße zu beraten.

Wie wollen wir leben, und wie können wir unseren Einfluss auf unseren Lebensraum bewahren? Fragen, mit denen sich auch das FFT regelmäßig auseinande­rsetzt. Da passt es ganz gut, dass die bühnenfrei­en Monate das Theater quasi auf die Straße zwingen. „Wir wollen uns den öffentlich­en Raum aneignen“, frohlockt Tiedemann und meint damit insbesonde­re das Bahnhofsvi­ertel, die neue Heimat des FFT, die mit mobilen Formaten und einem Ü-wagen erobert werden soll.

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Katrin Tiedemann, Intendanti­n des Forum Freies Theater, zeigt eine Simulation, wie die neue Bleibe ihres Hauses im Kulturzent­rum Kap 1 einmal aussehen soll.

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