Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
In zehn Minuten vom Abstrich zum Ergebnis
Eventmanager Niko Gössing betreibt im Areal Böhler ein Schnelltestzentrum. Hier arbeiten unter anderem Ärzte im Ruhestand.
BÜDERICH Der Abstich selbst dauert nur wenige Sekunden. Es sind durchaus unangenehme Sekunden, in denen Mediziner Peter Cremerius das Teststäbchen rund zehn Zentimeter weit durch die Nase in den Rachenraum führt. Fast allen Patienten kommen bei dieser Prozedur die Tränen, es kitzelt und piekt. Doch nach wenigen Sekunden ist alles vorbei. Krankenschwester Connie Bach setzt die Probe mit einer speziellen Pufferflüssigkeit an. Der Patient bekommt nach nur rund zehn Minuten eine E-mail mit seinem Ergebnis. In dieser Zwischenzeit wurden in den drei Behandlungskabinen des Covid-test-teams bereits mehrere andere Menschen auf das Coronavirus getestet.
In einer ehamaligen Fabrikhalle auf dem Areal Böhler haben Niko Gössing und Oliver Becker ein hocheffizientes Testzentrum aus dem Boden gestampft. Gössing und Becker sind eigentlich Veranstaltungstechniker, als in diesem Jahr die Aufträge ausblieben, haben sie mit den Schnelltests eine Marktlücke gefunden. Seit dem 18. Dezember gibt es das Testzentrum im Areal Böhler, ein weiteres wird in Gössings Heimatstadt Grevenbroich betrieben, außerdem ist das Team mobil unterwegs.
Neben den Veranstaltungstechnikern ist auch medizinisches Personal im Einsatz: Gössing und Becker haben Ärzte im Ruhestand reaktiviert, auch solche, die etwa in hochklassigen Fitnessstudios beschäftigt sind und derzeit nicht arbeiten können. Unterstützt werden sie von Krankenpflegern, die in Teilzeit im Zentrum helfen. In Rotation kommt so das Team auf 16 medizinische Fachkräfte.
Der Schnelltest ist nach vorheriger Online-anmeldung möglich und kostet 39 Euro, die die Patienten aus eigener Tasche bezahlen müssen. Ein Termin wird im Internet vereinbart, unter www.terminland.de/covid-test-team. An normalen Werktagen ist häufig ein Termin innerhalb weniger Stunden frei.
In Anspruch genommen wird der Test etwa von Menschen, die einen Besuch bei Verwandten planen und sicher gehen wollen, dass sie das Virus nicht in sich tragen. „Es kommen vor allem die zu uns, die sich sowieso an die Regeln halten und sich noch einmal vergewissern möchten“, sagt Initiator Niko Gössing. Aber auch, wer mit dem Testsystem der Gesundheitsämter unzufrieden ist, weil es zu lange dauert oder nur Kontaktpersonen ersten Grades zum Test schickt, findet Hilfe im Areal Böhler.
In der hohen Fabrikhalle hat das Covid-test-team einen Empfangsschalter aufgebaut. Es gibt auch einen kleinen Wartebereich mit einer Hand voll Plastikstühlen. Diese, so Gössing, sind aber kaum besetzt. Geschwindigkeit und Effektivität sind das Rezept, nach dem hier gearbeitet wird. „Es darf auf keinen Fall zu Staus kommen“, gibt der Eventmanager vor. Am schwierigesten werde es, wenn die Patienten zu früh, zu spät oder ganz ohne Anmeldung kommen. „Aber so etwas zu organisieren, ist ja quasi mein Geschäft als Eventmanager“, sagt Gössing.
Der eigentlich Test wird in einer von drei Kabinen gemacht. Danach wird der Abstrich mit einer Pufferflüssigkeit versetzt und auf ein Teststäbchen aufgetragen, während der Getestete das Gebäude schon wieder über einen separaten Ausgang verlässt. Das Teststäbchen funktioniert nach dem Prinzip eines Schwangerschaftstests. Ein Strich ist gut, zwei Striche sind schlecht. Nur rund ein Prozent der Tests sei tatsächlich positiv, die Fehlerquote liegt für einen falsch-negativen Test bei 0,1 Prozent. Meist ist bereits nach ein bis zwei Minuten das Ergebnis abzusehen, nach zehn Minuten besteht Sicherheit. Dann geht sofort eine E-mail an den Getesteten, im Falle einer Infektion kommt auch ein Anruf. „Wir können dann helfen, die nächsten Schritte zu planen, etwa die Kontaktaufnahme mit dem Gesundheitsamt“, sagt Niko Gössing. Häufig sei es jedoch auch einfach wichtig, den Infizierten die Angst zu nehmen. „In den allermeisten Fällen ist der Verlauf ja ungefährlich“, so Gössing. Der 30-Jährige lobt die Effizienz des medizinischen Teams. 100 bis 200 Tests am Tag werden ausgewertet, in den Tagen vor Weihnachten waren es noch deutlich mehr.
Und auch nach Silvester erwartet Niko Gössing wieder eine steigende Nachfrage. „Bereits jetzt haben sich einige Firmen entschlossen, ihre Mitarbeiter nach der Rückkehr aus dem Urlaub testen zu lassen, ich denke, da werden noch mehr kommen.“Dazu kommt das Covid-testTeam in die Betriebe, aber auch im Areal Böhler sind noch Kapazitäten vorhanden, sollte es notwendig sein, kann auch räumlich erweitert werden.
„Ich merke, wie motiviert die Ärzte und Krankenpfleger sind“, sagt Gössing glücklich. Die Tests selbst sind für die Mediziner Routinearbeit, müssen aber trotzdem von Fachpersonal gemacht werden, um zuverlässig zu sein. „Solche Tests sind ein Teil des Kampfes gegen die Pandemie, so wie Masken und Abstandsregeln“, sagt Gössing. Trotz des Erfolges mit dem Testzentrum hofft der 30-Jährige, möglichst bald wieder andere Veranstaltungen organisieren zu können – im Zweifelsfall auch mit Corona-schnelltest am Einlass.