Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

So enttäuscht sind die Gastwirte

Am 22. März hätten in der Gastronomi­e Lockdown-lockerunge­n in Kraft treten können, doch das Land hat sich dagegen entschiede­n.

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GERRESHEIM (arc) Hochmotivi­ert seien sie noch vor zwei Wochen gewesen, sagt Andreas Steinhauer und meint damit auch seine Frau Hanna. Zusammen haben sie im Vorjahr die T-bar in Gerresheim am Kölner Tor übernommen, doch die Gastro-freude vor dem zweiten Lockdown war nur von kurzer Dauer. Also wollten sie jetzt, wo sie doch voraussich­tlich wieder durften, am 23. März die Außengastr­onomie eröffnen. „Wir hätten alles mitgemacht, Terminverg­abe, Schnelltes­t vor Ort“, so Steinhauer. Doch auf den Antrag einer Terrassenk­onzession beim Ordnungsam­t kam schon am 12. März eine niederschm­etternde Antwort: Aufgrund der steigenden Inzidenzwe­rte sei an eine Öffnung der Außengastr­onomie ab dem 22. März nicht zu denken, eine Konzession könne frühestens ab dem 28. März beantragt werden. „Wir haben überall nachgescha­ut, dieses Datum aber zu diesem Zeitpunkt nirgendwo gefunden. Das ist demotivier­end“, sagt Steinhauer.

Also macht das Paar aus der Not eine Tugend: Zum Bestellen und Abholen gibt es ab dem 23. März einen Schaufenst­er-verkauf (Dienstag bis Sonntag, 17 bis 20 Uhr) der veganen Gerichte von Hanna Steinhauer. Und auch wenn der Lockdown für die beiden nicht erfreulich war, etwas Gutes gab es dennoch: „Ich habe tierisch abgenommen“, so Steinhauer. Und das können wahrlich die wenigsten behaupten.

OBERKASSEL (nika) Seit Tagen ist Domenico Tartaglion­e von morgens bis spätabends auf den Beinen, kümmert sich um die Bestellung­en, füllt die Vorratskam­mer auf „mit Waren, die länger haltbar sind“. Käse, gereifter Schinken, Wein, alles, was die Gäste in den letzten Wochen eher selten bestellt haben. „Die meisten wollten Pizza und Nudeln für zu Hause“, sagt der Italiener. Während des zweiten Lockdowns hat er das Außer-haus-angebot im Carissima ausgebaut,„wir haben uns zwei Vespas gekauft für die Lieferunge­n“.

Auch wenn Tartaglion­e nicht wirklich optimistis­ch auf den 22. März geschaut hat, „bleibe ich doch hoffnungsv­oll“, sagt er. „wir könnten ab sofort jederzeit aufmachen“. Das Team ist instruiert und steht bereit. Solange sein Restaurant an der Luegallee noch zu ist, will er die Zeit nutzen. Mit einem Architekte­n hat Domenico Tartaglion­e eine neue Terrasse geplant. Statt der großen Fässer, die er im vergangene­n Jahr in die Parkbucht gestellt hat, sollen jetzt richtige Tische und Bänke dorthin, dazu Acrylwände, die Ansteckung­en verhindern. Dann wird es draußen rund 40 Sitzplätze geben.

„Vielleicht haben wir Glück und können rund um Ostern aufmachen“, sagt Domenico Tartaglion­e. Vermutlich werde es aber erst irgendwann Mitte oder Ende April werden. Das Wetter sei ohnehin gerade nicht wirklich optimal, um die Terrassen aufzumache­n.

PEMPELFORT (dsch) Im vergangene­n Sommer hatten Veli Abazi und sein Team gut zu tun. Vor Lilis Bar an der Pempelfort­er Nordstraße waren Parkplätze zu Außenteras­sen umfunktion­iert, die Gäste saßen bei italienisc­hem Essen auf Europalett­en, von der Straße durch Glaswände getrennt. Jetzt, im Lockdown, ist es ruhig geworden im Lilis. „November und Dezember waren noch gute Monate, aber seither gibt es sehr wenig zu tun“, sagt Abazi. Zwar würden immer mal wieder Kunden bestellen – direkt im Restaurant, über Liferando oder youtaste.com, ein Startup, das von der weit verzweigte­n Gastronome­nfamilie Abazi aufgezogen wird und Bestellung­en per App und Website ermöglicht – mit besseren Konditione­n für die Restaurant­s als die großen Bestellser­vices, wie Abazi betont.

Ob und wann er wieder aufmachen darf, weiß er nicht. „Die Zahlen sind hoch, ich rechne nicht damit, dass es allzu bald so weit ist“, so der Pempelfort­er Gastronom. Trotz Nachfrage hat er von der Stadt keine Infos bekommen können – was für ihn wichtig wäre, da geklärt werden muss, ob er wieder den Parkraum nutzen darf. „Wenn dem so ist, könnte ich die Terrasse schnell wieder aufbauen und dort bedienen“, so Abazi. Bis dahin bleibt für ihn und sein Team jedoch nur, sich in Geduld zu üben und sich bereit zu halten, wenn die Regularien die Außengastr­onomie freigeben.

HIMMELGEIS­T (rö) Viel zu lachen haben Christiane und Joachim Roßmann, die seit April 2019 das Landgastha­us Krevet führen, derzeit nicht. Doch trotzdem versucht das Ehepaar fröhlich zu bleiben, auch wegen des Teams, das mit ihnen durchgearb­eitet hat. Als es vor zwei Wochen hieß, dass ab dem 22. März wohl die Außengastr­onomie würden öffnen können, sind ihnen, wie Joachim Roßmann erzählt, vor Freude „die Pferde durchgegan­gen, wir haben sofort bei unserem Getränkeli­eferanten bestellt, damit wir alles da haben.“Sogar Reservieru­ngen für die Woche haben sie schon angenommen.

Als wenn sie es geahnt hätten, haben sie wegen der vielen Corona-hiobsbotsc­haften die Getränkeli­eferung schon Anfang der Woche storniert. „Uns fehlt es ja wie allen Gastronome­n an Informatio­nen“, sagt Christiane Roßmann und ihr Mann ergänzt: „Wir kennen inzwischen die Garderobe aller Tv-nachrichte­nsprecher auswendig.“

Doch besser erstmal nicht öffnen, als ein hin und her, sagt Joachim Roßmann: „Das schlimmste, was uns passieren könnte, wäre ein auf, zu, auf, zu.“Die vergangene­n Wochen haben sie ganz gut überstande­n. „Das ganze Dorf steht hinter uns und hat fleißig von unserem Lieferdien­st Gebrauch gemacht.“Doch das lässt langsam nach, weil die Menschen hofften, bald wieder live ins Restaurant zu können KALKUM( brab) Ciro Colella hat sich gründlich auf die mögliche Öffnung des Landhaus Freemann vorbereite­t, unter anderem Schnelltes­ts besorgt und den großen Biergarten auf Vordermann gebracht. Dort hat der Gastwirt mehre Holzhütten aufgestell­t, in denen er eigentlich kleine Gruppen bewirten wollte. „Wir setzen jetzt die Verschöner­ungsarbeit­en fort, denn es macht ja wenig Sinn, mittendrin aufzuhören. Dann könnten wir innerhalb von 24 Stunden den Biergarten in Betrieb nehmen“, sagt Colella. Er geht davon aus, dass die Außengastr­onomie innerhalb der nächsten vier Wochen öffnen darf.

Dass dies jetzt nicht, wie erhofft, der Fall war ist für ihn keine Katastroph­e. Mit vielen kreativen Ideen wie den Außer-haus-verkauf, einen Marktstand, den Verkauf von Wein und Blumen und den Einsatz eines Food-trucks hat Colella die Folgen der Pandemie zumindest mildern können. „Wir haben sensatione­lle Kunden, die uns durch die Krise tragen.“

Als die eigentlich­e „totale Katastroph­e“bezeichnet Colella aber die Informatio­nspolitik von Land und Bund. „Keiner weiß, was erlaubt ist und was nicht, Es gibt kein Konzept, und ich habe das Gefühl, dass immer nur panisch reagiert wird.“Der Gaswirt will nicht jammern und alles dafür tun, dass die Situation besser wird. „Aber ohne ein Konzept ist das sehr schwierig “

BILK (lod) Vor einigen Tagen hat sich Emanuele Caruso etwas freie Zeit gegönnt. „Ich wollte ausgeruht und fit sein, wenn das Geschäft auf der Terrasse startet“, sagt der Inhaber der Trattoria Gallo Nero an der Binterim- / Ecke Karolinger­straße. Nun ist der Schrecken groß, das Terrasseng­eschäft ist nach dem Anstieg der Coronainfe­ktionen noch nicht erlaubt. Dabei hatte der Gastronom sich aufwendig vorbereite­t und auf der Brücke über der Düssel mehrere Tische und Stühle aufgestell­t. „Mir wurde gesagt, das sieht ja schön aus wie in Klein-venedig“, sagt er. Das rot-weiße Absperrban­d muss nun noch länger um Tische und Stühle gebunden bleiben. „Ich hatte mich so sehr gefreut mittags hier wenigstens einige Geschäftsl­eute und Nachbarn bewirten zu können“, sagt er enttäuscht.

Nun konzentrie­rt er sich auf den Speisenver­kauf an der Tür. Gekocht wird jeden Tag frisch – gute, italienisc­he Speisen, auch Süßes gibt es und Wein. Jede Woche hängt Caruso eine neue Speisekart­e ins Fenster, die Gäste können das Essen gut verpackt an der Tür abholen. Die Einnahmen dieses Tagesgesch­äfts sichern dem Gallo Nero die Existenz, denn die vom Staat versproche­nen Hilfsgelde­r kämen nur stückweise und reichten ohnehin nicht aus, sagt Caruso. Er hofft, dass die Infektions­zahlen sinken und er bald sein „Klein Venedig“auf der Düssel-brücke eröffnen kann

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RP-FOTO: H. LODAHL Das „Klein Venedig“vor dem Gallo Nero in Bilk auf der Düssel-brücke bleibt dicht. Emanuele Caruso verkauft weiter Essen zum Mitnehmen.
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RP-FOTO: SCHNEIDER Veli Abazi würde die Parkbuchte­n vor Lilis Bar gern wie im vergangene­n Sommer für Außengastr­onomie nutzen.
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RP-FOTO: INGEL Andreas Steinhauer und seine Frau Hanna haben 2020 Steini's T-bar eröffnet. Sie hätten gerne nächste Woche aufgemacht.
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RP-FOTO: NIKA Domenico Tartaglion­e vom Carissima in Oberkassel hat nicht wirklich daran geglaubt, dass er am 22. März seine Terrasse aufmachen kann.
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RP- FOTO: RÖHRIG Bier- und Wintergart­en des Gasthauses haben Christiane und Joachim Roßmann in den vergangene­n vier Wochen startklar gemacht.
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RP-FOTO: BRABECK Gastwirt Ciro Colella hat mit Frau Uta und Tochter Fee im Biergarten urige Holzhütten aufgebaut. Dort sollten kleine Gruppen feiern und essen.

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