Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Die Corona-helden der Stadt

Zehn bewunderns­werte Menschen zeichnete die Rheinische Post Mediengrup­pe mit ihrem Preis „Düsseldorf­er des Jahres“aus.

- VON TINO HERMANNS Heike Borchardt Nadine Büchel Thorsten Feldt

DÜSSELDORF Sie sorgen dafür, dass auch in der Pandemie das gesellscha­ftlich-soziale Leben funktionie­rt: die zahllosen Corona-helden. Sie sind da, wenn sie gebraucht werden. Sie kümmern sich darum, dass die Heizung funktionie­rt, das Licht brennt und das Wasser in gewohnter Weise aus dem Hahn fließt. Sie tun, was immer nötig ist, um uns medizinisc­h zu helfen, sie stehen bereit, ob Tag oder Nacht. Vielfach ist das in selbstgewä­hlter oder auch verordnete­r Isolation im Homeoffice nicht möglich. Sie halten der arbeitende­n Bevölkerun­g den Rücken frei, indem sie sich um deren Kinder kümmern, sie versorgen uns mit Lebensmitt­eln und bringen uns pünktlich von A nach B. Sie wissen, dass sie sich in ihrem Job einem erhöhten Infektions­risiko aussetzen, und trotzdem tun sie zuverlässi­g ihren Dienst.

Das würdigte die Rheinische Post Mediengrup­pe bei der Vergabe ihrer Auszeichnu­ng „Düsseldorf­er des Jahres“2020. Die Jury habe sich dazu entschloss­en, dieses Mal die „Sonderkate­gorie Corona“zu vergeben“, sagt Jörg Philippi-gerle, als Leiter Veranstalt­ungen/netzwerk RP Veranstalt­ungen auch Organisato­r dieser Preisverga­be. „Dabei haben wir uns an der vom Nrw-gesundheit­sministeri­um herausgege­benen Liste der systemrele­vanten Berufe orientiert und aus zehn dieser Berufsgrup­pen jeweils einen Preisträge­r stellvertr­etend für die gesamte Branche ausgewählt.“Dabei griff die Jury auch auf die Hinweise der Rp-leser zurück.

Um das gemeinscha­ftliche Leben hat sich etwa besonders verdient gemacht. Sie ist Busfahreri­n bei der Rheinbahn. „Mir war wichtig, diesen Job zu machen. Ich habe mir gedacht, du bist gesundheit­lich robust, du wirst ja jedes Jahr ab Oktober angehustet“, meint Borchardt. Damit es aber nicht dazu kam, hat die Rheinbahn frühzeitig den Fahrerbere­ich vom Rest des Busses mit Folien und Acrylglass­cheiben abgetrennt. „Es gab keinen Grund, zu sagen: Ich fühle mich gefährdet“, so Borchardt. In der ersten Phase des Lockdowns war sie mitunter ganz schön im Stress, weil sich Fahrgäste nicht an die Regeln halten wollten, den Frust an ihr ausließen. „Es war manchmal erschrecke­nd. In dieser Corona-zeit kam der Egoismus der Menschen durch. Man musste mit viel Diplomatie agieren“, sagt die Fahrerin.

Marcel Angermund ist Hauptbrand­meister der Berufsfeue­rwehr und war an einer entscheide­nden Stelle der Umsetzung von coronabedi­ngten Hygienekon­zepten tätig. In der Feuerwache Lierenfeld kamen täglich 30 Paletten mit Masken, Schutzklei­dung und Handschuhe­n an, die gerecht an die Düsseldorf­er Krankenhäu­ser, Pflegedien­ste oder Behörden verteilt werden mussten. „Die Feuerwehr alleine hätte das kaum geschafft, wir müssen uns ja auch noch um unser tägliches Geschäft kümmern und jederzeit einsatzber­eit sein“, sagt Angermund. „Die Feuerwehr hat zusammen mit dem THW, den Maltesern, dem DRK, dem ASB und den Johanniter­n die Aufgabe gemeistert. Das hat allen gezeigt: Wenn es darauf ankommt, haben wir einen gut funktionie­renden Katastroph­enschutz.“dürfte mit ihrem Team so einige „Katastroph­en“im häuslichen Bereich verhindert haben. Sie ist Leiterin der Kindertage­sstätte an der Kolhagenst­raße. „Unsere Kita war nie geschlosse­n. Wir hatten immer mindestens 50 bis 60 Prozent unserer Kinder in der Betreuung“, erläutert Büchel. „Wir hatten und haben schon Angst, uns anzustecke­n, weil es unmöglich ist, kleine Kinder ohne körperlich­en Kontakt zu betreuen.“Zwar gibt es auch in den Kitas Hygienekon­zepte wie zum Beispiel das Betretungs­verbot für Eltern, Handdesinf­ektion und Lüftungspl­äne, aber Kinder müssen auch in den Arm genommen, getröstet und gelobt werden. „Wir hatten zum Glück in unserem 18-köpfigen Team noch keinen Corona-fall“, freut sich Büchel.

Auch für Dirk Drunkemöll­er ist Arbeit im Homeoffice keine Option. Er ist Müllwerker bei der Awista und hat in den Lockdowns jede Menge zu tun. „Die Menschen sind zu Hause und produziere­n Müll. Da ist die Müllmenge nahezu explodiert“, sagt Drunkemöll­er. „Wir mussten Extraschic­hten fahren und Zusatzfahr­zeuge einsetzen, sonst hätten wir den Müllberg nicht beherrsche­n können.“Dank des unermüdlic­hen Einsatzes, die Awista arbeitet an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden, blieb es in Düsseldorf verhältnis­mäßig sauber. Das dankt auch die Bevölkerun­g. „Für mich ist es immer ein große Freude, wenn uns Kinder am Straßenran­d zuwinken“, so Drunkemöll­er.

Auch Pia Khamkoh hat positive Reaktionen auf ihre Arbeit erhalten. Die 25-Jährige gab als Bankkauffr­au bei der Volksbank Düsseldorf/neuss nicht nur Papiergeld aus. „Eine Kundin hatte einfach kein Toilettenp­apier mehr zu Hause. Wir gaben ihr welches. Sie hat sich so darüber gefreut, dass ihr die Tränen kamen“, berichtet Khamkoh. Ohnehin hat sich die Volksbank nicht nur in der Schalterha­lle um ihre Kunden gekümmert. „Wir haben sogenannte ‚Care Calls` gemacht und uns erkundigt, wie es unseren Kunden geht. Dabei haben wir erfahren, dass es einige Corona-fälle gegeben hat. Für mich war der Kontakt zu ihnen wegen des Hygienekon­zeptes aber kein Problem“, so Kamkoh. „Ich bin wirklich stolz darauf, ein Teil der systemrele­vanten Berufsgrup­pen zu sein.“

Genau wie Andrea Rübsam. Die Bäckereifa­chverkäufe­rin in der Bäckerei Hinkel stand jeden Tag charmant und nervenstar­k ihre Frau. „Für mich war es normales Arbeiten unter verschärft­en Hygienebed­ingungen und angepasste­n Öffnungsze­iten“, so Rübsam. „Unsere Kunden haben kaum gemeckert und hatten alle die Toleranz, draußen vor der Tür zu warten. Dabei war es egal, ob es regnete oder stürmte. Deshalb: Hut ab vor unseren Kunden.“Die Sorge um ein Familienmi­tglied machte ihr zu schaffen: „Ich habe einen kranken Vater, den will ich auf keinen Fall anstecken. Am Anfang hatte ich auch Angst, zu erkranken, aber wenn sich jeder an die geeigneten Schutzmaßn­ahmen hält, sinkt das Ansteckung­srisiko erheblich“, so die Verkäuferi­n. „Wir machen unseren Job, den machen wir gerne, und wir waren da für die Leute, die uns brauchten.“

Genauso wie Rübsam arbeitete Mike Mauer normal weiter. „Corona interessie­rt uns bis auf die Einhaltung der Schutzkonz­epte nicht“, meint der Netztechni­ker der Netzgesell­schaft. Er ist im Entstördie­nst für Strom, Gas und Wasser tätig. Gibt es einen Ausfall, versuchen Mauer und seine Kollegen so schnell wie möglich, die Störung zu beheben. Dafür sind sie auch schon mal mit Blaulicht unterwegs. „In unserer Truppe sind wir 30 Leute. Zum Glück gab es bei uns noch keinen Corona-fall, obwohl wir viel Kontakt zu Menschen haben.“

Viel Kontakt zu Menschen hat auch medizinisc­hes Fachperson­al.

Vanessa Wolsing gehört dazu. Sie ist Krankenpfl­egerin und Stationsle­iterin im Marienhosp­ital. „Krankenpfl­eger hatten eine hohe zusätzlich­e psychische Belastung. Zunächst wusste man ja nicht, was ist das für ein Virus, welcher Patient ist daran erkrankt? Bronchosko­pien oder Intubation­en sind extrem gefährlich geworden“, erklärt Wolsing. „Inzwischen ist man ja schlauer. Jeder Patient, der aufgenomme­n wird, wird auf Corona getestet. Wegen der hohen Hygienesta­ndards ist die Ansteckung­sgefahr auf der Corona-station geringer als draußen.“Sie hat es immer besonders gefreut, wenn ehemalige Corona-patienten das Krankenhau­s wieder geheilt verlassen konnten. „Mich freut auch, dass sich die Wahrnehmun­g unserer Arbeit in der Gesellscha­ft ändert. Wir sind nicht nur Assistente­n, sondern eine eigenständ­ige Berufsgrup­pe.“

war als Oberarzt für Infektiolo­gie am Universitä­tsklinikum Düsseldorf einer der ersten Mediziner in Deutschlan­d, die Corona-patienten behandelte­n, und er ist bis heute unermüdlic­h für die sie im Einsatz. „Am Anfang war es eine schwierige Situation“, gesteht der Arzt. „Es gab wenige Informatio­nen aus China, kaum Gesicherte­s zu Übertragun­g und Therapie. Bis heute gibt es täglich Neues. Gut, dass es ein sehr schnelles und gutes Netzwerk zum Informatio­nsaustausc­h gibt.“

Auch für den Infektiolo­gen war es eine neue Erfahrung, den ganzen Arbeitstag über eine medizinisc­he Maske zu tragen. „Aber das schützt einen selber, die Mitarbeite­r und alle anderen“, hält Feldt fest. Er hatte Befürchtun­gen, dass in der ersten Welle der Pandemie die Intensivbe­tten nicht ausreichen könnten. „Wir hatten ja die Bilder aus Italien vor Augen. Ich bin heilfroh, dass wir die Triage nicht anwenden mussten, dass wir nicht entscheide­n mussten, welchen Patienten wir behandeln und welchen nicht.“

Ganz früh raus muss Detlev Klinkenber­g. Seine Arbeitszei­t beginnt um 3.15 Uhr, dann trägt er die Rheinische Post zu den Abonnenten. Als Corona neu war, war das Informatio­nsinteress­e besonders groß, die Zeitung wichtige morgendlic­he Informatio­nsquelle. „Ich musste bei meiner Arbeit keine Maske tragen. Ich bin immer nachts unterwegs und treffe so gut wie niemanden.“Er war genauso wie die anderen Corona-helden über seine Ehrung überrascht. „Ich wusste auch nicht, dass Zeitungsau­sträger systemrele­vant sind“, sagt er.

„Ich gratuliere allen, die diesen Sonderprei­s erhalten, ganz, ganz herzlich. Danke, dass Sie sich so verhalten haben, wie Sie sich verhalten haben“, sagte Nordrhein-westfalens Gesundheit­sminister Karl-josef Laumann den zehn Corona-helden in seiner Laudatio.

 ?? RP-FOTO: ANNE ORTHEN ?? Marcel Angermund, Nadine Büchel, Pia Khamkoh, Patric Gellenbeck (Areal Böhler), Andrea Rübsam, Thorsten Feldt, Vanessa Wolsing, Heike Borchardt und Dirk Drunkemöll­er (v.l.)
RP-FOTO: ANNE ORTHEN Marcel Angermund, Nadine Büchel, Pia Khamkoh, Patric Gellenbeck (Areal Böhler), Andrea Rübsam, Thorsten Feldt, Vanessa Wolsing, Heike Borchardt und Dirk Drunkemöll­er (v.l.)
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FOTO: MICHAEL LÜBKE Mike Mauer ist Netztechni­ker der Netzgesell­schaft.
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RP-FOTO: PHILIPPI-GERLE Detlev Klinkenber­g trägt die Rheinische Post aus.

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