Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
„Füchse“von Franz Marc sind Raubkunst
Die Beratende Kommission empfiehlt eine Rückgabe des bedeutenden Gemäldes an die Erben eines jüdischen Bankiers. Der Düsseldorfer Stadtrat wird wohl zustimmen. Die Stadt hatte zunächst keinen Grund dafür gesehen.
DÜSSELDORF Die Stadt Düsseldorf wird aller Voraussicht nach eines der bedeutendsten Werke ihrer Kunstsammlung als Raubkunst restituieren. Die „Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe Ns-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts“hat am Freitag die Empfehlung ausgesprochen, das Gemälde „Die Füchse“von Franz Marc an die Erben des Bankiers Kurt Grawi zurückzugeben. Die Entscheidung fiel mit knapper Zweidrittel-mehrheit.
Die Stadtverwaltung wird die Empfehlung im April zunächst dem Kulturausschuss und dann dem Stadtrat vorlegen. Eine Zustimmung gilt als wahrscheinlich, nicht zuletzt, da der Rat auch die Klärung durch die Kommission beschlossen hatte. Der Wert des Gemäldes, das sich im Museum Kunstpalast befindet, wird auf mehr als zehn Millionen Euro geschätzt. Es gilt als eines der bedeutendsten Werke der städtischen Sammlung.
Die Erbengemeinschaft von Kurt und Else Grawi hatte sich 2015 an die Stadt gewandt. Nach dreijähriger Forschung in deutschen und internationalen Archiven konnten die städtischen Provenienzforscher die Herkunft des Gemäldes nachvollziehen. Demnach ließ Kurt Grawi, der 1939 nach Chile emigriert war, das Gemälde 1940 in den Vereinigten Staaten veräußern. Auch ein solcher Verkauf in Zusammenhang mit der Ns-verfolgung kann unter die Kriterien für Raubkunst fallen. Da der Verkauf aber außerhalb des
Ns-machtbereichs stattgefunden hat, war die Stadt Düsseldorf zunächst der Ansicht, dass das Gemälde nicht zu restituieren ist.
Trotzdem zeigten sich die Kommune und die Erben bereit, den Fall durch die Kommission entscheiden zu lassen. Die sah nun doch genügend Anhaltspunkte. „Der Verkauf 1940 in New York war die unmittelbare Folge der Inhaftierung im Konzentrationslager und der anschließenden Flucht und stand mit der nationalsozialistischen Verfolgung in einem derart engen Zusammenhang, dass der Ort des Geschehens demgegenüber zurücktritt“, heißt es in der Begründung.
Die entscheidende Sitzung der Kommission wurde überschattet von einem Streit. Ein Kommissionsmitglied, die Grünen-politikerin Marieluise Beck, teilte demnach im Chat der Videokonferenz ihre Meinung zu dem Fall bereits mit, als noch nicht alle Fakten vorgetragen worden waren. Düsseldorfs Kulturdezernent Hans-georg Lohe beantragte daraufhin vergeblich, sie wegen Befangenheit auszuschließen. Beck hatte unter anderem an die Ns-vergangenheit des Unternehmers Helmut Horten erinnert, der das Gemälde 1962 gestiftet hatte. Horten stand aber nicht in Zusammenhang mit dem Verkauf im Jahr 1940. Teilnehmerkreise bestätigten einen entsprechenden Bericht des „Deutschlandfunks“.
Der Kunstpalast hatte das 1913 entstandene Werk in seiner Dauerausstellung von Hauptwerken aus der Sammlung gezeigt, bis sie wegen des laufenden Umbaus geschlossen wurde. Das Werk des 1916 gestorbenen Expressionisten wurde als Leihgabe in der ganzen Welt gezeigt, zuletzt 1992 im Musée d`art Moderne de la Ville de Paris.
Der Bankier Kurt Grawi war von den Nationalsozialisten verfolgt und im KZ Sachsenhausen inhaftiert worden. 1939 floh er zur Familie seiner Frau nach Santiago de Chile Es gelang ihm, das Bild nach New York zu verschiffen. Dort bot sein Freund Ernst Simon das Bild im Auftrag von Grawi zunächst dem Museum of Modern Art an. Dessen Angebot nahm jedoch Kurt Grawi nicht an, sondern veräußerte es im Frühjahr 1940 über den ebenfalls emigrierten ehemaligen Berliner Kunsthändler Karl Nierendorf an den deutsch-amerikanischen Regisseur William Dieterle. Dieterle zeichnete sich dadurch aus, dass er vielen bedeutenden Künstlern und verfolgten Menschen die Auswanderung und Gründung einer Existenz in den Vereinigten Staaten ermöglichte. Dafür erhielt er im Jahr 1956 von der Bundesrepublik Deutschland das Bundesverdienstkreuz.