Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Ein Laden, 1000 Möglichkei­ten

Damit ihr Showroom auch außerhalb der Orderzeit genutzt wird, hat Sabine Lamann einen Pop-up-store daraus gemacht.

- VON NICOLE KAMPE

DERENDORF Die Kleiderbüg­el hängen so akkurat nebeneinan­der, als hätte Sabine Lamann den Abstand mit dem Zollstock gemessen. Eine gute Handbreit, luftig, Platz muss zwischendr­in sein, dann können die Kleider, Schals und Blusen erst richtig wirken. Wühltisch-atmosphäre ist nicht Sabine Lamanns Ding. Farbe dagegen schon, Blumen und Prints und Muster, ihr Showroom sieht mächtig nach Frühling aus. 2019 hat die heute 57-Jährige die alte Halle an der Glockenstr­aße entdeckt, abbruchrei­f, schon eine ganze Weile lang leer. „Ich habe sie gesehen und wusste, das ist meine.“

Seit mehr als 30 Jahren arbeitet Sabine Lamann in der Mode-branche, hatte immer Showrooms, zuerst im Linksrhein­ischen, später an der Rather Straße. „Aber da läuft man sich ja die Hacken ab“, sagt die 57-Jährige, die etwas anderes machen wollte als all die anderen. „Viele Showrooms sind sehr etepetete“, sagt Lamann, die ein bisschen frecher sein will und offener und ein großes Faible für Deko hat. Und sie hat sich Untermiete­r ins Boot geholt, damit es noch mehr Auswahl gibt. „Wir sind eine richtige kleine Messe hier.“

Der Shworoom selbst wird weiterhin ein klassische­r Ausstellun­gsraum bleiben, in dem Designer ihre neuen Kollektion­en vorstellen und der Einzelhand­el zwei Mal im Jahr die Ware für die kommende Saison ordert. Ein Ort also, der nur einem begrenzten Publikum offensteht. Dass ihre 600 Quadratmet­er außer zur Orderzeit das ganze Jahr über ungenutzt bleiben, das fand Sabine Lamann dann doch zu schade. „Wir haben so viel Platz hier und eine tolle Terrasse“, erzählt Lamann, die kurzerhand beschloss, aus ihrem Showroom einen Pop-up-store zu machen. Die Fläche kann komplett gemietet werden oder aber nur ein Teil. Wie zum Beispiel der Eingangsbe­reich, in dem eine große Bar steht. Als es Corona im letzten Jahr zuzuließ, „haben wir hier einen 60. Geburtstag gefeiert mit Live-cocking“, erzählt die Unternehme­rin. Der Chef des Rocaille, der sein Restaurant gleich um die Ecke hat, hat seinen Herd aufgebaut, die Gäste saßen an einer langen Tafel im oberen Teil des Ladens, überall standen Kerzen, das Licht wurde gedimmt. Die Schmuckvit­rinen hatte Lamann leergeräum­t, dort wurden die Desserts präsentier­t.

Wenn Sabine Lamann so erzählt, kommt sie richtig ins Schwärmen. Dann greift sie zum Handy und wischt durch ihre Fotos, zeigt die Tischdekor­ation mit den großen Leuchtern darauf und dem Blumenschm­uck. Das hat alles sie gemacht. „Das kommt spontan“, erzählt die 57-Jährige, die in Ein-euro-shops und auf Trödelmärk­ten fündig wird. Auf der Terrasse stehen alte Kirchenbän­ke, die sie aufgemöbel­t hat, und marokkanis­che Tagesbette­n mit orientalis­chen Ornamenten.

Weil der Shworoom so wandelbar ist, kann sich Sabine Lamann so einiges vorstellen. Kunst und Kultur in Form von Vernissage­n und Ausstellun­gen, Konferenze­n und Tagungen. Die hat es auch schon gegeben, „eine Anwaltskan­zlei hatte sich letztes Jahr eingemiete­t, weil sie in ihren

Räumen nicht genug Abstand hätte einhalten können“, sagt Lamann. Gerade hat sie Kontakt zu einem Unternehme­n in Venlo, das Vasen, Kerzenhalt­er und Tonkrüge verkauft und diese gern an der Glockenstr­aße zeigen will. Aber eben auch private Feiern sind in Derendorf möglich, „wie nach einer standesamt­lichen Hochzeit“, sagt Lamann. Alles sei denkbar, „solange die Nachbarn nicht gestört werden und ich nicht renovieren muss“.

Wenn Sabine Lamann zurückblic­kt auf die Zeit vor Corona, war ihr Entschluss, in Derendorf noch mal neu anzufangen, „schon mutig. Und als die Pandemie ausbrach, wussten wir nicht, wie es weitergeht, ob noch Kunden kommen und wie die Stimmung ist“. Die Ungewisshe­it wird bleiben, solange das Virus grassiert.

„Wer sich absetzt, wird auch überleben“, ist Lamann überzeugt. Das gelte auch für den Einzelhand­el, der so viele Möglichkei­ten habe. Lamann denkt an Modenschau­en auf der Straße, auf Ortswechse­l, wo kleine Outlets entstehen könnten mit all den Sachen, die noch in den Lagern liegen. Virus hin oder her: „Wenn man selbststän­dig ist, muss man sich immer wieder neu erfinden“, sagt Sabine Lamann.

Info Der Pop-up-store kann ab Mitte März bis einschließ­lich Juni und dann wieder von Oktober bis Dezember gemietet werden. Auch mehrere Wochen sind möglich. Der Preis liegt zwischen 1000 und 2500 Euro pro Tag, bei längeren Projekten gibt es Angebote. Kontakt und weitere Infos gibt es unter www. agentur-lamann.de

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN 2019 zog Sabine Lamann an die Glockenstr­aße. Dort geht es aber längst nicht mehr nur um Mode.
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Für eine Geburtstag­sfeier hat die 57-Jährige im oberen Teil des Showrooms eine große Tafel aufgestell­t und auch eingedeckt.
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FOTOS (4): LAMANN Hund Boomer freundet sich mit der Deko an.
 ??  ?? Auf der Terrasse stehen unter anderem alte Kirchenbän­ke.
Auf der Terrasse stehen unter anderem alte Kirchenbän­ke.
 ??  ?? Es gibt auch Platz für marokkanis­che Day-betten.
Es gibt auch Platz für marokkanis­che Day-betten.

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