Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Ein Laden, 1000 Möglichkeiten
Damit ihr Showroom auch außerhalb der Orderzeit genutzt wird, hat Sabine Lamann einen Pop-up-store daraus gemacht.
DERENDORF Die Kleiderbügel hängen so akkurat nebeneinander, als hätte Sabine Lamann den Abstand mit dem Zollstock gemessen. Eine gute Handbreit, luftig, Platz muss zwischendrin sein, dann können die Kleider, Schals und Blusen erst richtig wirken. Wühltisch-atmosphäre ist nicht Sabine Lamanns Ding. Farbe dagegen schon, Blumen und Prints und Muster, ihr Showroom sieht mächtig nach Frühling aus. 2019 hat die heute 57-Jährige die alte Halle an der Glockenstraße entdeckt, abbruchreif, schon eine ganze Weile lang leer. „Ich habe sie gesehen und wusste, das ist meine.“
Seit mehr als 30 Jahren arbeitet Sabine Lamann in der Mode-branche, hatte immer Showrooms, zuerst im Linksrheinischen, später an der Rather Straße. „Aber da läuft man sich ja die Hacken ab“, sagt die 57-Jährige, die etwas anderes machen wollte als all die anderen. „Viele Showrooms sind sehr etepetete“, sagt Lamann, die ein bisschen frecher sein will und offener und ein großes Faible für Deko hat. Und sie hat sich Untermieter ins Boot geholt, damit es noch mehr Auswahl gibt. „Wir sind eine richtige kleine Messe hier.“
Der Shworoom selbst wird weiterhin ein klassischer Ausstellungsraum bleiben, in dem Designer ihre neuen Kollektionen vorstellen und der Einzelhandel zwei Mal im Jahr die Ware für die kommende Saison ordert. Ein Ort also, der nur einem begrenzten Publikum offensteht. Dass ihre 600 Quadratmeter außer zur Orderzeit das ganze Jahr über ungenutzt bleiben, das fand Sabine Lamann dann doch zu schade. „Wir haben so viel Platz hier und eine tolle Terrasse“, erzählt Lamann, die kurzerhand beschloss, aus ihrem Showroom einen Pop-up-store zu machen. Die Fläche kann komplett gemietet werden oder aber nur ein Teil. Wie zum Beispiel der Eingangsbereich, in dem eine große Bar steht. Als es Corona im letzten Jahr zuzuließ, „haben wir hier einen 60. Geburtstag gefeiert mit Live-cocking“, erzählt die Unternehmerin. Der Chef des Rocaille, der sein Restaurant gleich um die Ecke hat, hat seinen Herd aufgebaut, die Gäste saßen an einer langen Tafel im oberen Teil des Ladens, überall standen Kerzen, das Licht wurde gedimmt. Die Schmuckvitrinen hatte Lamann leergeräumt, dort wurden die Desserts präsentiert.
Wenn Sabine Lamann so erzählt, kommt sie richtig ins Schwärmen. Dann greift sie zum Handy und wischt durch ihre Fotos, zeigt die Tischdekoration mit den großen Leuchtern darauf und dem Blumenschmuck. Das hat alles sie gemacht. „Das kommt spontan“, erzählt die 57-Jährige, die in Ein-euro-shops und auf Trödelmärkten fündig wird. Auf der Terrasse stehen alte Kirchenbänke, die sie aufgemöbelt hat, und marokkanische Tagesbetten mit orientalischen Ornamenten.
Weil der Shworoom so wandelbar ist, kann sich Sabine Lamann so einiges vorstellen. Kunst und Kultur in Form von Vernissagen und Ausstellungen, Konferenzen und Tagungen. Die hat es auch schon gegeben, „eine Anwaltskanzlei hatte sich letztes Jahr eingemietet, weil sie in ihren
Räumen nicht genug Abstand hätte einhalten können“, sagt Lamann. Gerade hat sie Kontakt zu einem Unternehmen in Venlo, das Vasen, Kerzenhalter und Tonkrüge verkauft und diese gern an der Glockenstraße zeigen will. Aber eben auch private Feiern sind in Derendorf möglich, „wie nach einer standesamtlichen Hochzeit“, sagt Lamann. Alles sei denkbar, „solange die Nachbarn nicht gestört werden und ich nicht renovieren muss“.
Wenn Sabine Lamann zurückblickt auf die Zeit vor Corona, war ihr Entschluss, in Derendorf noch mal neu anzufangen, „schon mutig. Und als die Pandemie ausbrach, wussten wir nicht, wie es weitergeht, ob noch Kunden kommen und wie die Stimmung ist“. Die Ungewissheit wird bleiben, solange das Virus grassiert.
„Wer sich absetzt, wird auch überleben“, ist Lamann überzeugt. Das gelte auch für den Einzelhandel, der so viele Möglichkeiten habe. Lamann denkt an Modenschauen auf der Straße, auf Ortswechsel, wo kleine Outlets entstehen könnten mit all den Sachen, die noch in den Lagern liegen. Virus hin oder her: „Wenn man selbstständig ist, muss man sich immer wieder neu erfinden“, sagt Sabine Lamann.
Info Der Pop-up-store kann ab Mitte März bis einschließlich Juni und dann wieder von Oktober bis Dezember gemietet werden. Auch mehrere Wochen sind möglich. Der Preis liegt zwischen 1000 und 2500 Euro pro Tag, bei längeren Projekten gibt es Angebote. Kontakt und weitere Infos gibt es unter www. agentur-lamann.de