Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
„Schwarz-grün schreckt das Handwerk nicht“
ANDREAS EHLERT Die Handwerkskammer Düsseldorf hat ihren Präsidenten im Amt bestätigt. Dieser fordert Perspektiven für Betriebe und erwartet vom Land eine Senkung der Grunderwerbsteuer.
DÜSSELDORF Der oberste Handwerker in NRW heißt auch in den nächsten fünf Jahren Andreas Ehlert. Die Vollversammlung der Handwerkskammer Düsseldorf bestätigte den Schornsteinfegermeister am Mittwoch mit großer Mehrheit als ihren Präsidenten. Der 59-Jährige ist seit 2014 auch Präsident des Nrw-handwerks.
Herr Ehlert, die Pandemie lähmt das Land. Wie geht es dem Handwerk derzeit?
EHLERT Das Handwerk ist gespalten: 75 Prozent der Betriebe geht es sehr gut, vor allem Bau- und Ausbau-gewerke haben so viel zu tun wie nie zuvor. Doch 25 Prozent stecken in einer tiefen Krise: Maßschneider, Fotografen, Optiker und Fleischer im Catering, die von der Begegnung mit Menschen leben, bangen um ihre Existenz.
Kommen die staatlichen Hilfen noch immer nicht an?
EHLERT Inzwischen sind, wenn auch spät, die November- und Dezemberhilfen bei den meisten angekommen. Doch die Hilfen sind falsch konstruiert: Sie ersetzten bis zu 90, künftig sogar 100 Prozent der Fixkosten. Das kommt Menschen zugute, die hohe Miet- oder Kreditkosten haben. Ausgerechnet der Handwerker, der mit eigenem Kapital wirtschaftet, geht dagegen leer aus.
Die Bundesregierung verweist ihn auf Hartz IV ...
EHLERT Wir begrüßen lieber den Vorschlag des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, wonach der Staat besser auf den Ersatz des entgangenen Gewinns setzt und so einen Großteil der Krisenverluste ausgleicht. Das rettet auch Solo-selbstständige.
Die Bundesregierung hat eine Testpflicht für Firmen verhängt. Was halten Sie davon?
EHLERT Handwerker testen ihre Mitarbeiter aus eigener Motivation. Wir brauchen keine Pflicht. Befremdlich ist es, dass der Staat Betrieben eine Pflicht auferlegt, die er selbst nicht erfüllt. Bis heute sind nicht in allen Schulen und Kitas regelmäßig Tests im Einsatz. Ein anderes Beispiel für das Messen mit zweierlei Maß: Der Staat schreibt der Wirtschaft Homeoffice vor, die Bundesagentur für Arbeit aber lässt 50 Prozent ihrer 100.0000 Mitarbeiter im Büro arbeiten. Offenbar versucht der Staat, mit der Testpflicht von eigenen Problemen abzulenken.
Sind Sie enttäuscht von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der die Testpflicht nicht verhindert hat und für die Hilfen verantwortlich ist?
EHLERT Da scheint es Probleme zwischen Wirtschafts- und Finanzministerium zu geben. Ich werde ihn fragen, er kommt am 26. April zu uns nach Düsseldorf.
Wie sehen Sie den Machtkampf in der Union?
EHLERT Ich gratuliere Armin Laschet, der sich als Kanzlerkandidat durchgesetzt hat, sehr herzlich. Wir schätzen ihn als Kenner des Handwerks und als Politiker, der das Subsidiaritätsprinzip hochhält. Nun kommt es darauf an, dass die Union nach vorn schaut. Wir erwarten von ihr Perspektiven für die Betriebe.
Nun kommt aber der Bundeslockdown ...
EHLERT Ich finde es gut, dass es einheitliche Regeln gibt, ihre Anwendung aber auf regionale Unterschiede Rücksicht nimmt. Es kann nicht sein, dass eine Stadt wie Dortmund ihre Schulen vorzeitig schließt. Es ist gut, dass NRW Schulen so lange wie möglich offen hält. Hier geht es um Bildungschancen.
Die Umfragewerte für Laschet sind im Keller. Aktuell sieht es nach Schwarz-grün oder Grün-schwarz aus. Schreckt Sie das?
EHLERT Nein, Schwarz-grün schreckt uns nicht. Es kommt auf die Inhalte an. Beim Thema Nachhaltigkeit sind wir auch mit den Grünen einig.
Die Grünen fordern eine Vermögensteuer und höhere Einkommensteuern. Das trifft auch Personengesellschaften.
EHLERT Diese Forderungen dürfen nicht Realität werden. Jetzt ist nicht die Zeit für Steuererhöhungen. Aus den Schulden aus der Finanzkrise 2009 ist Deutschland durch starkes Wachstum hinausgewachsen. So muss es auch dieses Mal gehen.
Was erwarten Sie von Laschets Landesregierung?
EHLERT Sie muss endlich ihr Wahlversprechen einlösen und die Grunderwerbsteuer senken. Nordrhein-westfalen ist mit einem Steuersatz von 6,5 Prozent am teuersten. Auch bei der Grundsteuer muss etwas passieren, wenn wir das komplizierte Modell von Bundesfinanzminister Olaf Scholz verhindern wollen.
Haben Sie einen Vorschlag?
EHLERT NRW sollte das Modell von Bayern übernehmen, bei dem die Belastung nicht aus dem Ruder laufen kann.