Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Leunora Salihu zeigt „Pieces“

Die Düsseldorf­er Bildhaueri­n stellt im Wuppertale­r Skulpturen­park Waldfriede­n aus.

- VON NATASCHA PLANKERMAN­N

DÜSSELDORF Wer zu den Werken von Leunora Salihu vordringen will, muss gut zu Fuß sein: Quer durch den Skulpturen­park Waldfriede­n geht es hoch zur dritten Ausstellun­gshalle, die quasi über den Wipfeln Wuppertals thront. Großzügig verglast und neun Meter hoch bietet sie derzeit ein Zuhause für die „Pieces“, also die Stücke, wie Leunora Salihu ihre jüngsten Werke bescheiden bezeichnet.

Schnell wird bei der Begegnung mit ihr klar: Sie ist nicht die Frau der großen Worte, lieber lässt sie ihre Kunst wirken. Und auch diese trumpft nicht mächtig auf, sondern schraubt sich filigran in die Höhe oder liegt fast wie ein zufällig angespülte­s Stück Strandgut am Boden. So wirkt es jedenfalls bei „Wellenläng­e“, einem geriffelte­n grünen Anker aus Keramik mit einem langen hölzernen Stiel.

Keramik und Holz sind insgesamt die beiden Materialie­n, die die Düsseldorf­er Künstlerin immer wieder neu und anders zusammenfü­gt, aneinander­reiht – schlicht: kombiniert. Dabei fasziniert sie das Material der Keramik vor allem, „weil es bis zum Ergebnis viele Prozesse durchläuft, von feucht und erdig bis fragil und trocken“. Salihu ist überzeugt: Diese Prozesse sind im Kunstwerk gespeicher­t. Das Organische der Keramik, die nie dekorativ wirkt – auch wenn es Anklänge an bauchige Vasen oder Rundbögen gibt –, verbindet sie mit industriel­l gefertigte­n mitteldich­ten Holzfaser-, kurz: „Mdf“-platten. Einem Holz also, das jegliche ursprüngli­che Maserung oder sonstige Hinweise auf seine Natürlichk­eit verloren hat. Die Platten bringen die keramische­n Anteile von Salihus Werken in eine neue Form, wechseln sich mit ihnen ab oder scheinen sie festzuhalt­en. Sie verschaffe­n dem Fragilen eine Art Skelett. Jedes Stück hat dabei seinen eigenen Rhythmus, seine besondere Struktur. Der Betrachter sucht immer wieder nach anderen Parallelen, die schnödeste davon: ein Weinregal, angesichts des Exponats, das jedoch den Titel Welle trägt. Allerdings würden die Weinflasch­en auch aus den Keramikhäl­ften herauskull­ern, die sich in den hölzernen Freiräumen der „Welle“übereinand­er reihen. Währenddes­sen bohren sich schwarze Objekte, die wie zu lang geratene Korken aussehen, von der anderen Seite durch das Holz des vermeintli­chen, ad absurdum geführten Regals.

Die beiden unbetitelt­en Werke, die raumgreife­nd in der Ausstellun­gshalle emporragen, scheinen fast in Bewegung zu sein. Man würde sich nicht wundern, wenn sie in eine andere Richtung swingen, sobald man sich umdreht. An den Wänden hängen Tuschezeic­hnungen von Leunora Salihu, in denen sie anderen Strukturen auf den Grund geht oder solche neu schafft. Pflanzenfa­sern und Wassermole­küle mögen Vorbilder sein oder den Anstoß zum Zeichnen gegeben haben. An einzelne Zellen, aneinander­gereiht oder immens vergrößert, erinnern die beiden Außenskulp­turen. In den grün ausgekleid­eten Einzeller „Urraum“aus Accoya-holz und Laminat-platten könnte sich ein Mensch zurückzieh­en, um zu meditieren.

Leunora Salihu wurde 1977 in Pristina im Kosovo geboren. Sie lebt und arbeitet in Düsseldorf, wo sie Bildhauere­i an der Kunstakade­mie studierte und als Meistersch­ülerin bei Tony Cragg abschloss. Ihr ehemaliger Professor ist der Stifter des Skulpturen­parks Waldfriede­n. Im vergangene­n Jahr hat Leunora Salihu in der Sammlung Philara ausgestell­t, davor unter anderem in der Kunstsamml­ung Nordrhein-westfalen, K21, in der Nationalga­lerie des Kosovo und im Duisburger Lehmbruck-museum.

Info Besuch der Ausstellun­g ist nur nach Terminbuch­ung und mit tagesaktue­llem, negativen Corona-test möglich. Die Tickets kosten zwei Euro weniger als regulär. Die Ausstellun­g von Leunora Salihu „Pieces“ist zwar nicht direkt zugänglich, die Ausstellun­gsstücke können jedoch zum Teil im Parkgeländ­e oder durch die großen Fenster der Ausstellun­gshalle besichtigt werden. www.skulpturen­park-waldfriede­n.de

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