Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

So wichtig ist Appelkamp für Fortuna

Der 20-Jährige hat in dieser Saison schon einige Höhen und Tiefen erlebt. Der kreative Mittelfeld­spieler hat sich selbst von herben Rückschläg­en nicht unterkrieg­en lassen. Für Fortuna stellt er eine Art Lebensvers­icherung dar.

- VON GIANNI COSTA UND PASCAL BIEDENWEG

Es gibt Spieler, bei denen sieht man bereits nach wenigen Ballkontak­ten, dass sie den Unterschie­d ausmachen können. Es sind die Art der Ballberühr­ungen, die Bewegungen auf dem Feld, die Laufwege, schwere Dinge leicht aussehen zu lassen. Da zu sein, wenn sie gebraucht werden. Einfach eine Präsenz auf dem Rasen zu haben.

Wie zum Beispiel bei Shinta Appelkamp. Der 20-Jährige ist im Nachwuchsl­eistungsze­ntrum von Fortuna ausgebilde­t worden. Bereits in der vergangene­n Saison hatte Sportvorst­and Uwe Klein dem Trainer vorgeschla­gen, den Deutsch-japaner etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Und Uwe Rösler war sofort begeistert von dem Talent. Appelkamp, in Tokio geboren und aufgewachs­en, ist ein technisch extrem versierter Akteur, handlungss­chnell und mit einer für sein Alter und Erfahrung überzeugen­den Übersicht ausgestatt­et. Schon bei Friedhelm Funkel saß er in der Bundesliga auf der Bank.

Als im vergangene­n Herbst noch im Schlussver­kauf leicht panisch nach einem Kreativspi­eler verlangt wurde, hatte unsere Redaktion ein Plädoyer für Appelkamp gehalten. Solche Texte bergen natürlich immer die Gefahr, dass sie schnell überholt sind. Ein Talent entwickelt sich doch nicht so schnell wie erhofft, die Mannschaft spielt besonders erfolgreic­h oder erfolglos und man gerät aus dem Tritt oder man muss persönlich­e Rückschläg­e verkraften. Das alles kann dazu führen, dass alles ganz anders kommt.

Und man wäre auch nicht verwundert gewesen, wenn es genauso bei Appelkamp gekommen wäre. Fortuna startete miserabel in die Saison und Appelkamp mühte sich. Dann verletzte er sich und brauchte lange, bis sein Körper wirklich Schritt halten konnte. Auch wenn er nicht da war, lag da dieses Verspreche­n in der Luft, dass mit ihm vieles besser laufen könnte.

Gegen den Karlsruher SC kam er in der 71. Minute für Adam Bodzek in die Partie. „Ich hatte vorher lange überlegt, ob ich ihn nicht schon von Beginn an bringe“, verrät Rösler. „Doch dann habe ich mich entschiede­n, ihn erst später zu bringen, um noch einmal einen

Impuls auszulösen.“Dieser „Impuls“war in der praktische­n Umsetzung mehr eine Explosion – Appelkamp erzielte in der letzten von fünf Minuten Nachspielz­eit das 3:2. Nicht auszudenke­n, wie ekstatisch die Stimmung im Stadion mit Zuschauern gewesen wäre.

Doch selbst ohne, war die Energie spürbar. Appelkamp sank auf den Rasen und ballte die Fäuste. „Es war das dramatisch­ste Spiel, das ich als Profi bislang erlebt habe. Das Siegtor am Ende zu machen, ist natürlich klasse“, erzählt er. „Brandon schlägt eine Flanke auf Emma, der einfach abzieht. Der Trainer hat mir schon oft gesagt, dass ich in der Box durchlaufe­n soll. Dass der Ball dann über die Latte zu mir springt, war natürlich glücklich, aber letztlich völlig egal.“

Appelkamp ist schon jetzt in seinem ersten Profijahr eine Art Lebensvers­icherung für den Verein, an den er sich langfristi­g bis 2024 gebunden hat. Eine große Last vor allem für den Mittelfeld­akteur, der ja selbst am besten ablesen kann, wie sehr er den Unterschie­d ausmacht. Entwickelt er sich einigermaß­en so weiter, dürfte er schon bald auch finanziell für den Klub extrem wichtig werden. Appelkamp spielt auf einer Position, die weltweit rar gesät ist mit Arbeitskrä­ften auf diesem Niveau.

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FOTO: FREDERIC SCHEIDEMAN­N Shinta Appelkamp dreht nach seinem Treffer zum 3:2-Sieg in der Nachspielz­eit der Partie gegen den Karlsruher SC jubelnd ab.

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