Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Schülerin schreibt Brief an Roller-dieb
Zu Weihnachten hat Sophie Büttner einen E-scooter bekommen. Einen Moment war sie unachtsam, da wurde ihr das Gefährt gestohlen. Jetzt bittet Sophie den Täter, den Roller wiederzubringen, und hat in Oberkassel Zettel aufgehängt.
OBERKASSEL Ihren Eltern lag Sophie Büttner immer in den Ohren, wenn sie einen Leih-scooter auf der Straße sah. „Kann ich den mal mieten?“, fragte die Schülerin dann. Einen Euro dafür zu zahlen, nur um das Gefährt anzuschalten, das sah Papa Björn nie richtig ein, fand so einen E-scooter aber auch selbst irgendwie ganz cool, sodass er Sophie zu Weihnachten mit einem eigenen din nach Hause, da stand der Scooter noch vor der Tür“, berichtet Sophie. Knapp zwei Stunden später war er weg.
Der Schock war groß, dann schossen Sophie tausend Gedanken durch den Kopf: „Scheiße, meine Eltern bringen mich um“, war der erste, „dann war ich total sauer auf mich selbst und irgendwann musste ich auch weinen“, sagt die Schülerin. Normalerweise hat sie den Roller immer mit hineingenommen, wie auf einen Schatz aufgepasst. Es gab auch noch ein richtiges Schloss, das in die Bremsscheiben gesteckt wird, das die 14-Jährige hätte anbringen können. An dem Morgen aber war sie in Eile, dachte nicht darüber nach, dass die elektronische Sperre nach acht Stunden automatisch gelöst wird. Der Dieb hatte leichtes Spiel, musste nur auf den Gas-knopf drücken und konnte ohne großes Aufsehen verschwinden.
„Irgendwann erfährt man als Kind, dass die Menschheit nicht gut ist“, sagt Björn Büttner, der seiner Tochter erst einmal Hausarrest verpasst hatte. Dann aber entschieden die Büttners, dass Sophie genug bestraft sei, „mir ist als Kind auch ein Fahrrad geklaut worden“, sagt Papa Björn. Er weiß genau, wie sich seine Tochter fühlt.
Mit dem Gedanken, dass der Scooter nun für immer weg ist, will sich Sophie noch nicht abfinden. Weil das Gefährt nicht nur eine Fahrgestellnummer hat, die jetzt bei Versicherern geblockt ist, sondern auch ein Kennzeichen. Will der Dieb also den Roller neu anmelden, wird er bei der Durchgabe der Fahrgestellnummer entlarvt. Ein ganz kleiner Hoffnungsschimmer für Sophie, die einen Brief geschrieben hat an den Dieb. Die Zettel hängen an Laternenmasten in Oberkassel. Ausgesprochen höflich beginnt die 14-Jährige das Schreiben: „Sehr geehrter Dieb. Du hast meinen Xiaomi E-roller am 21. April mitgenommen. Warum?“Sie erzählt in dem langen Brief, dass sie seit dem Diebstahl den Glauben an die Menschheit verloren hat und gibt auch zu, dass sie hätte besser aufpassen müssen auf ihren Scooter. „Nun ist es zu spät. Es sei denn, du bist ein so gutmütiger Mensch und erfüllst mir den Wunsch, den Roller vor das Haus zu stellen, wo du ihn gefunden hast“, schreibt Sophie.
Hunderte Schimpfworte wären der 14-Jährigen eingefallen, als sie an ihrem Schreibtisch saß vor dem leeren Zettel. Aber das hätte nichts gebracht. Sophie entschied, freundlich zu bleiben. „Ich glaube, der Dieb hat den Brief gelesen“, sagt Sophie, die so ein Bauchgefühl hat. „Aber er wird es ignorieren. Wäre er empathisch, hätte er den Roller gar nicht erst geklaut.“
Einen neuen Scooter wird es erstmal nicht geben, obwohl auch Papa Björn ihn ein bisschen vermisst. „Vom Lerneffekt wäre das nicht sinnvoll“, sagt Büttner, der aber festgestellt hat, dass seine Tochter vorsichtiger geworden ist. „Neuerdings schließt Sophie immer die Haustür ab, das hat sie vorher nie gemacht.“