Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Lockerunge­n müssen praktikabe­l sein

- VON GREGOR MAYNTZ

Ist das nicht eine schöne Nachricht? Kurz vor dem Muttertag erlaubt Mecklenbur­g-vorpommern wieder den Tagestouri­smus. Doch halt: Das gilt nur für vollständi­g Geimpfte. Die meisten Eltern müssen also zu Hause bleiben. Und selbst wenn sie schon geimpft sind, dürfen sie ihre Kinder nicht mitnehmen, denn die hatten noch keine Impfchance. Familiensp­altung ausgerechn­et im Land der früheren Familienmi­nisterin Manuela Schwesig.

Einen Tag nach dem Kabinettsb­eschluss hat der Bundestag den Weg für weitere Erleichter­ungen freigemach­t. An diesem Freitag folgt der Bundesrat. Das Tempo ist zu loben. Doch der Inhalt ist noch viel zu sehr obrigkeits­staatliche­m Erlaubnisd­enken verhaftet. Das Problem zeigt sich vor allem an der Salamitakt­ik bei den Öffnungen. Geimpfte und Genesene sollen sich nun wieder zu Hause ohne Auflagen treffen dürfen – aber draußen zusammen Sport zu treiben, bleibt ihnen verboten.

Zu wenig hält sich der Gesetzgebe­r vor Augen, dass es nicht um die Frage geht, welche Sonderrech­te für Minderheit­en ermöglicht werden, sondern darum, welche Grundrecht­seinschrän­kungen er für wen aufrechter­halten darf. Über zehn Millionen Menschen sind genesen oder vollständi­g geimpft. Das sind mehr, als 19 von 27 Eu-mitgliedst­aaten an Einwohnern haben. Es lässt sich leicht vorstellen, dass es in jedem dieser 19 Länder keine einzige Einschränk­ung mehr gäbe, wenn dort keine einzige Person mehr nennenswer­t ansteckend wäre. Daran sind auch die Einschränk­ungen für die Genesenen und Geimpften in Deutschlan­d zu messen. Gefragt sind also Lockerunge­n mit mehr Augenmaß. Als Orientieru­ng muss gelten, dass Einschränk­ungen die Ausnahme und nicht die Regel sind. Und dass alles so praktikabe­l wie möglich sein sollte. Auch im Land der früheren Familienmi­nisterin. BERICHT BUNDESTAG: FREIHEITEN FÜR GEIMPFTE, TITELSEITE

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