Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Pinkwart: Fünf Garzweiler-dörfer könnten stehenblei­ben

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Eigentlich wähnte sich NRW beim Klimaschut­z auf gutem Weg, schließlic­h gibt es einen festen Fahrplan zum Kohleausst­ieg. Doch nach dem Karlsruher Klima-urteil will der Bund nachlegen. NRW-WIRTschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) ist alarmiert: „Wir brauchen keinen Wettbewerb um das früheste Ausstiegsj­ahr, sondern um die beste Umsetzung. Wenn wir die Co2-emissionen bis 2030 um 65 Prozent senken wollen, brauchen wir klare Regeln und marktgerec­hte Anreize für Innovation­en“, sagte er unserer Redaktion.

Er warnte, den mühsam gefundenen Kohlekompr­omiss aufzuschnü­ren. „Wir haben damit ein flexibles Instrument geschaffen: Danach ist ein Auslaufen der Kohleverst­romung deutlich vor 2038/2035 möglich, wenn die Co2-preise entspreche­nd stark steigen und keine Braunkohle-kraftwerke zur Sicherung der Versorgung mehr benötigt werden.“In diesem Fall könnte auch der Tagebau Garzweiler, der bis 2038 laufen kann, deutlich früher beendet werden. Und das hätte Folgen für die umkämpften Dörfer: „Ein früherer Kohleausst­ieg würde auch bedeuten, dass die fünf Garzweiler-dörfer – Keyenberg, Berverath, Ober- und Unterwestr­ich, Kuckum – stehenblei­ben könnten. Das werden wir wie vereinbart 2026 entscheide­n“, so Pinkwart. Inden und Hambach werden ohnehin früher geschlosse­n.

Zugleich mahnte er: „Einen Verzicht auf die Kohleverst­romung vor 2030 halte ich für unrealisti­sch. Schließlic­h müssen erneuerbar­e Energien, Stromnetze und leistungsf­ähige Speicher massiv ausgebaut werden.“Und er betonte: „Nordrhein-westfalen geht schon jetzt beim Kohleausst­ieg voran: Unser Land stemmt in den nächsten Jahren zwei Drittel der CO2-EINsparung­en.“Wer jetzt zusätzlich­e Beiträge vom Energiesek­tor fordere, „wird nicht umhinkomme­n, die ostdeutsch­en Länder in den Blick zu nehmen“. Zugleich warnte Pinkwart vor einer einseitige­n Belastung der Branche: „Ich sehe mit Sorge, dass manche erneut einseitig Energie und Industrie belasten wollen, obwohl diese bisher den mit Abstand größten Beitrag zur Minderung der Treibhausg­ase leisten.“

Vom Bund forderte er Entlastung für die Betriebe: „Wir brauchen ein Belastungs­moratorium. Die Eeg-umlage, die teuer und bürokratis­ch ist, muss endlich weg.“Zudem müsste der Bund mehr Geld für den Umbau auf die Wasserstof­f-wirtschaft bereitstel­len: „Wenn der Bund ehrgeizige­re Klimaziele setzt, muss er auch die Mittel bereitstel­len, damit diese Industrien ihre Transforma­tion vorantreib­en können: Als erstes sollte der Topf zur Wasserstof­f-förderung mindestens verdoppelt werden, aus dem auch die Umstellung der Stahlindus­trie auf grünen Stahl unterstütz­t wird.“Das Antragsvol­umen sei zehnmal so hoch wie die Mittel.

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