Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Ein großer Museumsgestalter Europas
Der Kulturbahnhof Eller zeigt Werke des Theaterarchitekten Hans-dieter Schaal. Dessen dynamische Bildmontagen erinnerten an den Stil der Futuristen.
DÜSSELDDORF Der Architekt, Schriftsteller und Künstler Hans-dieter Schaal (78) ist im Rheinland völlig unbekannt – in Europa gilt er als einer der großen Bühnenbildner, Ausstellungs- und Museumsgestalter. Ausgerechnet im Kulturbahnhof Eller, wo man seit Jahrzehnten auf die Sanierung wartet und mit Minimaletat auskommen muss, präsentiert der Vorstandsvorsitzende Gerolf Schülke diesen Mann mit seinen Entwürfen, die konstruktivistisch wirken, sich aber auf konkrete Inszenierungen beziehen können.
Berühmt wurde dieser zurückgezogen in Biberach lebende Allround-fachmann nicht nur durch seine 20 Bücher, in denen er sich mit „Architektonischen Situationen“in den Städten und auf den Bühnen befasst, sondern auch durch seine Kontakte zur Regisseurin Ruth Berghaus, der Ikone der Theaterwelt, mit der er in den 80er-jahren in Frankfurt, Berlin, Paris, Brüssel, Wien und Zürich als Ausstellungsarchitekt zusammenarbeitete. Nach deren Tod weitete er seinen Aktionsradius nach San Francisco und Moskau aus, aber sein Schwerpunkt liegt in Berlin.
Wie sein Kollege Johannes Schütz, von 2010 bis 2019 Professor für Bühnenbild an der Kunstakademie, pfeift Schaal auf gefällige Attrappen und Dekorationen. Was zählt, ist der Auftrittsort, die Architektur, die Raumsituation. Nichts wirkt geschwätzig. Der berühmte Klassiker „Berlin – Berlin“im MartinGropius-bau machte 1987 Furore, indem Schaal neben der Ausstattung auch die Inszenierung betreute und im Lichthof ein konstruktivistisches Metropolis baute, wo die Wände stürzten und die Fenster tanzten. Diese freien, dynamischen Bildmontagen erinnerten an den Stil der Futuristen.
Die Ausstellung in Düsseldorf enthält zwölf Modelle sowie etwa 100 großformatige Prints von Zeichnungen und Fotocollagen. Damit will er nicht über bestimmte Inszenierungen belehren, sondern eine visuelle Erzählung über das Thema des Theaters geben, in dem Realität und Fiktion verhandelt werden. Seine Motive gliedern Räume. Im Berliner Fernsehmuseum etwa baute er eine Landschaft mit Sitzhockern, die sich vor einem raumhohen, kaleidoskopartig bespielten Display aus zusammengesetzten Screens ducken. Von Schaal stammt auch ein Lehrbuch zur Wirkungsgeschichte des Filmraums, das sich dem hiesigen Filmmuseum empfehlen lässt.
Info Die Ausstellung von Hans-dieter Schaal nennt sich „Realität und Fiktion“, sie zeigt im Kulturbahnhof Eller Collagen, Zeichnungen und Modelle. Vennhauser Allee 89, geöffnet bis 16. Mai, samstags und sonntags von 15–19 Uhr.