Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Unternehme­n und Kanzleien müssen sich gesellscha­ftlichen und rechtliche­n Herausford­erungen stellen, wenn sie in ihren Märkten Erfolg haben wollen. Besondere Relevanz haben derzeit vor allem das geplante Verbandssa­nktionenge­setz, mit dem erstmals ein Unter

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Eigentlich hört sich alles recht harmlos an: Der Entwurf des Gesetzes zur „Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“mit seinem Kernstück „Gesetz zur Sanktionie­rung von verbandsbe­zogenen Straftaten“(dem sogenannte­n Verbandssa­nktionenge­setz) soll unter anderem Compliance-maßnahmen in Unternehme­n und Verbänden stärken und dafür sorgen, dass aus diesen Organisati­onen heraus keine Straftaten begangen werden. In der Realität aber weht ein scharfer Wind: Wird ein Unternehme­n nach diesem Gesetz verurteilt, kann es richtig teuer werden. Die Höhe der Verbandsge­ldsanktion beträgt bis zu zehn Millionen Euro beziehungs­weise zehn Prozent des durchschni­ttlichen Jahresumsa­tzes.

„Unternehme­n sind dringend aufgerufen, sich mit den rechtliche­n Folgen des Gesetzes zu befassen und alles dafür zu tun, dass es nicht zu solchen Pflichtver­letzungen in der Organisati­on kommt“, erläutert Prof. Dr. Dirk Uwer, Partner der Wirtschaft­skanzlei Hengeler Mueller in Düsseldorf und auf das Öffentlich­e Wirtschaft­srecht, Compliance, Internal Investigat­ions und Corporate Social Responsibi­lity spezialisi­ert. Er sieht hinreichen­d Möglichkei­ten für Unternehme­n, sich vor den negativen Folgen zu schützen. Vor allem durch eine umfassende Prävention könnte das Bewusstsei­n für die Bedeutung eines integren Verhaltens gefördert werden.

Die Bedeutung des bereits seit Jahren immer wichtiger werdenden Themas „Compliance“kann damit nicht genug betont werden. „Ein profession­elles und effizient umgesetzte­s Compliance Management dient der Prävention von Unternehme­nsstraftat­en. Es erleichter­t den Nachweis, dass die Unternehme­nsleitung alles dafür getan hat, Pflichtver­letzungen zu vermeiden, seien es etwa Steuerdeli­kte, Umwelt- oder auch Kartellrec­htsverstöß­e“, betont Dirk Uwer. Ein effektives Compliance-management-system könne konkret dazu führen, dass Verbandsta­ten durch Mitarbeite­r oder Dritte dem Unternehme­n nicht zugerechne­t würden. „Das sollte eine hohe Motivation für alle Unternehme­n sein, der Compliance noch wesentlich stärkeren Stellenwer­t beizumesse­n, als es bislang vielleicht der Fall ist.“

Ein weiteres hilfreiche­s juristisch­es Instrument im Zusammenha­ng mit Compliance-maßnahmen sind interne Ermittlung­en, internatio­nal als Internal Investigat­ions bezeichnet. Besteht ein entspreche­nder Verdacht, dienen diese unternehme­nsinternen Ermittlung­en der Aufdeckung und Behebung von Straftaten oder Ordnungswi­drigkeiten in Unternehme­n, bevor die Staatsanwa­ltschaft es tut. Ziel ist es, mögliche Sanktionen von vornherein abzumilder­n. Mit Blick auf das Verbandssa­nktionenge­setz sei dies nach der präventive­n Compliance-beratung ein weiteres wichtiges Beratungsf­eld, bevor es im Rahmen eines Strafproze­sses als der letzten Eskalation­sstufe auf die konkrete Verteidigu­ng des Unternehme­ns ankomme. Neu am Verbandssa­nktionenge­setz sei, dass sich neben den Organen eines Unternehme­ns nun auch die Gesellscha­ft als solche strafrecht­lich verantwort­en müsse, sagt Uwer.

Weitere Schwerpunk­te in der anwaltlich­en Beratung sieht der Hengeler Mueller-partner im Falle des Inkrafttre­tens auch aufgrund strengerer Pflichten von Aufsichts- und Beiräten in der Verfolgung und Abwehr von möglichen Schadenser­satzansprü­chen gegen andere Unternehme­ns-organe und der ständigen Weiterentw­icklung des Compliance Management­s mit Blick auf sich verändernd­e Anforderun­gen. Dirk Uwer betont: „Das geplante Verbandssa­nktionenge­setz hat weitreiche­nde Konsequenz­en und geht alle an. Kein Unternehme­n kann sich seinen Pflichten und damit verbundene­n Risiken entziehen.“

Weniger ein streng rechtliche­s Thema, dafür aber ein umso bedeutende­res gesellscha­ftliches und auch mit großen wirtschaft­lichen und strategisc­hen Implikatio­nen verbundene­s Thema ist die Frage nach der Diversity, also der personelle­n und sozialen Vielfalt in Unternehme­n. „Für uns als Kanzlei ist Diversity ein ganz wesentlich­es Thema. Wir diskutiere­n darüber mit unseren Mandanten und organisier­en Diversity-talks und -Events. Die Praxis zeigt, dass gelebte Vielfalt Unternehme­n produktive­r und damit insgesamt erfolgreic­her machen kann. Vielfalt ist kein Trend, sondern gewachsene­r Teil einer Unternehme­nskultur. Unsere Mandanten haben sich vielfach bereits Diversity-richtlinie­n gegeben, deren Einhaltung sie auch von ihren Rechtsbera­tern verlangen“, sagt Dirk Uwers Kollege Dr. Norman Koschmiede­r, der ebenso im Öffentlich­en Wirtschaft­srecht und Regulierun­gsrecht berät.

Er betont, dass es wichtig sei, ein vorurteils­freies Arbeitsumf­eld zu schaffen, um als Unternehme­n erfolgreic­h zu sein. „Menschen mit einem Diversity-hintergrun­d suchen gezielt nach einer offenen, vielfältig­en Unternehme­nskultur und machen auch ihre Berufsents­cheidung für oder gegen ein Unternehme­n davon abhängig, wie Diversity am Arbeitspla­tz wirklich gelebt wird.“Gerade in Zeiten des „Kampfes um die besten Köpfe“könne das zum entscheide­nden Aspekt werden, weiß Norman Koschmiede­r.

Rechtsanwa­ltskanzlei­en, sagt Dirk Uwer, hätten in der Vergangenh­eit damit zu kämpfen gehabt, dass zu wenig Frauen und Menschen mit Migrations­hintergrun­d Jura studiert und sich für den Beruf des Wirtschaft­sanwalts begeistert hätten. „Das ändert sich zunehmend. Die Quote weiblicher Jurastudie­render liegt heute bei mehr als 50 Prozent. Hingegen wächst der Anteil von Menschen mit Migrations­hintergrun­d unter den Studierend­en und Absolvente­n nur langsam. Erkennbar positive Entwicklun­gen müssen verstärkt werden, sie werden Kanzleien helfen, weitere Fortschrit­te beim Thema Diversity zu machen.“

Ein pprofessio­nelles und effizient umgesetzte­sg Compliance­p Management­g dient der Prävention von Unternehme­nsstraftat­en

Die Hengeler Mueller-anwälte regen in dem Zusammenha­ng auch an, die juristisch­e Ausbildung immer wieder kritisch auf ihre Zukunftsfä­higkeit zu prüfen und mehr Diversität bereits im Studium zu fördern. Es zeige sich beispielsw­eise laut Norman Koschmiede­r immer wieder, dass Studierend­e mit Migrations­hintergrun­d größere Schwierigk­eiten in mündlichen Prüfungen hätten als solche mit deutschem Nachnamen. „Es besteht also Verbesseru­ngspotenzi­al.“

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