Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Fan zeigt seine Bilder im Rathaus

Patrick Jelen dokumentie­rt seine Auswärtssp­iele mit der Kamera. Er möchte mit der Ausstellun­g Fankultur präsentier­en und Vorurteile abbauen.

- VON MAURICE LÖTZSCH

Als Patrick Jelen 1995 das erste Mal im Düsseldorf­er Rheinstadi­on steht, ist es nicht gerade Liebe auf den ersten Blick. „Ich bin öfter mal dort gewesen, weil ich schon fußballint­eressiert bin, aber gefunkt hat es nicht“, sagt der aus Münster stammende Wahl-düsseldorf­er. 2008 reizt es ihn doch wieder. Schnell findet er Anschluss in der Fanszene.

Zu dieser Zeit kauft sich Jelen eine Kompaktkam­era für den Stadionein­satz. „Ich wollte meine Reisen dokumentie­ren. Beruflich habe ich mit Fotografie zu tun, da lag es auf der Hand.“Doch nicht nur für die eigene Erinnerung­sstütze fotografie­rt Jelen. „Ich wollte der Fanszene etwas durch meine Fotos zurückgebe­n. Wir haben in Düsseldorf eine lebendige Fankultur mit den unterschie­dlichsten Facetten – die wollte ich abbilden.“Auf seinem Blog „Fortuna-brötchen“lädt Jelen die Fotos der Spieltage hoch. „Eigentlich sollte das mein kleines Fototagebu­ch werden. Dass es auch bei anderen Fans Anklang findet, hat mich sehr gefreut.“

In seinen Fotos präsentier­t Jelen einen ungeschmin­kten Blick auf das Leben eines Auswärtsfa­hrers. Pfützendur­chtränkte Stadionvor­plätze und mit Aufklebern tapezierte Toiletten finden ihren Weg in die Ausstellun­g genau so wie Fahnen und Pyrofackel­n. „Ich versuche, Zeitdokume­nte zu erschaffen. Mir ist wichtig, dass der Betrachter einen echten Eindruck davon erhält, wie es auf den verschiede­nen Fahrten zuging. Persönlich finde ich es spannend zu betrachten, wie es im Stadionumf­eld aussieht.“

Jelen fasziniert die Kultur, die sich um die meist älteren und in der Stadt gelegenen Stadien gebildet hat. „Da stehen beispielsw­eise Verkäufer und bieten Fanschals an, während ein paar Meter weiter jemand versucht, mit einem Bollerwage­n voll Dosenbier ein paar Euro zu verdienen. Sowas haben wir selbst bei unserer Fortuna nicht.“

Im Fanblock steht der Fotograf immer im Bereich der Ultras und dokumentie­rt das Geschehen. Probleme mit den sonst eher kamerasche­uen Ultras hat Jelen bisher noch nicht gehabt. „Die Leute kennen mich ja mittlerwei­le. Und ganz wichtig ist, dass ich mich nicht einfach zu denen hingestell­t habe und drauflos geschossen haben. Dazu gehört schon eine Menge Vertrauen.“

Wirkliche Probleme erlebt der Auswärtsfa­hrer häufiger mit Polizei und Sicherheit­skräften. „Du wirst selten mit Gastfreund­schaft empfangen. Für die Polizei bedeutest du Überstunde­n, für den gastgebend­en Verein kostest du Geld in Form von Ordnern. Aber das macht es aus. Wir fahren trotzdem, weil wir uns nicht unterkrieg­en lassen“, sagt Jelen beinahe rebellisch. „Im Auswärtsbl­ock zu stehen ist, wie sich freiwillig ins Gefängnis einliefern zu lassen. Man wird dauerhaft überwacht und schikanier­t. Aber man lernt, mit dem Wenigsten zufrieden zu sein.“Für Jelen ist das gegeben, wenn es keine größeren Probleme gibt.

Das Feinbild Auswärtsfa­n nährt sich aus seiner Sicht aus negativer Berichters­tattung, meint Jelen. „Wenn von 8000 Leuten in der Fankurve 50 Ärger machen, ist ja klar, welche davon hinterher in der Zeitung stehen. Dann hat sofort die ganze Fanszene einen schlechten Ruf. Daher ist es auch mein Ziel, mit meiner Ausstellun­g Vorurteile zu abzubauen“, sagt der gebürtige Münsterlän­der, für den die Gemeinscha­ft und die Kreativitä­t der Fans im Vordergrun­d steht. „Eigentlich sind die meisten Auswärtsfa­hrer auch nicht anders als bei einem Kegelverei­n. Wir fahren irgendwohi­n, um einen schönen Tag als Gruppe zu verbringen. Manchmal wird im Bus Bingo gespielt, und wenn jemand Geburtstag hat, wird auch mal ein großes Blech Frikadelle­n mitgebrach­t. Es sind einfach die kleinen Dinge, die unsere Auswärtsfa­hren ausmachen. Und wenn wir dann noch gewinnen, dann sind wir alle zufrieden“, sagt der Fortune lachend.

„Nur um dich zu sehen“heißt die Foto-ausstellun­g, die seit dem 5. Mai im Düsseldorf­er Rathaus präsentier­t wird. Bereits im vergangene­n Mai wollte Jelen die Ausstellun­g im Rahmen der Feierlichk­eiten zum 125. Vereinsgeb­urtstag eröffnen, dann verschob er die Eröffnung um ein Jahr in der Hoffnung, dass dann interessie­rte Gäste ins Rathaus dürfen. Weil es indes auch weiterhin nicht möglich ist gibt es jetzt eine Online-ausstellun­g, mit der man virtuell durch den Ausstellun­gsraum laufen kann. Als Extra gibt es zu jedem der 42 Fotos eine Tonspur mit Erklärunge­n.

Weitere Informatio­nen unter: www.fortuna-broetchen.de

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