Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Schottland geht mit England auf Konfrontationskurs
Die Scottish National Party von Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon verfehlt bei den Wahlen zum schottischen Regionalparlament die absolute Mehrheit nur knapp. Mit ihrem Sieg ist klar: Der Streit um die Unabhängigkeit geht weiter. Ein neues Referendum ist
son dann einen Brief an Sturgeon und an ihren Amtskollegen in Wales, Mark Drakeford, in dem er sie aufforderte, zum Wohl der Gesamtnation zusammenzuarbeiten. Die „breiten Schultern“des Vereinigten Königreichs hätten durch die riesigen Finanzspritzen während der Corona-krise Arbeitsplätze in Schottland und Wales erhalten. Der Erfolg der Impfkampagne sei ein gemeinsamer nationaler Triumph gewesen. „Das ist Team Vereinigtes Königreich in Aktion“, schrieb er und lud Sturgeon und Drakeford zu einem „Corona-wiederaufbau-gipfel“ein.
Zumindest kurzfristig wird die
Pandemie und deren Folgen der britischen Zentralregierung eine Atempause im Unabhängigkeitsstreit mit Schottland geben. Mag Sturgeon doch, so denkt man in London, darauf pochen, dass sie ein demokratisches Mandat für Indyref2 habe. An der Antwort aus London ändert das nichts: Jetzt ist nicht die Zeit dafür.
Freilich kommt das in gewisser Weise auch Sturgeon zu pass. Denn auch viele austrittswillige Schotten denken, dass erst einmal die wirtschaftliche Erholung des Landes Priorität haben sollte. Zudem zeigen aktuelle Umfragen, dass sich zurzeit keine Mehrheit der Schotten für die
Unabhängigkeit finden lässt. Sturgeon denkt, dass die Zeit langfristig auf ihrer Seite ist. Zwei Drittel der Schotten unter 40 Jahre sprechen sich für die Unabhängigkeit aus.
Das politische Naturell der schottischen Regierungschefin scheut das Risiko, und daher wird sie auf eine breitere Mehrheit warten wollen. Sturgeon geht darüber hinaus davon aus, dass sich die negativen Auswirkungen des Brexit auf die britische Volkswirtschaft bald offenbaren werden und damit ihr Angebot eines nationalen Alleingangs mit baldigem Eu-wiedereintritt unwiderstehlich machen. (mit rtr)