Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Corona-randale auf Mallorca

Während sich Menschen auf der Insel gegen die Regeln auflehnen, steigt in Madrid eine große Fiesta.

- VON RALPH SCHULZE

PALMA/MADRID Die Corona-beschränku­ngen auf der Ferieninse­l Mallorca sorgen zunehmend für soziale Spannungen. In der Nacht zum Sonntag lieferten sich Jugendlich­e in der City der Inselhaupt­stadt Palma eine Straßensch­lacht mit der Polizei. Auf beiden Seiten gab es mehrere Verletzte. Die Beamten nahmen 16 Demonstran­ten fest. Anlass der gewaltsame­n Proteste war die nächtliche Ausgangssp­erre, die auf Mallorca und den balearisch­en Nachbarins­eln schon seit Monaten von 23 bis 6 Uhr morgens gilt und noch wenigstens bis Ende Mai in Kraft bleiben soll.

„Freiheit, Freiheit“, riefen mehrere Hunderte junge Menschen, die nach Beginn der Ausgehsper­re durch Palma zogen. Als Flaschen und Steine gegen die Sicherheit­skräfte flogen und urbanes Mobiliar zerstört wurde, griffen die Beamten ein. Erst nach einer Stunde konnte die Polizei die Lage unter Kontrolle bringen. Für besonderen Frust sorgte in Palma, dass an diesem Wochenende zwar in ganz Spanien nach sechs Monaten der nationale Ausnahmezu­stand endete, aber die Ausgehsper­re auf Mallorca trotzdem bestehen bleibt. Die Regionalre­gierung der Balearisch­en Inseln beschloss auf eigenen Faust, die nächtliche Ausgangsbe­schränkung zu verlängern.

Viele Gastwirte Mallorcas, denen das Wasser bis zum Hals steht, haben für die fortbesteh­enden Restriktio­nen allerdings kein Verständni­s mehr. Zudem beklagen sie, dass sie weiterhin nicht in ihren Innenräume­n die Tische decken und auch an der Theke nichts servieren dürfen. „Die Inselregie­rung strangulie­rt uns“, protestier­en die Kneipiers. Sie drohen mit Ungehorsam und wollen vor Gericht ziehen.

Immerhin machte die Inselregie­rung auch ein paar Zugeständn­isse: Denn die Öffnungsze­iten der Außenterra­ssen der Gastronomi­e wurden verlängert. Ab dieser Woche ist auf der Insel ein abendliche­s Ausgehen wieder möglich: Die Außentisch­e der Bierschenk­en, Weinlokale und Restaurant­s auf Promenaden sowie Straßen dürfen nun sieben Tage die Woche bis 22.30 Uhr öffnen. Nur die Partytempe­l im Ballermann-vergnügung­sviertel an der Playa de Palma bleiben noch zu.

Die Einreise ausländisc­her Urlauber ist übrigens auf Mallorca wie in ganz Spanien wieder durchweg erlaubt. Und die schon länger bestehende Testpflich­t scheint ausländisc­he Touristen nicht abzuschrec­ken. Die Zahl der Feriengäst­e steigt wieder: Allein im März kamen laut mallorquin­ischem Statistiki­nstitut 62.000 internatio­nale Urlauber auf die Insel – rund 43.000, also weitaus die meisten, waren Deutsche. Auch in ganz Spanien geht es wieder mit dem Tourismus bergauf. Im März wurden nahezu 500.000 ausländisc­he Besucher gezählt – darunter waren als stärkste Gruppen jeweils rund 100.000 Franzosen und ebenso viele Deutsche.

Inzwischen ist die Infektions­welle dieses Frühjahrs, die auch Spanien heftig erwischte, spürbar zurückgega­ngen. Die landesweit­e Sieben-tage-inzidenz lag zuletzt bei 84 Fällen pro 100.000 Einwohner. Die Balearen mit Mallorca stehen mit einer wöchentlic­hen Fallhäufig­keit von 26 sogar noch sehr viel besser da. Auch die Kanarische­n Inseln (44) und die beliebten Mittelmeer­regionen Valencia (16) und Murcia (29) gelten inzwischen wieder als vergleichs­weise sichere Reiseziele.

Übrigens: Während es auf Mallorca am Wochenende wegen der fortdauern­den nächtliche­n Ausgangssp­erre Randale gab, feierten in der spanischen Hauptstadt Madrid und in anderen Orten Tausende Menschen das Ende der dortigen Ausgehbesc­hränkungen. Madrid ist in den vergangene­n Monaten wegen seiner äußerst laxen Corona-regeln zur Partymetro­pole Europas geworden. „Wir sind frei“, sangen junge Menschen, die sich in der Nacht zum Sonntag in Madrids City versammelt­en.

Allerdings weckten die Bilder von großen Gruppen, die ohne Sicherheit­sabstand und Maske auf Straßen tanzten, auch Befürchtun­gen, dass mit dem Auslaufen des nationalen Ausnahmere­chts die Infektions­kurve wieder ansteigen könnte. Spaniens Regierung mahnte: „Wir müssen vorsichtig bleiben.“

„Die Inselregie­rung strangulie­rt uns“Kneipiers auf Mallorca

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