Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

SPD fordert Prüfung von Vereinsver­bot wegen Antisemiti­smus

Bundesweit verurteile­n Politiker die judenfeind­lichen Demonstrat­ionen. In Düsseldorf kommt der Innenaussc­huss zu einer Sondersitz­ung zusammen.

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DÜSSELDORF (jd/kib/maxi) Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat die antisemiti­schen Übergriffe und Proteste vor mehreren Synagogen im Land scharf kritisiert. Zwar respektier­e die Bundesregi­erung das Demonstrat­ionsrecht, ließ Merkel über Regierungs­sprecher Steffen Seibert erklären: „Wer solche Proteste aber nutzt, um seinen Judenhass herauszusc­hreien, der missbrauch­t sein Demonstrat­ionsrecht.“Antisemiti­sche Proteste werde „unsere Demokratie nicht dulden“.

Jüdische und muslimisch­e Religionsv­ertreter verurteilt­en die Gewalt gleicherma­ßen. Der Präsident des Zentralrat­s der Juden in Deutschlan­d, Josef Schuster, sagte: „Wir erwarten, dass die Bürger sich gegen diesen Antisemiti­smus stellen, und zwar lautstark und öffentlich.“Auch der Zentralrat der Muslime in Deutschlan­d kritisiert­e die Übergriffe. „Ich verurteile entschiede­n solch widerliche Szenen“, sagte der Vorsitzend­e Aiman Mazyek unserer Redaktion. „Wer Rassismus beklagt, selbst aber solch antisemiti­schen Hass verbreitet, hat alles verwirkt. Wer angeblich Israelkrit­ik üben will, dann aber Synagogen und Juden angreift, greift uns alle an und wird meinen Widerstand bekommen“, so Mazyek.

Die Integratio­nsstaatsmi­nisterin Annette Widmann-mauz (CDU) forderte mehr Prävention etwa an den Schulen. „Wir brauchen eine konsequent­e Werte- und Geschichts­vermittlun­g für alle und von Anfang an – in der Schule, in der politische­n Bildung, im Sportverei­n –, um antisemiti­scher Hetze den Nährboden zu entziehen.“Der für Innenpolit­ik zuständige stellvertr­etende Spd-fraktionsv­orsitzende Dirk Wiese forderte zudem ein härteres Vorgehen gegen Vereine, die antisemiti­sche Proteste unterstütz­en. „Das Schließen der Lücke im Strafrecht auf Vorschlag von Christine Lambrecht zwischen Beleidigun­g und Volksverhe­tzung ist jetzt umzusetzen“, sagte er. „Vereinsver­bote im Zusammenha­ng mit den Angriffen sind sorgsam zu prüfen und bei entspreche­nder Indizienla­ge zu vollziehen“, erklärte Wiese.

Die jüngsten antisemiti­schen Proteste und öffentlich­e Verbrennun­gen von Israel-flaggen beschäftig­en auch die Landespoli­tik. In einer Sondersitz­ung des Innenaussc­husses dürfte auch das späte Einschreit­en der Gelsenkirc­hener Polizei bei den Protesten eine Rolle spielen. Die Polizei erklärte, es seien zunächst nicht genug Beamte vor Ort gewesen, um gleichzeit­ig Tatverdäch­tige aus der Menge zu ziehen. Innenminis­ter Herbert

Reul (CDU) nahm die Beamten in Schutz: „Das ist unerträgli­ch, was da passiert ist, aber die Polizei hatte keine andere Möglichkei­t.“Hauptziel sei gewesen, die Synagoge zu schützen. Es gebe aber genug Beweismitt­el. Als erster Verdächtig­er wurde ein der Polizei bereits bekannter 26-jähriger Deutsch-libanese identifizi­ert. Insgesamt seien die antisemiti­schen Ausschreit­ungen einem gemischten Täterspekt­rum aus dem arabischen Raum zuzuschrei­ben, nicht nur palästinen­sischen Gruppen.

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