Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Die Bandidos sind nicht weg
Nach dem Verbot der Rockergruppe könnte es auch in Nordrhein-westfalen zu Revierkämpfen kommen. Die Polizei beobachtet die Entwicklung. Wie sich die Pandemie auf die Szene auswirkt – und welche Rolle Frauen spielen.
DÜSSELDORF Nur noch die rot-gelbe Fassadenfront erinnert an der Charlottenstraße 84 im Duisburger Rotlichtviertel an die Bandidos. Kein Schriftzug, kein Symbol, nicht einmal ein kleines Erkennungszeichen wie ein Aufkleber oder ein Graffito ist am ehemaligen Standort der Rockergruppierung, dem „Fat Mexican“, geblieben. Die Polizei hatte vor rund einem Monat alle Zeichen der Bandidos an deren ehemaligem Vereinsheim entfernt, nachdem die Rockergruppe „Bandidos MC Federation West Central“durch das Bundesinnenministerium verboten worden war. Die Rocker mit ihren Bandidos-kutten sind zwar auf den Straßen nicht mehr zu sehen – weg sind sie aber nicht. Fünf aktuelle Erkenntnisse des Landeskriminalamts (LKA) über die Szene in Nordrhein-westfalen.
Nach dem Verbot Bei dem Verbot der „Federation West Central“handelt es sich laut dem LKA um das bisher umfassendste Verbot einer Rockergruppierung in Deutschland mit großer Tragweite für die Szene der sogenannten „Outlaw Motorcycle Gang“(OMCG), der „gesetzlosen Motorradbande“. Die Auswirkungen auf die Szene insgesamt seien zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abzuschätzen. „Das Verbot bedeutet nicht, dass die Bandidos nicht mehr da sind. Man sieht sie nur nicht mehr“, erklärt Erich Rettinghaus, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Für die Polizei bedeutet die Situation viel Arbeit, weil jetzt ermittelt werden muss, wie sich die Rocker verhalten, ob sie neue Vereine gründen oder sich einige von ihnen anderen Gruppierungen anschließen. Zudem könnten andere Gruppierungen versuchen, in das entstandene Machtvakuum zu stoßen, darunter auch kriminelle arabische Familienclans. Revierkämpfe sind nicht auszuschließen“, sagt Rettinghaus.
Auswirkungen der Pandemie Die Corona-pandemie hat sich laut dem LKA stark auf die nach außen sichtbaren Aktivitäten in der Rockerszene ausgewirkt. „Seit Inkrafttreten der Corona-schutzverordnung wurden sowohl interne als auch öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen durchgängig von den Gruppierungen abgesagt“, sagt ein Lka-sprecher. Es habe lediglich wenige Ausnahmen gegeben – wie beispielsweise Beerdigungen, Trauerfeiern und Gedenkveranstaltungen mit Vereinsbezug, bei denen jedoch die jeweiligen gültigen Auflagen ( Teilnehmerbeschränkung, Maskenpflicht) eingehalten worden seien. Zudem stellte die Polizei vereinzelt Motorrad-ausfahrten fest.
Frauen in der Rocker-szene Außerhalb der „OMCG“, der nicht kriminellen Szene der Rocker-clubs, gibt es vereinzelt auch Clubs mit weiblichen Angehörigen oder auch reine Frauen-clubs. In den „OMCG“gibt es hingegen keine weiblichen Mitglieder und keine organisatorische Einbindung von Frauen. Bei den Angehörigen der „OMCG“handelt es sich laut Landeskriminalamt ausschließlich um Männer. Die Szene sei weiterhin überwiegend von einem altmodischen Frauenbild und eher patriarchalisch geprägt, so das Amt.
Diese Rocker-gruppierungen wurden in NRW schon verboten Bei dem aktuellen Verbot der „Federation West Central“handelt es sich um ein länderübergreifendes Verbot, ausgesprochen durch das Bundesinnenministerium. Durch das Landesinnenministerium sind bisher folgende Vereine verboten worden: Hells Angels MC (Charter „Düsseldorf“), Hells Angels MC (Charter „Cologne“), Hells Angels MC (Charter „Concrete City“), Bandidos MC (Chapter „Aachen“), Bandidos MC (Chapter „Hohenlimburg/witten“). Gleichzeitig wurden teilweise entsprechende Supporterclubs (also Unterstützer) verboten. Darüber hinaus wurden durch länderübergreifende Verbote durch das Bundesinnenministerium weitere Rockergruppierungen verboten, die auch Nordrhein-westfalen betrafen, wie zum Beispiel Satudarah MC in Duisburg.
Zahl der Rocker in NRW Das LKA führt in seinem Lagebild vor dem Verbot der Bandidos 1840 Rocker (OMCG) in NRW auf. Die Bandidos sind demnach mit 740 Mitgliedern und den mittlerweile 28 verbotenen Chaptern am stärksten vertreten in NRW. Es folgen Freeway Rider's MC (30 Chapter, etwa 430 Mitglieder), Gremium MC (sieben Chapter, etwa 270 Mitglieder), Hells Angels MC (20 Charter, etwa 270 Mitglieder), Outlaws MC (drei Chapter, etwa 60 Mitglieder) und Brothers MC (fünf Chapter, etwa 70 Mitglieder).