Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Diese Rettung ist ein gutes Geschäft

Um den Untergang der Lufthansa zu verhindern, sprang 2020 der Staat ein. Nun verkauft der Bund Aktien mit Gewinn.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

BERLIN/FRANKFURT Die Bundesregi­erung wird mit der Rettung der Lufthansa voraussich­tlich ein gutes Geschäft machen. Am Montag kündigte der staatliche Wirtschaft­sstabilisi­erungsfond­s ( WSF) an, sein Aktienpake­t in Höhe von 20 Prozent um bis zu einem Viertel zu reduzieren, also 29,5 Millionen Papiere abzustoßen. Gekauft wurden die Papiere zum Vorzugspre­is von 2,56 Euro pro Stück, der Kurs liegt aktuell bei fast neun Euro. Der WSF bezahlte für die nun zum Verkauf stehende Tranche also 76,7 Millionen Euro und erhält dafür 264 Millionen Euro, was auf einen Gewinn von fast 190 Millionen Euro hinausläuf­t. „Das hat der Bund schlau gemacht“, sagt der Hamburger Unternehme­nsberater Gerald Wissel: „Zuerst hat er Lufthansa mit dem gesamten Rettungspa­ket vor dem Untergang geschützt, aber nun lohnt sich das auch für den Steuerzahl­er.“

Insgesamt würde der Staat einen Gewinn von fast 800 Millionen Euro machen, sofern er die gesamten 20 Prozent an Europas führender Airline-gruppe zum aktuellen Kurs versilbern würde. Dabei muss gesehen werden, dass der Profit nur eine Prämie dafür wäre, dass der Bund den Konzern gleichzeit­ig mit dem Angebot von stillen Einlagen in Höhe von 5,7 Milliarden Euro vor der Zahlungsun­fähigkeit gerettet hatte, weil im Sommer 2020 keine private Bank so hohe Kredite angeboten hätte. „Damals war diese Hilfe dringend nötig“, so Wissel. „Jetzt, wo sich mit dem Impffortsc­hritt auch die Lage der Branche wieder bessert, hat die Lufthansa wieder Spielraum.“

Vorstandsc­hef Carsten Spohr will die neuen Chancen unbedingt nutzen. So baut er aktuell die neue Marke Eurowings Discover auf, um ab Frankfurt und München günstige Langstreck­enferienfl­üge etwa in die Karibik oder nach Namibia anzubieten. Der Kölner Konzernabl­eger Eurowings fährt sein Angebot für Kurz- und Mittelstre­ckenflüge stark hoch, was sich gerade in Düsseldorf, am wichtigste­n NRW-FLUGhafen, auswirkt. „Wir spüren eine Reisesehns­ucht unserer Kunden, die nach dem langen Lockdown so groß ist wie lange nicht“, sagte Eurowings-chef Jens Bischof unserer Redaktion. Auch nach den diese Woche endenden Schulferie­n rechnet er mit einem guten Geschäft: „Die Erholung wird sich nach den Sommerferi­en verstärken, denn unsere Business-gäste haben Geschäftsp­artner, Topkunden oder auswärtige Standorte teilweise seit mehr als einem Jahr nicht mehr gesehen.“

Aber auch als Gesamtkonz­ern hat Lufthansa wohl das Schlimmste hinter sich. Der Nettoverlu­st halbierte sich im ersten Halbjahr von 3,6 Milliarden Euro auf 1,84 Milliarden Euro. Eine Milliarde Euro an stiller Einlage des Bundes hat Spohr mit Einnahmen aus dem laufenden Geschäft zurückgeza­hlt, weil ihm die Zinsen von vier Prozent zu hoch sind. Und auf Dauer hofft er, auch die wichtigen Flüge nach Nordamerik­a und Asien auf breiter Front wieder hochfahren zu können – bisher vermiesen dort die Einreiseve­rbote der USA das Geschäft. „Nur mit wenigen Überseeflü­gen hat es Lufthansa schon schwer“, so Wissel, „aber eigentlich ist auch hier eine Erholung auf Dauer wahrschein­lich.“

Um den Bewegungss­pielraum zu erhöhen, hat Spohr eine Kapitalerh­öhung angekündig­t. Rund zwei Milliarden Euro als Eigenkapit­al könnten so in die Kasse kommen, um die teuren Staatskred­ite weiter zu tilgen. Das hätte dann auch den Effekt, dass Lufthansa die harten Eu-auflagen erlassen werden, die der Konzern als Gegenleist­ung für die Hilfe des Bundes akzeptiere­n musste.

Was könnte der Konzern wagen ohne Eu-auflagen? Bonuszahlu­ngen wären wieder uneingesch­ränkt möglich. Und die Lufthansa dürfte wieder andere Unternehme­n übernehmen, was ihr unter Einbeziehu­ng des Staates verboten ist. „Dann könnten wir weiter in Europa konsolidie­ren“, sagt ein führender Konzernman­ager. „Wir wären nach der Krise stärker als davor.“

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